Sonntag, 28. März 2010

663 "Die Fans von Manchester United proben den Aufstand. Sie wollen den amerikanischen Eigentümer loswerden. Und ein Zeichen setzen für die Macht der Basis." So im Subtitel der Überschrift "Grün-goldene Fußballrevolution" in der heutigen Ausgabe der FAS. Hier abschließend eine Gegenüberstellung der beiden Champions-League-Gegner FC Bayern München und eben ManU.

Obwohl mein Interesse an Fußball sich sehr in Grenzen hält, widme ich ihm hin und wieder doch einmal einige Überlegungen. So beispielsweise in dem Eintrag 456. An dieser Stelle soll der Inhalt des halbseitigen Artikels - die andere Hälfte nimmt eine Aufnahme des mit energischer Miene in die Luft springenden Wayne Rooney ein - referiert werden, und zwar in seinen Kernpunkten.

Gegen Ende des Artikels heißt es: "Die Zurückeroberung eines Fußballklubs durch Fans trifft den Nerv der Zeit. Während Spekulation und Phantasie von Investoren die Premier League zur stärksten Fußballliga der Welt gemacht haben, verweigern sich immer mehr Anhänger dem allzu extremen Fußballkapitalismus. Vereine haben sich hoch verschuldet, gehen pleite, wechseln andauernd die Besitzer und stellen für einen Teil der Basis keine echte Heimat mehr dar." Am Beispiel des fünftklassigen Vereins Ebbsfleet United wird dann aufgezeigt, dass diese Protestbewegung die modernen Kommunikationsmittel für ihre Zwecke zu nutzen weiß: In einer beispielhaften Internetaktion sei der fragliche Verein von 50 000 Fans vor zwei Jahren aufgekauft worden, die somit alleinige Entscheider über sein weiteres Schicksal geworden seien.

Auch Manchester United verfügt über eine Fanorganisation - abgekürtzt MUST: Manchester United Supporters Trust. In der noch zu der Einleitung gehörenden Passage heißt es in dem Pressebericht: "Und die Lage spitzt sich zu. Es wird gerungen um die Zukunft eines der erfolgreichsten und teuersten Fußbalklubs der Welt. Seit Manchester United vor fünf Jahren ganz und gar von der amerikanischen Unternehmerfamilie Glazer aufgekauft wurde, formiert sich unter der Anhängerschaft eine Bewegung gegen die Investoren aus Übersee. Dass die Glazers von Beginn an ihre Renditeziele in den Vordergrund gestellt haben und den mehr als hundert Jahre alten Verein kühl kalkulierend ausschließlich als Geldmaschine sehen, sorgt für eine neue Qualität des Widerstands. Das Ziel ist klar: Die ungeliebten Eigentümer sollen mit dem Druck von der Straße und von den Tribünen vertrieben werden. Aber noch viel mehr: Diese Protestbewegung stellt sich gegen den Turbokapitalismus im englischen Fußball und will stimulierend auf Veränderungen einwirken [hinwirken wäre treffender]."

Das Procedere der Unternehmerfamilie beim Erwerb der Aktien des Vereins hält sich ganz an das, was mittlerweile bei Übernahmen Usus geworden ist: Die Glazers, denen in den USA noch der Footballklub Tampa Bay Buccaneers gehört, haben United im Jahre 2005 mit Bankdarlehen erworben, mit welchen unmittelbar belastet nur der Verein wurde. So, dass der einst reichste Klub der Welt jetzt Mühe hat, die so entstandenen Verbindlichkeiten in Höhe von 800 Millionen Euro abzubauen. So habe er sich unter anderem gezwungen gesehen, eine Anleihe herauszugeben - über die dann frische Mittel in Höhe von 555 Millionen Euro beschafft werden konnten.

Im Zuge ihrer Geldbeschaffungspolitik durch den Verein legt die genannte Unternehmerfamilie - wie ja auch die ganze verkommene Sippschaft um sie herum - das Hauptaugenmerk auf die Senkung der Kosten. So wurde der für sie teure, aber bei den Fans äußerst beliebte Stürmerstar Cristiano Ronaldo für die Rekordsumme von 93 Millionen Euro nach Madrid verkauft; abzusehen ist, dass ihm sogar Torjäger Wayne Rooney noch folgen wird. Der bei MUST sehr rührige Fanfunktionär Sean Bones rechnet vor, dass von jedem Pfund Gewinn 75 Pence an die Glazers gehen. Sein Kommentar: "Der Klub soll ausgesaugt werden. Die Fans sind am Ende die Dummen. Das machen wir nicht mit."

Gleich darauf heißt es in dem Text: "Alles zusammen stachelt die aufgebrachten Anhänger nur noch mehr an. Der Protest wird kämpferischer, die Gesänge gegen die Besitzer höhnischer, die Plakatsprüche provokativer. Sogar von Boykott war schon die Rede. Das Theatre of Dreams, wie das Stadion von Manchester United heißt, ist für die Glazers und das Management inzwischen mehr ein Ort für Albträume. Am meisten trifft den Klub der optische Auftritt des Widerstands, der ganz gezielt Merchandising und Corporate Identity des Vereins schwächen soll. Demonstrativ tragen viele Anhänger nicht mehr Rot-Schwarz, sondern grün-goldene Schals oder Trikots. Es sind die Farben des Eisenbahnerklubs, des alten Vorgängervereins von United."

Wie im Falle von Ebbsfleet United kommt auch bei der Anhängerschaft von ManU das Internet ins Spiel: "Die straff organisierte Fanorganisation Must ist in wenigen Wochen sprunghaft gewachsen, aus 30 000 Mitgliedern sind 150 000 geworden. Die Web-Gurus der Internetagentur Blue State Digital, die im Obama-Wahlkampf die Massen für den amerikanischen Präsidenten mobilisierten, helfen, die Kampagne in die ganze Welt hinauszutragen. 330 Millionen Fans soll United rund um den Globus haben."Der Fanfunktionär Bones resümiert: " 'Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten, wie damals, als die Berliner Mauer fiel'."

An zentraler Stelle des Berichtes kommt eine auch so zustandegekommene Entwicklung zur Sprache, die zentrale Bedeutung für den weiteren Fortgang der Dinge haben dürfte: "Was den Kampf ders Fußvolks ausgesprochen interessant macht, ist die enge Verbindung zu einigen der reichsten Briten. Ein exklusiver Kreis wohlhabender United-Anhänger hat sich zu den Red Knights (Rote Ritter) zusammengeschlossen, welche mit der Fanbasis von Must den Glazers eine Offerte zum Kauf von United unterbreiten wollen. An der Spitze der Roten Ritter stehen Börsenmakler, Hedge-Fonds-Manager, Agenturbosse oder Banker wie der Chefvolkswirt von Goldman Sachs, Jim O'Neill, der aus Manchester stammt. Von rund 1,5 Milliarden Euro ist die Rede, die vom Arbeiter wie vom Superreichen nun bald für die spektakuläre Transaktion aufgebracht werden sollen."
Die Reaktion des Managements, welches, wie nebenstehender Zeitungsartikel vom Folgetag belegt, alle Register zieht, um nur ja der Heuschreckenfamilie Glazer genug zum Fressen anbieten zu können, dessen Reaktion also auf all die von der Fanorganisation entwickelten Aktivitäten wird als äußerst nervös und auch unüberlegt dargestellt. Viel mehr Möglichkeiten, als die Protestbewegung "als Utopie einiger Fußballromantiker" abzutun, hat es offensichtlich nicht.
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