Mittwoch, 5. September 2012

1862 Die Situation der Wohnungslosen in diesem unserem StaatsUNwesen - dargestellt in ASPHALT anhand von Zahlen & in einem Interview mit einem Kenner


..... der Materie. dem Leiter des in Hannover angesiedelten Werkheims - der vor Bethel und der Diakonie Kästorf größten Einrichtung der stationären Wohnungslosenhilfe in Niedersachsen. Auf der Seite 2 des vorstehend gekürzt gebrachten Interviews umreißt Jörg Matthei das von ihm bearbeitete Aufgabenfeld wie folgt, dabei Obdachlosen- und Wohnungslosenhilfe voneinander abgrenzend: "Obdachlosenhilfe heißt: Jedem Menschen, egal welcher Nation oder Herkunft, muss die Kommune kurzfristig einen Platz anbieten, damit er nicht erfriert oder verhungert. Eine weitergehende Hilfe ist damit aber nicht unbedingt verbunden. Wohnungslosenhilfe ist dagegen ein gesetzliches Anrecht für die Bürgerinnen und Bürger mit deutscher Staatsangehörigkeit, sie muss Perspektiven für das weitere Leben, für die Reintegration bieten."

Auf die Frage "Sie sind kein Freund von Hartz IV?" stellt Matthei am Beginn des Interviewauszugs zunächst allgemein fest, dass es zuvor mit dem Bundessozialhilfegesetz das beste Sozialsystem der Welt gegeben habe. Welches durch den Mann, der "immerhin ein Straftäter" war resp. ist, dahingehend verändert wurde, "bürokratisch völlig auszuarten". Daran anschließend macht der Interviewte diese Tendenz an Zahlen deutlich: "Noch vor zehn oder zwölf Jahren umfassten die Unterlagen ungefähr vier Seiten, heute sind es mehr als 30 Seiten, davon allein 16 für den Grundsicherungsantrag." Die mit dem bürokratischen Aufwand für die Bedürftigen verquickte Folge: "Das komplizierte Verfahren machte vielen Betroffenen Angst, die körperlich und psychisch völlig fertig zu uns kamen, und sie gingen wieder weg ohne Hilfe. Das kann nicht der Sinn eines Sozialsystems sein!"

Matthei belässt es aber nicht bei der Attacke auf die zuständigen Ämter, die immer und immer wieder mit ihren Stellungnahmen einen Widerstand herausfordern, der sich zumeist als Kampf gegen Windmühlenflügel ausnimmt, sondern er kommt auch auf ein Beispiel von positiverer Einstellung gegenüber den bedürftigen Antragstellern zu sprechen. Gemeint ist damit das hannoversche JobCenter, in welchem man sich darauf eingelassen hat, das im Rahmen der BAG Wohnungslosenhilfe tätig werdende Werkheim als ersten und wichtigsten Ansprechpartner für die Wohungslosen zu akzeptieren: "Wir hier in Hannover sind die ersten und meines Wissens immer noch die einzigen bundesweit, die solche Vereinbarungen geschlossen haben. Für das JobCenter Hannover möchte ich deshalb ausdrücklich eine Lanze brechen."

Die "Zahlen zur akuten Armut" sehen aus wie folgt: Im Jahr 2010 gab es insgesamt 354.000 Wohnungsnotfälle. Im selben Jahr lebten 22.000 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße - eine Steigerung um 10 Prozent gegenüber dem Jahr 2008. Noch wichtiger als diese Zahlen aber ist die Analyse der Situation der Wohnungslosen, bei der die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe zu völlig anderen Ergebnissen als die Politik gelangt: "Die Regierung vertrete die nicht haltbare Meinung, dass Wohnungslosigkeit heute nicht mehr in erster Linie auf einem Fehlbestand an Wohnungen, sondern in der Regel auf einer Reihe anderer sozialer bzw. psychosozialer Ursachen beruhe. Die BAG Wohnungslosenhilfe betont dagegen, die schnell steigenden Preise für Mietwohnungen bei zunehmender Armut seien eindeutig Ursache der wieder deutlich höheren Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot: 'Bis zum Jahr 2017 werden in Deutschland über 800.000 Mietwohnungen ... fehlen."
Wie so oft in diesem Kommentarbuch gerügt, versteht sich die Regierung allein und ausschließlich als für die Haute Volaute tätig werden sollende Sachwalterin. Erhärtet findet sich diese Einschätzung durch das folgende Statement der BAG: "Die Zahl der Kündigungen und Zwangsräumungen ist in den Jahren 2009 und 2010 deutlich angestiegen, woraus zu schließen ist, dass die Bemühungen der Kommunen um Prävention nicht ausreichen, zumal Kommunen und Länder immer wieder eigene Wohnungsbaubestände an private Investoren verkaufen."

Ganz bezeichnend für die Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber den bedürftigen Menschen in diesen unseren Landen auch das Faktum, welches sich zu Anfang der in den Kasten gestellten "Zahlen zur Armut" notiert findet: " 'Die Bundesregierung veweigert sich der Einführung einer bundesweiten Statistik, die den Umfang der Räumungsklagen und Wohnunslosigkeit abbilden soll. Dabei wird diese Statistik von der Fachwelt seit mehr als 30 Jahren gefordert' ": Seitens der Leute, die einiges tun müssten und auch könnten, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt für die bedürftigeren Menschen zu verbessern, wird alles unternommen, um die Anzeichen von Not unter den Teppich zu kehren - in der Hoffnung, dass so niemand alarmiert wird und sich aufregt über unser schönfärberisch als "Sozialstaat" ausgezeichnetes und ausgewiesenes Gemeinwesen - welches realiter aber äußerst unsozial und gemein zu agieren pflegt. Die "freiheitlich-demokratische Grundordnung", auf der viel zu viele noch zu stehen wähnen, ist im Grunde nur eine GrunZordnung: In ihr geben die wirklich Mächtigen, nämlich die Bosse der Großkonzerne, nicht nur in den Medien den Ton an und vor - in den dann alle Welt einfallen soll. Liest man den "Ton" rückwärts, so hat man die "Not" vor Augen. Die aber darf nicht als systembedingt vor eben diese Augen treten und wird deshalb immer mit dem Versagen der einzelnen Individuen begründet.

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