Sonntag, 31. Oktober 2010

929 "Schuld im Amt und keine Sühne": Das AA - involviert in das zu Nazizeiten veranstaltete Wahnsinnsgeschehen. Und dann bemüht, sich zu exkulpieren.


Unter dem 25. d.Mts. in Post mich 917 bereits mit der unsäglichen Haltung des Auswärtigen Amtes in der fraglichen Zeitspanne befasst habend, stoße ich vier Tage später auf der HAZ-Seite "Blick in die Zeit" auf zwei Artikel, die sich dieser Thematik in auch wieder sehr gekonnter Manier annehmen. Der davon mich mehr interessierende verfasst von dem Journalisten Kristian Teetz. Den also will ich hier referieren, dabei im gewohnten Stile eigene Kommentare mit einbringend - zum Teil dazu noch recht weitgehende Folgerungen aus ihm ableitend.
....... nachgezeichnet von einer sich aus Historikern zusammensetzenden Kommission, die, 2005 einberufen von dem damaligen Außenminister Fischer, zu dem folgenden Resultat gelangt,: "Das Urteil der Historiker: Hitlers Diplomaten waren systematisch an der Judenvernichtung beteiligt - die meisten blieben nach 1945 unbehelligt". Unbehelligt vor allem deshalb, weil das nach Eckart Conze - Leiter der besagten Kommission - als "Verbrecherorganisation" sich betätigt habende Ministerium sich bruch- und nahtlos in die dann inszenierte "Demokratie" hinüberretten konnte. Dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielend: Die ZRS, die Zentrale Rechtsschutzstelle. Die, unter der Leitung des ehemaligen Breslauer Gaurichters und NS-Staatsanwalts Hans Gawlik stehend, im Ausland nicht nur dafür sorgte, dass dort als Kriegsverbrecher Angeklagte Rechtsschutz erhielten, sondern darüber hinaus auch einen diese noch weiter schützenden Informationsdienst aufbaute. Dieser nahm als "Warndienst West" etwa die Aufgabe wahr, Täter wie Klaus Barbie oder Kurt Lischka über Haftbefehle zu informieren resp. allgemein davor zu warnen, in bestimmte Länder zu reisen, in denen es gefährlich für sie würde werden können.

Folgt man dem Text, sind 60 Prozent der Attachés, also der Anwärter auf den diplomatischen Dienst, schon 1939 Mitglied der SS gewesen. Infolge des ganz gezielt der Kommission gegenüber auch jetzt noch geheimgehaltenen Unterlagen lassen sich Daten zu den Folgejahren wohl noch nicht weiter erheben. Es dürfte aber anzunehmen sein, dass in denen noch eine ganze Menge Brisanz steckt.
Zentriert
..... herausgekommen bei den Nachforschungen mitsamt dem Umstand, dass alle wichtigen Akteure in ihren Stellungen belassen wurden, dann dafür Sorge tragend, dass das Amt in ein möglichst gutes Licht gerückt wurde. Es ist das wesentliche Verdienst der auf die Historie des AA angesetzten Historikerkommission, dass sie aufgeräumt hat mit den vielen Legenden, an denen das Amt nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches ungestört stricken konnte. Ungestört insbesondere deshalb, weil das wirtschaftliche Interesse der ausländischen Unternehmen an einem möglichst gut funktionierenden Abnehmerland Deutschland es gebot, den Dreck am Stecken, den seine Repräsentanten ja mit sich herumtrugen, möglichst schnell loszuwerden.

Herausgekommen ist dabei auch - Zitat: "Aber das Ausmaß und vor allem die Tatsache, dass die Diplomaten aus eigenem Antrieb und nicht nur auf Befehl handelten, hat sogar die Forscher überrascht und entsetzt. Zumal sich bis heute der Mythos hartnäckig hält, das diplomatische Korps habe die Politik Hitlers hintertrieben oder zumindest ihre Folgen abgeschwächt."

Herausgekommen ist dabei ferner, dass Ernst Freiherr von Weizsäcker bereits 1938 den folgenden bemerkenswerten Satz von sich gab: "Die Juden müssen Deutschland verlassen, sonst gehen sie eben über kurz oder lang ihrer vollständigen Vernichtung entgegen."
Herausgekommen ist bei den Nachforschungen, die sich auch auf die Nachkriegszeit erstreckten, dazu noch, dass von den relativ wenigen Widerständlern, die das AA zur Nazizeit in seinen Reihen hatte, in dem sich neu formierenden Staatsgebilde nachweislich kein einziger in eine verantwortliche Stelle hineingefunden hat - wohingegen die Chargen, die überwiegend sogar aus eigenem Antrieb heraus im Sinne der Schergen des Dritten Reiches tätig geworden waren, im deren diplomatischen Dienst so gut wie alle Arbeit und Anerkennung fanden.

Teil dieser Anerkennung waren auch die Nachrufe, die nach dem Ableben selbst der mit am meisten in die ganze unselige Geschichte der Judenverfolgung und -vernichtung Verstrickten zu erfolgen pflegten. Bis dann im Mai des Jahres 2003 eine völlig untergeordnete Kraft des Amtes dagegen Einspruch erhob: die Schreibhilfe und Dolmetscherin Marga Henseler. Der es einfach immer wieder sauer aufgestoßen war, dass - eigentlich von jedem erkennbar - von ihrem Arbeitgeber permanent an einem "Gebäude von Selbsttäuschung und Lügen" gebaut wurde. Woraufhin der von den Grünen kommende Außenminister sich genötigt sah, die fragliche Kommission von Historikern einzuberufen. Da endlich war Schluss mit der Imagepolitur, deren sich die Herren im Außenministerium im Übrigen zu befleißigen pflegten - nicht anders als das ganze verkommene Gesindel um sie herum. Welches dann anhub, der Umwelt Demokratie zu predigen - es dabei aber sorgfältigst vermeidend, den Nazigrößen auf den Pelz zu rücken, die sich außerhalb des AA wieder in Szene zu setzen verstanden - diesmal halt unter dem Deckmantel Demokratie. Mittels dessen man unerkannt allüberall die Tünche auftragen konnte, die von den Politikstrategen ganz gewissenhaft angerührt worden war und auch weiterhin noch wird.

Fischer ordnete nach dieser Eingabe der Frau Henseler an, dass frühere NSDAP-Mitglieder keinen Nachruf mehr erhalten sollten. Damit machte er sich, wie es in dem Artikel heißt, die Altvordern des Amtes zum Feind, speziell eine Gruppierung, die sich selbst "Mumien" nannten. Zitat: "Als beim nächsten einschlägigen Todesfall der Nachruf ausblieb, gingen die 'Mumien' an die Öffentlichkeit. Das war ein beispielloser Akt von Insubordination gegenüber dem grünen Minister."
..... übertüncht und mittels Zündung rhetorischer Nebelkerzen aus dem Blickfeld geraten ist die unselige Vergangenheit insbesondere auch durch das Hineinwirken in den fraglichen Komplex hinein selbst aus höchsten Staatsämtern heraus. Hier zu nennen insbesondere der Sohn des als Kriegsverbrecher verurteilten Ernst von Weizsäcker (s. die nachstehend zu dessen Agieren eingestellte Übersicht aus dem Web). Es ist in meinen Augen bezeichnend, dass ausgerechnet jemand, der, aus einem Stall kommend, in welchem nationalsozialistisches Gedankengut gepflegt wurde, in dem sich dann formierenden Staatsgebilde Präsident werden konnte. Joschka Fischer gab zu verstehen, er habe angenommen - Zitat aus dem zweiten, etwas weniger ergiebigen Beitrag mit der Überschrift "Mord als Dienstgeschäft: "...dass mit der Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag der Kapitulation die Vergangenheit eine Sache für Historiker geworden sei", diese Annahme aber falsch gewesen sei.
.... in allen Einzelheiten belegt in einer historischen Studie, die mit dem Titel "Das Amt und die Vergangenheit auf den Markt gekommen ist. Aus ihr geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass a) von den mehr als 6000 Mitarbeitern des Amtes die allermeisten am Holocaust beteiligt gewesen sind, und dass b) die nach dem Krieg nichts Besseres zu tun wussten, als ihr Selbstbild zu schönen und Legendengespinste um sich herum zu weben, sowie schlussendlich c) dass die, völlig ungeschoren bleibend, sogar auch noch mit dem Ausweis der Unbescholtenheit und der hohen Moral an- und auftreten konnten - und weiterhin können.

Sieht man nur etwas genauer hin, dann geht einem Folgendes auf: Dass die Art und Weise, wie der Sprössling des Naziapostels Ernst von Weizsäcker in diesem unseren Lande hochkommen konnte, sich letztlich allein dem Umstand verdankt, dass die nach 1945 weiter im Lande den Ton angebenden Adligen, Bonzen, Chauvinisten und Drogendealer unterschiedlichsten Genres - um es einmal mit dem ABC zu sagen, welches die die Demokratie eigentlich verabscheuende "Elite" dieses unseres Landes schon von früh auf in der von deren Untergrundorganisation unterhaltenen Schule lernt - dass diese Missgestalten also nach Lust und Laune Unrecht schaffen konnten und weiterhin können. Dabei unterstützt von Einrichtungen, in denen der im Dritten Reich kultivierte Geist ebenso fortbestehen konnte - aller vorgeblich reinigenden Ansätze wie der Entnazifizierung zum Trotz. Die halt auch wieder nur dazu da war, die Dinge zu beschönigen und vorhandenen Schmutz unter den Teppich zu kehren.
.... wahrgenommen resp. somit wahrnehmbar von allen Zeitgenossen, die zumindest etwas vernunftbegabter sind als die durch Konsum, Fußball und Wagenrennen völlig in Anspruch genommenen Zeitgenossen. Die eben nicht in der Lage sind, das von den Herrschaften in diesen unseren Landen Gepredigte zu durchschauen und die sich zufrieden geben mit den billigsten Formelhappen, die man ihnen vorwirft. Bei denen sich folglich dann auch nicht das ganz, ganz große Unbehagen einstellt darüber, dass das von den Herrschaften in diesem unserem Land Verkündete, nämlich der Gedanke der Demokratie, eine äußerst fragwürdige Basis hat. Wobei man schon allein aus der Energie, mit welcher man zu verhindern versucht, dass plebiszitäre Elemente in unsere Verfassungswirklichkeit Eingang finden, ersehen kann, wie wenig es der sogenannten "Elite" um Demokratie zu tun ist.

Zu der Bezeichnung "Elite" habe ich mir übrigens aus dem Bericht über das Forschungsergebnis der Historiker, der sich in der FAS vom vergangenen Sonntag veröffentlicht findet, die nachstehende Schlusspassage gesondert beiseite gelegt. Mit dem perfiden Hintergedanken, das große "Ballihu", welches auf den oberen Rängen oder der Beletage dieser Republik völlig unbeeinträchtigt und mit aller Skrupellosigkeit weiter betrieben werden kann, auch als solches wieder ein Stück weiter zu entlarven.

Werte/r Mitleser/in: Lassen Sie sich das hier Thematisierte in einer stillen Stunde einmal richtig durch den Sinn gehen und stellen Sie sich dabei die Frage, wieviel berechtigte Sorge in diesen hier wie auch an anderer Stelle in diesem Blog angestellten Überlegungen steckt. Und machen Sie bei einer höchstwahrscheinlich sich ergebenden Übereinstimmung Gebrauch von der Möglichkeit, den Link auf diesen Blog möglichst weit in Ihrem Bekanntenkreis herumzugeben. Auf dass denn doch zumindest bei dem ein kleiner Anstoß in Richtung auf ein Mehr an Rationalität und kritischer Wahrnehmung der Realität gegeben werden möge.

Aus dem Umstand, dass der Blogger erst nach zweijähriger Autorentätigkeit in diesem elektronischen Notizbuch auf den Gedanken verfallen ist, nachzuschauen, was es eigentlich mit dem Reiter "Statistik" auf sich hat - mehr dazu in Post 925 - mögen Sie ersehen, dass es ihm dabei nicht darum geht, großartig in Erscheinung zu treten. Vielmehr um die Sache - eine Sache, die es wert ist, dass man sich ihrer mit aller Energie annimmt. Eben weil es gilt, auch auf politischem Terrain ein Mehr an Kultur und Qualität einzufordern - das folgende MOREQUALITIESINLIFE dabei hier mit einem Ausrufezeichen ausgestattet:

PS1: Wer die in dem ganz zu Anfang gestellten Hieroglyphen in einem der Materialien, welches die Kommission hat einsehen können, nicht zu entschlüsseln vermag, dem seien der Inhalt hier in Klarschrift präsentiert. Auf der von dem Leiter des Judenreferates des AA, Franz Rademacher, gezeichneten Urkunde, einer Reisekostenabrechnung, heißt es zu dem Punkt 'Reisezweck': "Liquidation von Juden in Belgrad und Besprechung mit ungarischen Emissionären in Budapest."
PS2: Nach Abschluss dieses Eintrags fällt mir in dem hier hauptsächlich referierten Bericht denn doch noch eine Passage auf, die es verdient, zitiert zu werden. Es heißt dort: "Wer all dies liest, ... will von der Bestrafung der Täter wissen, von Gerichtsurteilen und der Rehabilitierung all derer, die den Dienst nach 1933 quittierten oder entlassen wurden. Doch er findet nichts. Er stößt dafür auf ein riesiges Leugnen der historischen Fakten, mit dem Diplomaten jede Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus von sich wiesen. Auf die Frage, was ihn am meisten erschüttert habe, antwortet Eckart Conze: " 'Das schiere Ausmaß, in dem die nationalkonservative Oberschicht kooperierte und kollaborierte. Und wie sie nach 1945, im Bewusstsein der historischen Schuld, mit allen Mitteln versuchte, sich reinzuwaschen - publizistisch, vor Gericht und politisch'." Das Resultat, zu dem ich bei der Befassung mit diesem Komplex komme: Diese Oberschicht konnte sich so reinwaschen, dass alle mit zu wenig Gespür für Unwahrheiten Ausgestatteten in den irrigen Glauben geraten mussten, sie habe von der weiter nichts zu befürchten.
PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dssen Weitergabets oder aber gleich des Blogs via Link an Ihren Freundes- und Bekanntekreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als nur eine nützliche Fiktion.



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    15. Apr. 2010 ... Wegen der Deportation französischer Juden wurde Weizsäcker in Nürnberg als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Haft verurteilt - und vorzeitig ...
    www.stuttgarter-nachrichten.de/.../der_preu_e_aus_stuttgart%5B2%5D.html





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