Montag, 25. Oktober 2010

918 "Ein Land im freien Fall". Und: "Es geht um Demokratie": Zwei Artikelüberschriften, die zu denken geben sollten. Weniger bezogen auf Pakistan, als vielmehr auf die politischen Verhältnisse hierzulande.





Nachdem bis dato schon eine Reihe von Einträgen gerade auch zu diesem Thema verfasst worden sind, sollen hier Überlegungen dazu angestellt werden, wie es sich vermeiden lässt, dass auch in dieser unserer Republik Politiker mehr und mehr Einfluss gewinnen, die sich vor allem durch eins auszeichnen: ihr autoritäres Gehabe.

Hierzu möchte ich zunächst verweisen auf das in Post 911 Ausgesagte - dieses aber erweitern um den Aspekt, wie der ständige Vertrauensverlust sich wenn nicht stoppen, so doch wenigstens etwas bremsen ließe, mit dem es unsere Politiker mehr und mehr zu tun haben. Dabei soll insbesondere versucht werden, den gedanklichen Ansatz des Parteienverächters Carlo di Fabio, der auf Bundesebene die Einberufung eines Konvents fordert, so aufzunehmen, dass aus ihm plausible Folgerungen für ein politisches Procedere abgeleitet werden können, welches sich von dem bis dato gehandhabten und total unbefriedigend bleibenden einigermaßen abhebt.

Wie immer wird auch an dieser Stelle extemporiert und der Gedankengang auch in einem unfertigen Zustand gleich in dem Eintrag festgehalten und veröffentlicht. Bis dato hat sich bei diesem Procedere noch nie die Notwendigkeit ergeben, im Nachhinein etwas zu korrigieren. Also auch hier mit Zuversicht ans Werk!

Gerade erst noch mit einem meiner Freunde über das Konzept der Bündelung und Verfolgung von Interessen via Parteiprogramm gesprochen. Ihm, der sich von seiner Schulung mittels östlichen Gedankengutes her, insbesondere des von dem indischen Weisen Maharashi Mahesh Yogi entwickelten, dem Denken in Ganzheiten und einer im Grunde bestehenden, aber von kaum jemandem wahrgenommenen Einheit verpflichtet sieht, ihm also erscheint die Aufsplitterung in Parteien suspekt. Der Begriff Partei beinhaltet nämlich - nicht nur für ihn - den Aspekt des Trennenden, und damit etwas, was eigentlich nur das Zeug hat, Unfrieden unter den je auf diesem Erdenrund sich tummelnden Zeitgenossen zu stiften.

Anstatt mit irgendwelchen gerade für zweckmäßig befundenen Losungen gegeneinander zu Felde zu ziehen, sieht er es als notwendig an, auf einer eigentlich ohne großen Probleme zu erreichenden höheren Bewusstseinsstufe dem Entwicklungspotential mehr Raum zu geben, welches, quasi naturgesetzlich funktionierend, einen Fluss der Entwicklung hin zu einem Mehr an, einem Meer von Erfüllung erlaubt.

Aus diesem Grunde lehnt dieser über Jahrzehnte hinweg die Ruheübung TM betreibende Freund auch die Aufsplitterung in die unterschiedlichsten Glaubensgemeinschaften ab. Bei der es im Neusprech der obersten Kirchenfunktionäre, ja immer nur darum geht, das eigene Profil zu schärfen. Mit anderen Worten darum, der konfessionell anders ausgerichteten Glaubensgemeinschaft gegenüber eine schlagkräftige Waffe in die Hand zu nehmen, die es erlaubt, ihr gegenüber Terrain gutzumachen und neue Anhänger zu rekrutieren. In ziemlich genau derselben Weise, wie dies die Parteien zu tun pflegen.

Wenn die in den vorstehend gebrachten Texten bezeichneten Konfliktparteien jetzt vor Gericht antreten, dann darf man schon jetzt erwarten, dass das Parteibuch, welches der Richter mit sich herumträgt - oder auch nur seine einfache Präferenz für eine bestimmte politische Partei - in Baden-Württemberg diesbezüglich dominierend ja die CDU - ganz wesentlichen Einfluss darauf haben wird, wie der Urteilsspruch ausfällt. Denn: Nicht von ungefähr sind bis dato so gut wie alle Eingaben der Gegner des Kellerbahnhofs abgebürstet worden. Mit anderen Worten: Die immer wieder ins Feld geführte Unabhängigkeit der Gerichte gibt es bei weitem nicht in dem Maße, wie es unsereiner immer wieder in idealtypischer Manier dargestellt wird - mehr oder weniger auf einer wenig tragfähigen Projektionsfläche eigener unrealistischer Wünsche.

Zwar bewegt sich Deutschland im Unterschied zu etwa Pakistan nicht im freien Fall, wie die vorstehend an dritter Stelle plazierte Überschrift signalisiert. Trotzdem sollten aber auch hierzulande die Warnglocken schrillen ob der Tatsache, dass die je herrschende Partei mehr und mehr dazu überzugehen neigt, den Bürger zu diktieren, was sie hinzunehmen haben, sich dabei, wie halt gerade die Unrechtsstaaten, auch immer lieber der Ordnungskräfte bedienend, die Widerständigen ordentlich was auf die Rübe geben sollen. Wobei es unter den gegebenen Verfassungsbedingungen auch schon wieder fraglich erscheint, ob solche von der Bundesebene für einen solchen gegen die Parkwächter in Stuttgart überhaupt herangezogen werden dürfen.

Interessengruppen wie das in Post 920 vorgestellte Stuttgart 21-Kartell können unter den gegebenen Bedingungen, bei denen sie die Vertreter einer Partei vor ihren Karren spannen, Dinge und Entwicklungen durchdrücken, die eigentlich nur das Zeug haben, sie zu bereichern, die nicht von ihnen Profitierenden auf der anderen Seite aber rechtlos zu stellen. An welchem Zustand etwas zu ändern seitens der Jurisdiktion überhaupt kein Interesse besteht, weil die sich zwar als unabhängig versteht - oder zumindest so ausgibt -, dies tatsächlich aber nicht ist.

Kurzer Kameraschwenk hinüber zu einer diese Auffassung belegende Episode aus der persönlichen Historie. Da hatte ich also im Jahre 1960 als Schüler einen Verkehrsunfall mit allerschwersten Verletzungen erlitten, die mir unter anderem ein dreiwöchiges Koma besorgten. Ebenso einen Beinbruch. Der dann im Krankenhaus falsch behandelt, sprich in einer Fehlstellung zur Verheilung gebracht wurde. Diesen habe ich dann als Student refrakturieren lassen müssen - zunächst auf eigene Kosten. Der dann von mir vor dem Landgericht Essen gegen den Haftpflichtverband der Deutschen Industrie angestrengte Prozess wegen Irrtums über die Vergleichsgrundlage - mein Vater hatte sich aus eigenen Geschäftsinteressen heraus allzu bereitwillig zu dem entsprechenden Abschluss verleiten lassen - führte für mich zum Erfolg. Meinem damaligen Rechtsvertreter, dem Münsteraner Anwalt Meyer-Galander, der mit einem formidablen Schriftsatz die Dinge richtig in Bewegung brachte, an dieser Stelle noch meinen allerbesten Dank!

Ein Unfallschaden sollte von der HDI reguliert werden. ... Natürlich regulierte der HDI lediglich die Nettoreparaturkosten. ... Opfergrenze läge bei 2600. .

Der HDI ist dann vor dem OLG Hamm in der Sache in Berufung gegangen. Mit dem Resultat, dass a) in der Verhandlung - in Gegenwart meiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau - ausschließlich die Spesenabrechnung der Rechtsanwälte thematisiert wurde und b) mir nur ein Abfindungsbetrag in Höhe von 5000 DM zugesprochen wurde, damit c) den Streitwert auf insgesamt 15000 DM begrenzend. Zu dieser Summe muss man wissen, dass zu der Zeit das Limit für einen Weiterverfolg der Angelegenheit vor dem BGH exakt bei dieser Grenze lag. Mein Rechtsanwalt, der nicht übel Lust verspürte, aus der ganzen Geschichte einen Präzedenzfall zu machen - und sie bei seiner Qualifikation auch erfolgreich zum Abschluss zu bringen -, fragte mich allerdings, ob ich den Nervenkrieg in Kauf nehmen wolle, der mit einem solchen Verfahren einhergehen werde. Dieses habe ich dann verneint und mich folglich mit dem herausgeschundenen Geldbetrag von 5000 DM begnügt. Um es, diese Episode abschließend, ganz kurz zu sagen: Der HDI hatte vor Gericht trotz der besseren Argumente meines Rechtsanwalts einfach die besseren Karten. Die genauso aussahen wie das, was sich vor ihr skizziert findet.

Um auf den Titel zurückzukommen, der diesem Eintrag gegeben wurde, so lässt sich sagen, dass die Dinge sich genauso verhalten, wie von dem Grünen-Politiker Winfried Kretschmann in dem von ihm der FAS gegebenen Interview dargestellt - Zitat: "In Baden-Württemberg nimmt das Parlament seine Kontrollfunktion nur sehr ungenügend wahr, eine Folge von fast 60 Jahren CDU-Herrschaft. Es hat Stuttgart 21 schlicht durchgewunken. Da darf man sich nicht wundern, wenn der Protest auf die Straße drängt." Bezeichnend auch die Abschlussfeststellung in diesem Interview: "Ministerpräsident Mappus war der Hardliner bei der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke."

Da werden also - bei dem Projekt Stuttgart 21 wie bei der "Energierevolution" (so unsere hochmögende Kanzlerin) - die Geschäftsinteressen von den der Industrie verpflichteten Parteien so hoch gehandelt, dass darüber die ja nur einfachen Lebensinteressen der Menschen total in Vergessenheit geraten sollen. Was aber nicht eintritt, wie ja aus dem Widerstand ersichtlich wird, der sich dagegen geregt hat und wohl auch weiter regen wird. Unter anderem halt auch in diesem Blog.

In Post 920 findet sich in dem von mir aus dem Web herauskopierten Material auch folgende Passage. Die von mir an einer ganz entscheidenden Stelle besonders hervorgehoben worden ist:
Lothar Späth ("Cleverle"), früherer Ministerpräsident von Baden-Württemberg, bis 1977 im Vorstand und Aufsichtsrat der Baresel AG, HEUTE AUFSICHTSRATSVORSITZENDER DER HERRENKNECHT AG, des europaweit führenden Herstellers von Tunnelbohrmaschinen.

Den Geschäftsinteressen von Herrenknecht und Späth soll also alles geopfert werden: Ein bestens funktionierender und dazu auch noch äußerst ansehnlicher Bahnhof; ein Park mit einem wunderschönen Baumbestand; das Interesse der Menschen an einer für sie vertrauten Umwelt; möglicherweise noch die Mineralquellen, über denen die Stadt gebaut wurde. Und noch so einiges mehr.

Ich halte dafür, dass das Parteienwesen, in welchem so gut wie ausschließlich Geschäftsinteressen bedient werden und dessen sich insbesondere die Unternehmer ganz ungeniert bedienen dürfen, um ihre Vorstellungen von den Regelungsmöglichkeiten der gesellschaftlichen Verhältnisse durchzudrücken, eine äußerst unselige Angelegenheit ist. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, mittels eines solch krampfhaft festgehaltenen Konstrukts zur Durchsetzung von solchermaßen ganz spezifisch ausgerichteten Partikularinteressen zu einer befriedigenden Lösung auch nur der lokal begrenzten Konflikte zu gelangen - geschweige denn der Probleme, die sich allenthalben auf globaler Ebene abzeichnen.

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