Bei Eingabe der vorgenannten tiefschürfenden Sentenz stößt man nach einigem Suchen auf die folgende Passage: "Reiner Kröhnert ist mit seinem aktuellen Solo-Kabarettprogramm ,,Das Jesus-Comeback" zu Gast in Darmstadt und verkörpert dabei vortrefflich und fast ohne Requisiten rund fünfzehn Personen aus dem öffentlichen Leben, die einen Diskurs führen zur Lage der Nation. In Szene gesetzt werden neben Merkel und Kinski auch der Papst (,,Ich bin nicht Jesus, sondern nur sein Stellvertreter"), Wolfgang Schäuble, Norbert Blüm oder Friedrich Merz (,,mehr Kapitalismus wagen"). Als Erich Honecker nuschelt Kröhnert mit naiver Sorglosigkeit einen Albtraum heraus, der ihn nach einem ,,westlichen, dekadenten Bankett in der kapitalistischen Hölle mit (zu reichlich genossenen) süffigen Weinen" heimsuchte. Der ,,antiimperialistische Schutzwall", die Mauer, war gefallen, und die Automobile des Klassenfeindes überrollten wie ein ,,Golfstrom aus Blech" sein Land. Schäubles Antwort ,,Es ischt, wie es ischt" wird an diesem Abend noch häufig mit gewichtigem Gestus vorgetragen. Auch Blüms fröhliches Credo ,,Die Rende ist sischä" wird von Kinski aufgegriffen, der sich als ,,Heiland des Spotts" preist und der als ,,vegetativ geschaffener Gottesklon" mit prophetischem Pathos entgegnet: ,,Nichts mehr ist sicher, kein Weg, kein Ziel, keine Rente!"
Wenn man die folgenden Zeilen liest, dann mag einem aufgehen, dass halt doch nicht alles so ischt, wie es ischt, dass die immer wieder ins Spiel gebrachten Sachzwänge und Grundbefindlichkeiten des Menschen gar nicht in der Weise gegeben sind und zutreffen, wie behauptet zu werden pflegt.
Wer möchte nicht aufsteigen! Wir müssen im Leben ja etwas erreichen, Karriere machen, an die Spitze kommen. Müssen wir? – Bestimmt nicht! Aber die meisten von uns wollen beruflich oder privat etwas bewirken, das für sie selbst und andere sinnvoll ist. Es muss nicht unbedingt ein Posten auf der Chefetage sein. Oft sind jene Leistungen sogar bedeutsamer, die keine Schlagzeilen machen, weil sie im kleinen Kreis oder gar im Verborgenen erbracht werden. Wenn sie gelingen, lösen sie nicht selten ein stilles Glücksgefühl aus, das uns heraushebt aus dem täglichen Einerlei.
© Vreni Merz
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16. Oktober 2010
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