Sonntag, 5. Juni 2011

1194 "Die sogenannte Ohnmacht des Einzelnen ist die vielleicht gefährlichste Illusion, die ein Mensch überhaupt haben kann": Mutmachendes/2.


AS: Wieder einmal hat es sich ganz gut gefügt, dass der Blogger bis zur Inangriffnahme des Eintrags 1188 und dieses Posts einige Zeit hat verstreichen lassen. Da hatte die Redaktion der FAS nämlich Zeit, darzustellen, wie ein Einzelner in einem Sportsektor Bahnbrechendes bewirkt. Und da hatte die Redaktion von Publik Forum, die ganz in der Frühe jedes Morgens ihren SPIRIT letter versendet, so doch Gelegenheit, ihm eine weitere Aussage zu übermitteln, deren Relevanz in dem hier gegebenen Zusammenhang sich im Fortgang der Überlegungen wohl erweisen wird.

"Wachsamkeit ist gegenüber allen Angeboten und Neigungen angebracht, die Anstrengung zur Selbstfindung zugunsten kollektivistischer Uniformierung aufzugeben. Die Versuchung dazu wird allerdings immer größer, je mehr die Menschen systematisch standardisiert werden, je rigoroser ihnen in einer total durchprogrammierten Maschine Gesellschaft versagt wird, nach ihren kreativen Fantasien und ihren höchstpersönlichen Wünschen zu leben." (Horst-Eberhard Richter) - 04. Juni 2011

Dass der Einzelne alles andere als ohnmächtig ist - dafür ließen sich Beispiele ohne Zahl benennen. Hier angeführt seien zunächst nur die Namen Gandhi und Nelson Mandela. Worauf an dieser Stelle aber mehr eingegangen werden soll, dass ist das, was ein Einzelner bei und mit dem sowie durch den Frauenfußball zuwege gebracht hat - nämlich deren Trainer Siggi Dietrich. Der hier somit als Einzelkämpfer auf einem Terrain vorgestellt wird, welches in diesem Zusammenhang den einen oder anderen befremden mag - dem hinsichtlich religiöser Belange eigentlich so gar nichts abwerfenden Sports.

" 'Als ich damals mit dem Frauenfußball begann, wurde ich von vielen belächelt und für verrückt erklärt. Heute klopfen mir einige von denen auf die Schulter', sagt er. 'Der Siggi', wie er in der Branche heißt, hat sich seinen Markt selbst geschaffen. Als er Anfang der neunziger Jahre durch Zufall Kontakt in die Szene bekommt, ist der Frauenfußball völlig unbedeutend. Es ist die Zeit, in der Nationalspielerinnen für einen Europameisterschaftstitel als Prämie vom Verband ein Kaffeeservice erhalten und abfällig als 'Mannweiber' bezeichnet werden. Der alte Muff hängt damals noch in den Vereinsheimen. Die Altherrenriege des DFB hatte 1955 den Klubs verboten, Frauenabteilungen zu gründen. 'Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Selle erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand', lautete die Begründung. Als die Funktionäre 1970 das Frauenfußballverbot aufheben, bleiben die Vorbehalte."

Bevor Dietrich 1998 mit der Gründung des 1. FFC Frankfurt den Durchbruch des Frauenfußballs unterstützte, war der Waldorfschüler und Sohn eines Theologieprofessors als Promotor beispielsweise von Eiskunstlauf-Galas im Fernsehen - zusammen mit Kati Witt - und veranstaltete Jugendweltranglisten-Turniere im Tennnis. In sein Berufsleben startete er als Physiotherapeut vor allem von Weltklasseathleten wie Gabriela Sabatini oder Boris Becker. In das Sportbusiness einsteigend, entwickelt er ein Geschäftsmodell für den Frauenfußball - obwohl er nie Management, Betriebswirtschaft oder Marketing studiert hat.

Bahnbrechend ist für ihn die Gründung des bereits erwähnten 1. FFC Frankfurt. So etwas gab es in der amateurhaften Frauen Bundesliga noch nie, wie der Journalist Micahel Ashelm hervorhebt. Dietrich's Geschäftsmodell sieht aus wie folgt: "Für die Überlassung der Vermarktungsrechcte garantiert er dem Verein Jahr für Jahr eine Pacht zwischen 700 000 und 1,2 Millionen Euro. ... Derzeit wird der Klub von 30 Unternehmen gesponsert und wirft eine Rendite ab. 18 Titel hat der 1. FFC Frankfurt mit Dietrich als Manager gewonnen." Von solchen Spielresutaten profitieren die Spielerinnen ganz erheblich. Wo es früher gerade mal eine kleine Aufwandsentschädigung und Beteiligung am Benzingeld gab, verfügen sie nun über ein vierstelliges Monatsgehalt - und erhalten als den Sieg davontragende Teilnehmerinnen an einer WM jede 60 000 Euro.

In derselben Ausgabe der FAS zu finden - allerdings an ganz anderer Stelle und ohne jegliche Erwähnung des Namens Dietrich: eine Beschreibung der Situation, in der der Frauenfußball sich durch dessen Aktivwerden und Agieren sich gegenwärtig befindet: "Über 700 000 Mädchen und Frauen spielen unter dem Dach des DFB inzwischen Fußball in Deutschland. Fast 13 500 Mannschaften beteiligen sich am Spielbetrieb, ein Dutzend bilden die Bundesliga. Die hat mit dem männlichen Pendant nur den Namen gemeinsam. Statt vor 80 000 Fans, wie Borussia Dortmund, spielen die Meisterinnen vom 1. FFC Turbine Potsdam oft nur vor 2000 Zuschauern. Die Spielerinnen sind Halbprofis, machen eine Ausbildung oder gehen einem Beruf nach. Sie wissen, dass sie vom Fußball nicht leben können, aber sie sind erfolgreich. Turbine Potsdam gewann zuletzt dreimal hintereinander die Deutsche Meisterschaft, dreimal den DFB-Pokal und auch die Champions-League."

Ganz groß herausgekommen in der fraglichen Sportdisziplin ist "eine Frau der Superlative", nämlich Birgit Prinz. Wobei, dies soll mittendrin nicht vergessen werden, der Förderer des Frauenfußballs, also Siegfried Dietrich, halt mitzusehen ist. Zu Birgit Prinz ist festzuhalten:
  • Sie ist Kapitänin der Nationalmannschaft.
  • Sie ist mit ihrem Verein, dem 1. FFC Frankfurt, mit 18maliger Erstplatzierung Rekordmeister der Frauen.
  • Schon dreimal war sie Weltfußallerin des Jahres.
  • Viermal war sie Torschützenkönigin der Bundesliga.
  • Achtmal hat sie es in Deutschland zur Fußballerin des Jahres gebracht.
  • Sie ist mit 209 Spielen Rekordnationalspielerin.
  • Mit 128 Treffern ist sie zudem Torschützenkönigin.
  • Zweimal wurde sie mit der deutschen Nationalelf Weltmeisterin.
  • Darunter angesiedelt ihr 5facher Titel als Europameisterin.
  • Wieder darunter ihr 9facher Titel als Deutsche Meisterin.
Aus diesem allen geht hervor, wie sehr das Wirken eines Einzelnen dazu beigetragen hat, dass sich sowohl das Klima in einem bestimmten Sektor des Gemeinschaftslebens wie auch das Renommee nach außen hin total gewandelt hat. Basierend auf das Wirken des genannten Managers des 1. FFC Frankfurt ist Fußball zum erfolgreichsten und beliebtesten Mannschaftssport von Frauen geworden und ist die Zahl der Mitglieder um 17 Prozent gestiegen. Wesentlich daran beteiligt das Fernsehen: "Die Nationalelf fährt im Fernsehen durch ihren Erfolg bei den WM-Turnieren gute Quoten ein."

In dem Artikel - stand er in dem Teil "Beruf & Chancen"? -, der dort zusammen mit dem recht groß geratenen Foto eine ganze Seite einnimmt, wird auch noch mehr über den Manager berichtet, was eben dieses für ihn auch auf Seiten des Lesers tut: "Dietrich sieht sich auch als persönlicher Karriereplaner der Spielerinnen abseits des Fußballplatzes. Zuweilen ist er Psychologe und freundschaftlicher Berater. 'Man muss viel Sensibilität zeigen. Frauen wollen viel mehr von einer Idee überzeugt werden als Männer'." Der Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank, die sich beim 1. FFC Frankfurt als Hauptsponsor engagiert, bringt es auf den Punkt: "Klaus-Peter Müller nennt Dietrich den 'Spiritus Rector des Frauenfußballs'."
.....

Um auf die eingangs gestellte Aussage von Horst-Eberhard Richter zurückzukommen: Siggi Dietrich hat sich erfolgreich der Standardisierung von Menschen widersetzt - hier konkret der der Frauen durch den DFB - und es verstanden, in einer anscheinend durchprogrammierten Gesellschaft Möglichkeiten des Kreativwerdens für sich und andere zu entdecken und zu nutzen.

Diesen Eintrag abschließend seien hier kurz einige Stationen aus dem Leben des Bloggers angerissen, die zusätzlich verdeutlichen sollen, dass es immer wieder möglich ist, gegen das anzugehen, was sich in Post 1188 als "Riese" dargestellt findet:
  • Zu Schulzeiten Verteidigung von Mitschülern, die von Lehrkräften in unangemessener Weise angegangen worden waren (daraufhin dann den Ehrentitel "Anwalt der Gerechtigkeit" - Titel einer zu der Zeit laufenden Fernsehserie - erhaltend und Klassensprecher werdend).
  • Eingabe beim TÜV Dortmund wegen einer zu Unrecht verweigerten Führerscheinausstellung. Mit dem Erfolg, dass keine einzige Fahrstunde mehr absolviert musste, keine erneuten Prüfungsgebühren zu zahlen waren, die Zweitprüfung das gewünschte Ergebnis brachte und - ein schöner Nebeneffekt für die Fahrschule Damerau in Münster - der völlig willkürlich an die Materie herangehende Prüfer sich in ihr nicht ein einziges Mal mehr hat sehen lassen.
  • Widerspruch gegen einen Ordnungswidrigkeits-Bescheid mit dem Resultat, dass das Landesstraßenbauamt, welches der Verwaltung des Ortes Roxel bei Münster über mehr als ein Jahrzehnt hinweg die Aufstellung eines Verkehrsspiegels an einer total uneinsehbaren Straßenkreuzung verweigert hatte, sich durch den das Verfahren wegen Vorfahrtverletzung leitenden Richter gehalten sah, einen solchen dort aufzustellen.
  • Erfolgreiche Klage gegen den Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI), der sich geweigert hatte, nach schwersten Verletzungen bei einem Verkehrsunfall weitere Schadensersatzleistungen zu erbringen - und dies trotz eines durch den Vater als gesetzlichem Vertreter abgeschlossenen Vergleichs!
  • Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Studiendirektor, der sich bei der Ausbildung von Studienreferendaren vor allem der Selbstdarstellung und des Niedermachens der ihm ausgelieferten jungen Frauen und Männer befleißigte. Mit dem Effekt, dass es im Schulamt zumindest einen heillosen Aufruhr gab und den Versuch, den fraglichen Ausbilder aus der Schusslinie zu nehmen.
  • eMail an den Betreiber der Kette EDEKA in Minden, den für den Ort Wennigsen vorgesehenen Standortwechsel weg vom Zentrum hin zu einem Platz mit Vergrößerungspotential thematisierend. Augenscheinlich in einer Weise gefasst, die mit dazu beitrug, dass es bei den innerörtlichen Vergrößerungsplänen blieb.
  • Via Leserbrief und anschließenden Einstieg in die Materie Holzfeuerung erreicht, dass bei der für die örtliche KGS anstehenden Heizungserneuerung die Entscheidung im Endeffekt zugunsten eines Lieferanten von Hackschnitzelheizungen ausfiel - und dies, obwohl immer wieder andere Alternativen ins Spiel gebracht wurden: Brennwertheizung, Biogasheizung, Blockheizkraftwerk.
PS1: Um noch einmal auf den Förderer des Frauenfußballs zurückzukommen: Ohne ihn wäre man beim DFB vom Grundsatz her auf der schon 1955 gezeichneten Linie verblieben. Von der man aktuell weiter abgerückt ist, als irgendjemand sich dies hätte vorstellen können. Indem es jetzt nämlich heißt "Die Zukunft des Fußballs ist weiblich" (vgl. das Eingangsmotiv).
PS2: Nachträglich hier noch eingebracht Material über den Basketballspieler Dirk Nowitzki - s. hierzu auch das in den Abschlusskasten gestellte Konterfei dieses Mannes. Der auch wieder als Einzelner das Bild einer ganzen Mannschaft prägt. Nämlich das der Dallas Mavericks. Zu ihm heißt es in dem von Anno Hecker verfassten Text unter anderem, er werde mit den großen Drei des "Dreamteams", des Olympiasiegers von 1992 auf eine Stufe gestellt: "His Highness Michael 'Air' Jordan... Earvin 'Magic' Johnson und Larry Bird." Ferner sagt Hecker über ihn aus: "Nowitzki spielt schon seit zwölf Jahren in der NBA. Er hat 22 792 Punkte erzielt...., wurde 2007 zum wertvollsten Spieler der regulären Saison und bislang zehn Mal in das All-Star-Team gewählt. ... Nowitzki kriegt man beim Googeln mit einem Klick ... in 25 Millionen Artikel-Versionen. Kein deutscher Sportskamerad kann mithalten. Nicht der König der Autofahrer, Vettel, nicht Rekordweltmeister Schumacher, weder 'Kaiser' Franz und schon gar nicht Tennisheld Becker."

Zur Spielweise dieses die fragliche Mannschaftsszene total beherrschenden Sportlers bemerkt der Autor unter anderem: "Wir sehen im Moment den besten Dirk, den es je gegeben hat. Einen eleganten Hünen, wie er auf einem Bein, nach hinten springend, Distanzwürfe in Vollendung präsentiert, wie er über die linke Hand mit einem für solche Garde-Maße [2,13 Meter] unglaublichen Bewegungsgefühl angreift. Miami [Heat] hat trotz der besten Verteidigung der Liga bislang keine Lösung gefunden, Nowitzki zu stoppen."

Hinsichtlich des mannschaftsprägenden Einflusses dieses Ausnahmespielers konstatiert Hecker: "Das [körperliche] Wachstum Nowitzkis notieren seine Begleiter Jahr für Jahr. Und doch kommt nun noch eine Größe hinzu, die man nur indirekt mit präzise geplanten, hochkonzentrierten Sonderschichten nach 'ohnehin harten Tagen im Trainingslager' ... erreicht. Es ist die Führungskraft. Nowitzki zieht die Nebenleute mit und lässt ihnen keinen Spielraum, nachzulassen."

So nach und nach dringt es auch seinen Landsleuten ins Bewusstsein, dass dieser Spieler es verdient, besonders beachtet zu werden. Wie drückt es ein Anhänger des 1. FC Köln aus? "In Köln habe man beim nächtlichen Streifzug durch die Stadt verzweifelt nach einem Nowitzki-Sender gesucht. 'Dat muss doch sein, is ja wie einst Schmeling gegen Louis'." Womit geklärt sein dürfte, dass auch dieses Beispiel gegen die These von der Ohnmacht des Einzelnen spricht.
PS2: Am Pfingstmontag dann in den Nachrichten: Die Dallas Mavericks haben Miami Heath besiegt - und Nowitzki ist endlich am Ziel seiner Wünsche angelangt - dem Ring als Zeichen der NBA-Meisterschaft. "Mit Ring am Finger, analysiert David Moore von den 'Dallas Morning News', rücke der Franke auf Platz zwei vor in der Bestenliste der Profis auf seiner Position. Vorbei an den weltbekannten Prototypen des Powerforwards wie Charles Barkley oder Karl Malone. Nur Tim Duncan (vier Ringe) könne er nicht überholen."

1188 "Die sogenannte Ohnmacht des Einzelnen ist die vielleicht gefährlichste Illusion, die ein Mensch überhaupt haben kann": Mutmachendes/1.

Generelles PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dessen Weitergabe oder aber gleich des Blogs via Link*** an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere der dort Tätigen sich besinnt und nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die von Politikern gepflegte, nur dem Eigeninteresse verpflichtete Verfälschung der Wirklichkeit denn doch einmal ein Ende findet und die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als bisher - eine nur nützliche Fiktion."


  • ***Wie ein Link zu übernehmen ist, findet sich in Post 999 dargestellt, und zwar unter PS2.


  • HINWEIS:
    Nach Einführung der neuesten Firefox-Version scheint der folgende Vermerk für die meisten Webnutzer gegenstandslos geworden zu sein:
    Wer mit dem Browser Firefox auf diese Seite stößt, ist besser beraten, den Internet Explorer, Safari von Apple oder Google Chrome zu verwenden.
    Denn: So praktikabel ersterer bei der Erstellung der Posts ist - er unterschlägt jetzt nicht nur, wie zu Anfang, eine ganze Reihe von Bild- und Textmaterialien, sondern mit einem Mal gleich alle. Aus mir unerfindlichen Gründen. Mehr zu der Angelegenheit in Post
    oder


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