Sonntag, 12. Juni 2011

1203 "Je unbequemer, desto besser" - "Riskanter Lifestyle": Zwei Schlaglichter auf den in unseren seltsamen Verhältnissen produzierten Unsinn.






"Nichts ist so, wie es scheint": Diese Aussage wird hier vorab platziert, weil in den seltsamen Lebensumständen, die unsereiner in allen möglichen Verhältnissen immer wieder registrieren muss, tatsächlich kaum etwas das ist, wofür es ausgegeben wird. Dies gilt auch für den Lifestyle. Mit welchem ein ganz, ganz großer Anspruch verknüpft wird - ohne dass da etwas wäre, was a) für "Leben" oder b) für "Stil" spräche.

Da geht es einfach immer wieder nur darum, aus einer bestimmten Sachlage soviel wie nur irgend möglich herauszukitzeln. Und da soll immer wieder die nur einfach aufgestellte Behauptung zu der Anschaffung von irgendeinem Zinnober verleiten, man könne durch das Vorweisenkönnen eben solchen Plunders dokumentieren, wie sehr man sich von der popeligen Umwelt abhebt. Die ja über alles mögliche verfügt - nur nicht über etwas, das Lifestyle signalisiert. Die in ihrer Unbedarftheit und Unbelecktsein von dem Geist, der Auszeichnung verheißt, vielmehr nur dumpf dahintrottet und nicht weiß, wo vorne und hinten ist. Weshalb sie halt in dem Glauben verharrt, es hülfe ihr irgendwie weiter, wenn sie das nachahmt, was von kaufkräftigen Irren in dieser oder jener Szene angeschafft worden ist.


Da es tatsächlich so ist, dass Zeitfahrmaschinen ein Vermögen kosten - "Ein High-End-Zeitfahrrad ist teuer, sehr teuer. 12 000 Euro kann ausgeben, wer ein gewichtsoptimiertes Topmodell erstehen will, das nicht mehr als 6,5 Kilogramm wiegt" -, müsste sich der etwas vernünftigere Zeitgenosse eigentlich fragen, ob die "Überhöhung", die laut Text ja auch mit dieser Maschine verquickt ist, ein so gutes Gefühl schaffen kann, dass sich solche im Bereich der Astronomie angesiedelten Ausgaben lohnen. (Dass mit der "Überhöhung" hier etwas ganz anderes gemeint ist als der Höhenunterschied zwischen Sattel und Lenker, dürfte für den etwas einsichtigeren Zeitgenossen auf der Hand liegen.)

Apropos Dahintrotten: Dies tut man eben mit einer solchen Zeitfahrmaschine nicht. Mit der erreicht man locker einen Stundenschnitt von über 45 Kilometer. Wobei zumindest bei dem/der einen oder anderen jede Menge Fragezeichen aufkommen müssen, wenn er/sie liest: "Rund drei Kilometer pro Stunde, schätzt er [Dr. Uli Nieper, der, von Beruf Orthopäde, 'gerade in seiner Altersklasse beim Ironman 70.3 Mallorca gewonnen hat'], ist er mit seinem Zeitfahr-Boliden schneller als mit seiner gewöhnlichen Rennmaschine."

In der Reihenfolge, in der die beiden in der FAS-Ausgabe 23 vom 12.06.d.J. abgedruckten Artikel hier erscheinen, hier auch die beiden Subitel: "Zeitfahrmaschinen, wie sie Triathleten fahren, kosten ein Vermögen - und sind schwer zu beherrschen." "Die Ästhetik des Fixies ist eine Absage an die Rationalität der Technik: kein Licht, keine Bremsen, keine Schaltung."

Aus beiden Texten geht hervor, dass hinter dem, was da so massiv promoted werden soll, einzig und allein der Wunsch steht, andere dazu zu verleiten, sich etwas anzuschaffen, wodurch sie sich in ihrer Umwelt als deutlich hervorragend und ganz besonders ausgestattet ausweisen können. Die Frage an die Irren - und ein Irrer ist, wer ohne Licht, vor allem aber, ohne Bremsen unterwegs sein möchte -, wieso ein Fixie in "seiner Schlichtheit das schönste aller Fahrräder" sein soll, wird man ja wohl noch stellen dürfen, ohne gleich als Ewiggestriger abgestempelt zu werden - das letztere Substantiv übrigens gerade noch von dem Blogger in einem Eintragstitel verwandt.

Regelrecht putzig findet der Blogger etwa auch das, was der Autor zu dem hier zuerst erscheinenden Teil aussagt: "Ein Zeitfahrrad dieser Qualität ist so etwas wie der Ferrari, der Porsche unter den Rädern. Mit ihm fahren will gelernt sein. ... Selbst viele Bergspezialisten unter den Radprofis, die nur bei Einzelfahrten mal auf die Spezialräder klettern, tun sich schwer damit, sie unfallfrei über die Strecke zu steuern." Putzig findet er diese Aussage vor allem insofern, als sie ihm wieder einmal belegt, wie sehr die bekloppte Menschheit auf Statussymbole fixiert ist - eben einen "Ferrari" oder einen "Porsche".

Lustig die gestelzte Formulierung, zu der ein Gericht in Anbetracht der folgenden Situation, nämlich bei der Bewertung eines Verkehrsverstoßes gelangt: "Weil die Bremswirkung, die durch Blockieren des Hinterrades erzielt wird, allenfalls 30 Prozent der nomalen Bremsleistung entspricht, diagnostizieren Polizei und Gerichte Lebensgefahr." Das Gericht konstatiert dazu nämlich: " 'Darunter ist eine Sachlage zu verstehen, die bei ungehindertem Geschehensablauf des zu erwartenden Geschehens in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit führt'."

Apropos "führen": Was führt den mit "ede" zeichnenden Verfasser dieser Zeilen eigentlich dazu, dem folgend dargestellten Sachverhalt ein solches Gewicht zuzumessen, wie es mit dieser Aussage geschieht: "Es gibt, von Reifen, Kette und Nabe abgesehen, so gut wie keine Verschleißteile"? Da sind doch eigentlich nur noch die Bremsklötze - wenn die denn überhaupt noch Verwendung finden. Und die sind, wie der Blogger von seinen eigenen ausgedehnteren Radtouren her weiß, auch nach Aberhunderten von Kilometern nicht abgenutzt.

HINWEIS
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Denn: So praktikabel ersterer bei der Erstellung der Posts ist - er unterschlägt jetzt nicht nur, wie zu Anfang, eine ganze Reihe von Bild- und Textmaterialien, sondern mit einem Mal gleich alle. Aus mir unerfindlichen Gründen.


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