Freitag, 30. März 2012

1652 Bis zu 1095 € für die PKV, 11000 für BMW tätige Leiharbeiter: Zwei Zahlenwerte, die signalisieren, dass hierzulande so einiges schiefläuft.


In ihrem heute in der HAZ veröffentlichten Beitrag "Von der Luxusklasse in die Armut: Privatpatient ade" gibt die Journalistin Gabi Stief - für den Blogger übrigens zu den Spitzenkräften im Hause Madsack zählend - die Zahl der bei den bestehenden 46 privaten Krankenkassen Versicherten mit 9 Millionen an. 4 Millionen davon sollen Beamte, 2 Millionen Selbständige, und 3 Millionen Angestellte sein, die über ein Jahreseinkommen von mehr als 50850 Euro verfügen.

Der Gesetzgeber, der das Feld auch hier wieder bestens im Sinne der kleinen, nur auf Profit bedachten gesellschaftlichen Gruppe bereitet hat, hat dafür Sorge getragen, dass jemand, der, verführt durch günstige Einstiegsprämien oder aber als Beamter für sich keinen anderen Weg sehend, als sich privat zu versichern, aus der entsprechenden vertraglichen Bindung nicht mehr herauskommt. Die Lobbyisten von Central & Co. - im Text als Versicherung erscheinend, die ihre Prämien zuletzt um 60 Prozent erhöht hat - haben es wie ihre in anderen Bereichen aktiv werdenden Zunftgenossen verstanden, die einflussreichsten Abgeordneten so beeinflussen, dass sich im Effekt solche im Grund unsäglichen Zustände ergaben.

An dieser Stelle verdient die Rentnerin Erwähung, der gerade einmal 250 Euro zum Leben bleiben, nachdem sie 742 Euro als monatliche Prämie an ihre Privatkasse gezahlt hat - also fast exakt drei Viertel dessen, was sie zwölf Mal im Jahr aus der Rentenkasse erhält. Und es verdient der von der Autorin hervorgehobene Umstand Beachtung, dass ein solcher durch eine Privatkasse ausgelöster Absturz in die Armut "kein Einzelfall" ist. Stief nennt an dieser Zahl die auch im Titel dieses Eintrags erscheinende Zahl 1095 €, die als Monatsbeitrag "mittlerweile an der Tagesordnung" seien.

Bei solchen Zuständen liegt es auf der Hand, dass es sich bei der nur auf die ganz dicken Fische sich konzentrierenden PKV um ein auslaufendes Modell handelt. Weil alle mit zumindest etwas Grips ausgestatteten Zeitgenossen sich sagen müssen, dass es sich mit solchen Konditionen schlecht leben lässt. Die einzig und allein deshalb ins Werk gesetzt wurden, um der Pharmaindustrie und der Ärzteschaft satte Profite zu verschaffen. Dass es dennoch Verfechter der "Privaten als Zukunftsmodell" wie den CDU-Abgeordneten Jens Spahn gibt, spricht nicht eben für dessen Realitätssinn. Eher dafür, dass auch er sich von der Lobby hat kaufen lassen.

Gott sei Dank gerät die PKV, wie von der Autorin dargestellt, immer mehr in die Defensive, und zwar so, dass die Zeit für sie als Vollversicherer abläuft. Dies insbesondere bedingt durch die ungedeckelten Honorarbeträge, die Ärzte und Zahnärzte ihren Patienten in Rechnung stellen können. Versucht jemand aus deren Reihen, wegen der für ihn sich ergebenden ungünstigen Vertragsbedingungen in einen günstigeren Tarif zu wechseln, würde dieses Recht "von vielen Kassen trickreich unterlaufen", sagt die Autorin an dieser Stelle. Als Perspektive, die sich hier zur Lösung der Problematik abzeichnet, ist die von Rot-Grün angepeilte Bürgerversicherung anzusehen, die der europaweit einmaligen Spaltung der Kassenlandschaft in Private und Gesetzliche ein Einde machen würde.



Ebenfalls heute in der HAZ erschienen: Der Beitrag von Thomas Magenheim, in dem der Autor sich unter dem Titel "Arbeit als Ramschware" mit den Auswüchsen der Leiharbeit befasst. Auch die ist auf Betreiben der für die ganz großen Firmen tätigen Lobbyisten eingeführt worden, um deren Profite nur ja nicht zu schmälern. Der Darstellung von Magenheim folgend arbeitet heute rund eine Million Menschen in Deutschland "in dieser Form eines prekären Arbeitsverhältnisses,... Das sind dreimal mehr als noch 2004. Sie verdienen nicht nur im Schnitt 40 Prozent weniger als Stammkräfte im selben Betrieb." Auch haben sie weniger Rechte und werden als Erste gefeuert.

Dazu meint der Gewerkschaftsvize der IG Metall, Detlef Wetzel: " 'Leiharbeit ist das sichtbarste Beispiel für die Verrohung der Sitten auf dem Arbeitsmarkt'. .. Auf diese Weise verkomme Arbeit zur Ramschware und Menschen würden zur bloßen Kostenstelle degradiert. Dies ist insbesondere in Großbetrieben der Fall, wie der Soziologe Hajo Holst herausgefunden hat: "Jede zweite Firma über 250 Beschäftige setze heute Leiharbeiter ein. Bei der Hälfte davon mache sie gut ein Fünftel der Belegschaft aus." Decouvrierend und in den Augen des Bloggers geradezu vernichtend das Statement, welches der Journalist am Ende seines Beitrags abgibt: "Leiharbeit wird von Betrieben strategisch eingesetzt und nicht wie ursprünglich gedacht, um Auftragsspitzen abzudecken, sagt Holz." Welch letztere Aussage der Blogger einfach nur für ein Gerücht halten kann, weil er immer nur mitbekommt, dass es den Firmen nur darum geht, die für sie Tätigen in einer möglichst großen Abhängigkeit von sich zu halten und sie im Firmeninteresse lenkbar zu machen. Wie noch erst soeben in der Kabarettsendung "Neues aus der Anstalt" kritisiert, bringt die oft berufene Freiheit - zuletzt tönte der neue Bupräsi von ihr - den Menschen für sie kaum etwas für sie Verwertbares und stellt sich eigentlich mehr als unerfülltes Postulat dar.

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