Sonntag, 27. Februar 2011

1077 Singen (u.a.m.) als Remedium vieler Übel: Das Gegenbild zu einer erstarrten Gesellschaft/33. Hier: Klangkörper Thomas Quasthoff.


Passend zu dem, was in dem Mitteilungsblatt der AOK ausgeführt wird, findet der Blogger in der FAS von heute einen Bericht über den Bariton Thomas Quasthoff. Unter dem Titel "Sing mir das Lied, bevor es tot ist".

Dort heißt es über ihn: "So wurde er ein seiner selbst sehr bewusster Konzert-Sänger, gesegnet mit Realitätssinn und einer unglaublichen spezifischen Farben- und Ausdrucksfülle, spezialisiert auf das romantische deutsche Klavierlied und auf Oratorium. Und auch wenn Quasthoff mittlerweile alles singen kann, was er singen will, überall auf der Welt, so ist doch das kleine Lied mit seinen privaten Heimlichkeiten die wahre musikalische Heimat für ihn geblieben."

Weil aber der Liedgesang kaum noch gepflegt wird, hat der Künstler den Wettbewerb "Das Lied" gegründet. Dazu hat er laut Darstellung der Journalistin Eleonore Büning prominente Kollegen zusammengetrommelt, die unter seiner Führung stehen. Drei verlässliche Sponsoren - Arend und Brigitte Oetker sowie Johanna Quandt - stünden bei der Arbeit der Jury im Hintergrund, die sich zusammensetzt aus der Bayreuth-Chefin Eva Wagner-Pasquier, der Sopranistin Annette Dasch, und der Kammersängerin Brigitte Fassbaender. Letztere leitet in Innsbruck ein Opernhaus und die Strauss-Festspiele. Dazu kommen dann noch der Tenor Robert Gambill, der Wigmore-Hall-Intendant John Gilhooly, und die "Klavierliedbegleiter-Legende" Charles Spencer. Bei diesem Wettbewerb, der in diesem Jahr zum zweiten Male stattfindet, gibt es Stipendien in einer Gesamthöhe von 65 000 Euro zu gewinnen. Dazu wird dann noch eine Fülle von Engagements vermittelt.

Quasthoff gibt in dem mit ihm geführten Gespräch zu erkennen, er bedaure es außerordentlich, dass beispielsweise bei ihnen an der Hanns-Eisler-Hochschule in Berlin ausnahmslos alle Gesangsstudenten das Fach Oper wählen und keiner auf Konzert studieren will. Und dies in einer Situation, die er folgendermaßen skizziert: "Dabei wissen wir doch aber, dass die Musiktheater eines nach dem anderen fusionieren und zugemacht werden. Wo sollen die später singen?"

Wie immer zurückhaltend in seinem Auftritt, sagt der Künstler über sich selbst: " 'Es gibt Hunderte Sänger, die besser singen können als ich. Aber ob sie die Leute auch so packen können wie ich? Ich glaube, da gibt es nur wenige. Und das Tolle dabei ist: Es funktioniert immer, egal wo und egal mit welchem Repertoire. ... Ich bin heute nicht mehr so bitter wie früher."

Mit letzterer Aussage bezieht er sich auf seine Behinderung. Welche es ihm nicht erlaubte, in dem regulären Musikbetrieb einzusteigen. Wegen ein paar für das Klavierspiel fehlender Finger habe man ihm sogar eine Rolle auch nur als Gasthörer verwehrt. " 'Krüppel' nennt er sich selbst, einer seiner Witze geht so: 'Achtzig Millionen Deutsche sind behindert. Mir sieht man's gleich an'." Wie gut, dass unsereiner nicht zu den 80 Millionen zählt, sondern immer wieder mit Leidenschaft dabei sein kann, wenn in einem seiner Chöre der Song angestimmt wird, der sich durch folgenden Refrain auszeichnet: "Über den Wolken wird die Freiheit wohl grenzenlos sein..."

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