Samstag, 19. Februar 2011

1064 Nach Gutsherrenart befindet der jetzt wegen seiner Plagiate in die Kritik geratene Selbstverteidigungsminister, die Vorwürfe seien "abstrus".

Das ist doch der Ton, den wir von den hohen Herren gewohnt sind. Die nichts besser können, als etwas "energisch zurückzuweisen" und darauf zu beharren, dass sie mit ihrer Einschätzung der Dinge oder aber ihrem Verhalten richtig liegen. Womit ja auch unsere hochmögende - aber gewiss nicht so vermögende - Kanzlerin brilliert. Beispielsweise, wenn sie davon spricht, etwas sei "alternativlos". Von mehr als einem Dutzend Autoren soll dieser allein der Selbstdarstellung und persönlichen Überhöhung verpflichtete Minister, wie ja bekannt, in seiner Doktorarbeit auf fremdes geistiges Eigentum zurückgegriffen haben, ohne diese Verwendung von Fremdmaterial in der ja schon einem Anfangssemester eingebleuten Weise kenntlich zu machen. Wie verstiegen in seinem Streben nach Höherem muss man sein, um dergleichen Anforderungen an eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Auge zu verlieren! Und dies dann auch noch ausgerechnet auf juristischem Terrain, auf dem es wie nirgendwo sonst darum geht, dass die Dinge der gesetzten resp. auch der einfach nur geübten Ordnung entsprechen.

Da meint er doch tatsächlich, es sei mit einer einfachen Entschuldigung getan - nachdem er natürlich, wie in der heutigen HAZ berichtet, "sich vehement gegen den Plagiatsvorhalt" gewehrt hatte: " 'Sollte sich jemand hierdurch oder durch inkorrektes Setzen und Zitieren oder versäumtes Setzen von Fußnoten bei insgesamt 1300 Fußnoten und 475 Seiten verletzt fühlen, so tut mir das aufrichtig leid'." Es mutet doch geradezu lachhaft an, wie er jetzt versucht, sich mit solcherlei Kunstgriffen aus der Affäre zu winden. Wozu auch der Versuch zu zählen ist, über die angeführte Anzahl von solchen einer wissenschaftlichen Behandlung der anstehenden Materie allein gerecht werdenden Notierungen "die paar Lapsi" irgendwie gegenstandslos erscheinen zu lassen, sie auf diesem Wege als Gegengewicht ins Spiel bringend. Da wird einfach nur hartnäckig abgewiegelt - und das soll's dann mal wieder gewesen sein.

Auf der Titelseite der heutigen HAZ-Ausgabe tritt die folgende Überschrift besonders hervor: "Guttenberg startet die Operation Titelverteidigung". Wobei natürlich nur wieder zu erwarten steht, dass er, großmächtiglich daherkommend, alles in Grund und Boden zu stampfen versuchen wird, was seinem Anspruch entgegensteht, etwas Höheres, Besseres, Intelligenteres oder sonstwie aus der Masse Heraushebendes zu sein. Als solcher mit blauem Blut in den Adern kann er - auch wieder natürlich - gar nicht anders. In der ihm - wie den Damen und Herren um ihn herum - eigenen Logik folgert er einfach: "Wenn ich überlegen daherkomme, werden die, die mich zu kritisieren wagen, schon klein beigeben. Die Unruhe wird sich schon ganz schnell legen, wenn ich den Anschein erwecke, sie könnten mir nichts anhaben". Und da der Deutsche, wie von Tucholsky notiert - bei Eingabe als Suchwort stößt man auf die Einträge, in denen dieser Name zu finden ist, und als erstem davon auf den mit dem gemeinten Zitat -, ja nichts mehr zu schätzen weiß als den Erfolg, ist es denkbar, dass sich einigermaßen ungeschoren aus der Angelegenheit herauswinden kann.

Peinlich könnte es für ihn werden, wenn er auf seiner Felduniform - die ihn, im Fernsehen war sie ja zu bestaunen, auch, wenn der Blogger dies nicht mitbekommen hat - auf dem ihn kenntlich machenden Aufnäher eines wohl nicht allzu fernen Tages den Zusatz "a.D." aufbringen lassen müsste. Dann aber wird er sich wohl sagen: Der "Doktor" muss in jedem Fall erscheinen - auch, wenn dieser nur vorübergehend auf der Bildfläche erschienen ist. Ganz gewiss wird BILD, wo man sich ja auf jeden Fall auf dem "Boden der freiheitlich-demokratischen GRUNZORDNUNG bewegt, sich dieser Konstellation in besonders herrschaftsdienlicher Form anzunehmen verstehen.

Unsereiner, also der kleine Mann, darf zwar wählen - hat aber so gut wie keinen Einfluss auf das, was den hohen Herren - seien sie nun adelig oder nicht - so in den Sinn kommt. Die können im Grunde machen, was sie wollen - resp. das, was sie, überwiegend über die Placierung auf einer Liste in das gesetzgeberische Gremium gelangt, hauptsächlich in den diesem vorgelagerten, inoffiziellen Runden aushecken, dabei ein offenes Ohr für das habend, was ihnen von interessierter Seite mehr oder weniger laut zugerufen wird. Bei allem natürlich immer vorgebend, man handele ja schließlich im Allgemeininteresse und ließen sich die Bedürfnisse der Menschen hier angelegen sein.

Der Blogger erinnert sich noch recht gut eines erst kürzlich gebrachten Fernseh-Magazins, in dem es darum ging, dass Menschen im Osten, die sich gegen die von den Rechten entfalteten Aktivitäten zur Wehr setzen wollen, es sehr schwer haben, sich in diesem Sinne zu betätigen. Jetzt werden sie sogar gezwungen, eine Erklärung dahingehend zu unterschreiben, dass sie auf dem Boden der besagten Grunzordnung stehen und garantieren können, dass dies auch der Fall ist bei einer Gruppierung, mit der sie sich eventuell zusammentun wollen. Damit aber soll gewährleistet sein, dass systemkritische Kräfte - die man nun einmal bei den Linken verortet - den Mächtigen bei der Wahrnehmung ihrer Interessen nicht ins Handwerk pfuschen können. Mit dem, was die Väter des Grundgesetzes sich bei dem von ihnen entwickelten Konzept gedacht haben werden, hat dergleichen nun überhaupt nichts mehr zu tun.

Wenn man hinzunimmt, das vor langen Jahren vom Bundestag beschlossen worden ist, dass das Militär nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland selbst zur Aktion schreiten kann - seinerzeit unter dem Kapitel "Notstandsgesetzgebung" abgehandelt -, dann weiß man zumindest als etwas wacherer Zeitgenosse, dass damit einem Aufbegehren der breiten Masse, welches sich möglicherweise etwas nachdrücklicher bemerkbar machen könnte, von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Und dass dieser Riegel von denen, denen das System in die Hände spielt, anders funktionieren würde als in Ägypten, wo sich das Militär gegenüber den nach ihrem Recht verlangenden Menschen zurückgehalten hat. Und wo diese dann die Möglichkeit hatten, die Gestalten fortzujagen, denen es - wie den Profiteuren des Systems hierzulande - in allererster Linie darum ging, ihre Pfründe zu sichern und ergatterte Vorteile nach allen Regeln der Kunst zu verteidigen.

Es ist doch leider so, dass unsereiner nur die Option hat, die Figuren, die auf der Bühne des politischen Geschehens nach allen Regeln der Kunst - einschließlich der Rhetorikschulung - ihr Interesse an den Belangen ihrer Mitmenschen gemimt haben, immer nur abgewählt werden können. Wozu es dagegen in viel zu beschränktem Maße kommt: dass ein Bürger ein gutes Bauchgefühl haben kann, wenn er sich für eine Partei resp. einen Kandidaten entscheidet, ein Gefühl, welches sich zuverlässig stützen kann auf die gesicherte Erfahrung, dass eben diese Hoffnungsträger etwas in dem Sinne vorangebracht haben, dass sich die Lebensverhältnisse für die Zeitgenossen verbessern. Was natürlich den zwar für mündig erklärten, mittels BILD und ähnlicher Schundgazetten aber auf eine ganz perfide Weise möglichst unmündig gehaltenen Wahlbürger voraussetzt.

In dieser Kunst übt sich auch unser Selbstverteidigungsminister, dem es halt momentan vor allem darum geht, dass die Besserstellung, die er via Promotion erreicht hat, ihm auch erhalten bleibt. Deshalb die "Grunzordnung" - im Sinne der "Animal Farm", die vor langen Jahren von George Orwell in den Vorstellungshorizont der Menschen eingebracht worden ist. Wen man auch nimmt: Keiner hat wirklich etwas mit den Wünschen und Hoffnungen der Bürger im Sinn. Alle sind nur darauf aus, in dem Spiel der Vorteilsgewährung und -annahme realisierenden Kräfte eine möglichst günstige Position einzunehmen. Sich immer darauf berufen könnend, dass sie ja schließlich gewählt worden sind. Dem Bürger bleibt nichts anderes, als diesen Betrieb nur nolens volens zur Kenntnis zu nehmen. Ob nun adlig oder nicht: diejenigen, die sich politisch betätigen, möchten dieses am liebsten nach Gutsherrenart tun. Dass ein Großteil der Bevölkerung dies auch noch für gut befindet - hier kommt die führende Stellung dessen ins Spiel, der es wahrscheinlich auch mit der Zigarettenmarke "Van Anderen" hat -, ist eigentlich ein Armutszeugnis sondergleichen. Eines, das der Wähler sich auch noch selbst ausstellt.

PS: Die "GRUNZORDNUNG", die Sie, werter Herr Michael B. Berger, heute ins Spiel gebracht haben - zu finden in der HAZ-Kolumne oder Glossenreihe "AUS MEINEM PAPIERKORB" -, die also habe ich, wie meine Verwandtschaft und auch Freunde bestätigen können, schon seit einiger Zeit immer denn mal wieder im Mund geführt. Insofern muss ich mich nicht auf Sie als denjenigen beziehen, der auf diese Idee verfallen ist.



Generelles PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dessen Weitergabe oder aber gleich des Blogs via Link*** an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere der dort Tätigen sich besinnt und nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die von Politikern gepflegte, nur dem Eigeninteresse verpflichtete Verfälschung der Wirklichkeit denn doch einmal ein Ende findet und die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als bisher - eine nur nützliche Fiktion."

***Wie ein Link zu übernehmen ist, findet sich in Post 999 dargestellt, und zwar unter PS2.






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    19. Jan. 2011 ... Er ist derzeit einer der gefragtesten Männer in Paris:Stéphane Hessel, ein Grandseigneur und Spätrentner, 93 Jahre alt und Frankreichs ...

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