In der HAZ vom gleichen Tage wird in einem anderen als dem hier mit seinen aussagestärksten Passagen gebrachten Beitrag davon berichtet, dass zwei Jahrhunderte vor der Weimarer Republik, in welcher sich die strengen Regeln zur Erlangung des Doktortitels herauskristallisierten, Professoren immer wieder auch gern einmal zur Feder griffen, um gegen Bezahlung die Dissertation ihres Doktoranden zu schreiben. Aber auch in der Neuzeit treibt das Verlangen danach, sich von seiner nichtsahnenden Umwelt durch besondere geistige Leistungen auszuzeichnen, seltsame Blüten. Gibt es doch beispielsweise den Titel "Dr. des." (Doktor designatus), der von dem mit seiner Arbeit auf dem wissenschaftlichem Terrain Angetretenen schon vor dem Abschluss aller Prüfungen und vor Erhalt der Promotionsurkunde verwendet werden darf - etwa auf seinem Briefkopf.
Laut Aussage des Redakteurs Sebastian Harfest, der den entsprechenden Beitrag verfasst hat, kommen rund 60 Prozent der Promovierenden - bei jährlich insgesamt rund 700 vom Gabler Verlag, dem für die Publikation von Dissertationen in Deutschland zuständigen Haus in Buchform herausgebrachten Doktorarbeiten - um die Erlaubnis ein, den von ihnen angestrebten Titel schon vor der offiziellen Zuerkennung führen zu dürfen. Der Autor führt dazu näher aus: "Der Verlag stellt dem Doktor in spe dazu einen sogenannten Verlagsvertrag zur Vorlage bei der Fakultät aus, in dem der voraussichtliche Veröffentlichungstermin angekündigt wird. 'Die meisten Dekanate akzeptieren das', sagt Brich [Mitarbeiter beim Gabler Verlag]. An der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover machen sogar 85 Prozent der Doktoranden von dieser Möglichkeit Gebrauch."
Zu zu Guttenberg , dem Gutten (erstaunlicherweise bemäkelt das Rechtschreibprogramm des Computers diese Schreibung nicht), heißt es in dem hier überwiegend inhaltlich referierten Artikel einleitend: "Dem ehrgeizigen CSU-Nachwuchspolitiker Karl-Theodor zu Guttenberg kam es im Jahr 2007 nicht nur darauf an, einen Doktortitel zu bekommen. Es sollte vor allem auch schnell gehen. Guttenberg habe nach der mündlichen Prüfung im Februar 2007 einen Antrag auf vorzeitiges Führen des Titels gestellt, sagte der Bayreuther Jura-Professor Diethelm Klippel im Gespräch mit der 'Augsburger Allgemeinen'. Dem Antrag sei stattgegeben worden."
Stattgegeben wurde ihm nicht zuletzt - oder auch hauptsächlich - in Anlehnung an einen Vorgang, der sich in der Ausgabe 47 der HAZ folgendermaßen darstellt, dem Ganzen eine besonders pikante Note verleihend: "Sponsoring gehört zum Universitätsalltag. In Zeiten knapper Kassen sind Förderer im Wissenschaftsbetrieb gern gesehen. Doch wie verhalten sich die Lehrenden gegenüber Prüflingen, deren Familienunternehmen eine dreiviertel Million für die Hochschule aufgebracht hat?"
Im Weiteren notiert der Name des Unternehmens - Rhön Klinikum AG - und der Fakt, dass Guttenberg, der Gutte [hier mäkelt das Rechtschreibprogramm rum], zu der Zeit, als der entsprechende Vertrag geschlossen wurde, in dessen Aufsichtsrat saß. Ein Schelm, der Arges dabei denkt! Und dann möglicherweise sogar auch noch ausspricht. Er sollte es lieber lassen, denn, wie aus dem vorstehend gebrachten Text ersichtlich, muss er dann von dem Gutten sogar eine Retourkutsche erwarten - in Gestalt eines ganz schweren Geschützes, der Klage wegen Rufschädigung. So ist es dann auch ratsam, nicht weiter auf der mittlerweile ruchbar gewordenen Variante in der Betrachtung des ganzen Vorgangs herumzureiten, nach der über 70 Prozent des mit der Höchstauszeichnung "Summa cum laude" bedachten wissenschaftlichen Expertise unter fremder Federführung entstanden sind.
In dem oben erscheinenden Beitragsausschnitt ist zunächst einmal Folgendes nachzulesen - und eben hier menschelt es: ".... dass er während seiner siebenjährigen Promotionsphase auch als junger Familienvater überfordert gewesen sei: 'Ich war sicher so hochmütig zu glauben, dass mir die Quadratur des Kreises gelingt', sagt er mit Hinweis auf seine damaligen politischen, wissenschaftlichen und familiären Ambitionen." Dann besonders interessant darin auch die folgende Feststellung: "Absetzbewegungen sind auch in der Führung der FDP zu beobachten. 'Hoffentlich hat er seine Doktorarbeit am vergangenen Wochenende nicht zum ersten Mal gelesen', prustet ein prominentes Mitglied der Parteiführung -.......".
Und - durch Markierung in dem Text hervorgehoben, das, was dem, der so gerne mächtig-gewaltig daherkommt, natürlich auch nur wieder in den Sinn kommen kann: "Guttenberg, der Vielgescholtene, droht seinen Kritikern gar mit Klagen wegen übler Nachrede." Nun ja, wenn er sich so gerne weiter verrennt: soll er doch ruhig! Hallo, all Ihr Gutten um den Guttenberg herum! Ihr solltet allmählich doch mal registrieren, dass dieser Typ nur mimen kann, dass da nichts, aber auch gar nichts ist - außer seinem blauen Blut und seinem durch seine Herkunft bedingtes selbstsicheres Auftreten -, was den Anspruch erheben könnte, vorbildlich zu sein. Nein! Es ist einfach nur eine ganz einfache wie fiese Masche, die von Guttenberg, dem Gutten, ersonnen worden ist: Möglichst große Töne spucken, die Umwelt durch manchmal unkonventionell Klingendes zu beeindrucken - und im Übrigen abwarten, ob man ihm wohl auf die Schliche kommt.
Jetzt ist man ihm auf die Schliche gekommen. Und da bleibt er sich weiter treu: Er mimt den Einsichtsvollen, gibt den reuigen Sünder, zieht alle rhetorischen Register, die ihm zur Verfügung stehen, macht in Bescheidenheit - mit all dem auch wieder einen ordentlichen Budenzauber veranstaltend, mit dem er "im Unterholz des Lebens" - s. nachfolgendes Bildmotiv - besser zurechtzukommen vermeint. Und er wird wohl zurechtkommen. Denn: In einem Staat, in dem sogar schon der Verzehr eines einzigen Brötchens etwas außerhalb der in seinen Normen vorgeschriebenen Weise unerbittlich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes geahndet worden ist und in dem ein Ladendieb seine Tat nicht dadurch ungeschehen machen kann, dass er das entwendete Gut zurückgibt: In diesem Staat werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt - aus letzterer heraus schreibend vor allem die Pappnasen von BILD, um es dem Adelsspross nur ja recht zu machen.
In der Hoffnung, dass er in seinem Blog nicht eine sich endlos lang hinziehende Affäre immer wieder aufgreifen muss, stellt dessen Betreiber hiermit vorerst abschließend noch einen Leserbrief vor, der in der fraglichen Angelegenheit auch soeben erst in der HAZ veröffentlicht worden ist - gezeichnet von einem Volkmar Karwarth. Der mit ihm wohl ein in der Bevölkerung weit verbreitetes Unbehagen auf den Punkt bringt - dabei das konterkarierend, was sich in unserem Revolverblatt und bei den Blödmännern, die unsereiner im Dschungelcamp verblöden lassen wollen, in dem krampfhaften Bemühen dokumentiert, ihn, den Gutten, als unwahrscheinlich populär zu verkaufen.
"Vertrauen enttäuscht
Eine Bischöfin, die über 'Werte' predigt, zieht nach einer unüberlegten Kurzschlusshandlung ihre Konsequenzen und tritt zurück, weil sie ihrer Meinung nach künftig unglaubwürdig erscheint. Über diese Entscheidung war ich traurig - verstand sie aber. Ein Politiker, der über 'Werte' referiert, begeht mit 'Wissen und Wollen' einen Betrug; er zieht - leider viel zu spät - seine Minikonsequenz, indem er auf seinen Titel verzichtet. Über seine künftige Glaubwürdigkeit macht er sich augenscheinlich keine Gedanken. Dies ist der Unterschied zwischen gelebten Werten und den Werten eines Politikers. Hatte ich bislang mit der Figur 'zu Guttenberg' die Hoffnung auf Ehrlichkeit und Geradlinigkeit (eine Rarität bei Politikern), wurde dieses Vertrauen enttäuscht."
Auch wenn seitens der in unserem Gemeinwesen tonangebenden Vertreter der bessergestellten Schichten deren Wunschvorstellung in die Weltgeschichte hinausposaunt wird, dass die Fahne Guttenberg an den beim Militär stehenden Masten weiter aufgezogen wird: der Blogger räumt diesem Kampf und Krampf nur sehr wenig Erfolgschancen ein. Eben weil bei den Peinlichkeiten, die in dieser unsäglichen Angelegenheit an den Tag treten, das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Werte Frau Merkel: Ich schätze mal, dass Sie sich bei Ihrem wahltaktischen Überlegungen, diesem eigentlich unhaltbaren Polit-Kasper Ihre Unterstützung zuzusichern, einigermaßen verkalkulieren.