Sonntag, 28. Dezember 2008

145 Die etwas andere Presseschau - hier: Auf Entdeckungsreise in und mit der FAS/1 Kern: Lifestyle, Nationalglück und Glückseligkeit.

Nicht nur solche Kontrapunkte gibt es in der FAS. Sondern noch so manches mehr, was eine nähere Betrachtung verdient. Ab heute sollen in regelmäßigen Abständen - nach Möglichkeit zeitnah zu dem Erscheinen einer neuen Ausgabe dieses Blattes - Sachverhalte erörtert werden, die in dieser jetzt schon zum dritten Mal seit Erscheinungsbeginn 2002 zum schönsten Presseorgan der Welt gekürten Zeitschrift zur Darstellung gelangt sind. Gedanklich verknüpfen lässt sich der Ansatz zu diesem Projekt vielleicht mit dem von Reader's Digest. Noch zum Urteil der renommierten amerikanischen Jury in Sachen FAS: Man sehe sich bei deren Lektüre praktisch in einer Galerie.

Im Reiseteil der Schlussausgabe '08, also der Nummer 52, findet sich die Überschrift: "Eine schrecklich entspannte Familie - Wenn das Karmakonto überzogen ist: Über die Feiertage atmen müde New Yorker in Yoga-Ashrams auf dem Lande durch".

Berichtet wird in dem Artikel von dem Ananda-Ashram, welches von dem Neurochirurgen und Sanskritgelehrten Ramamurti S. Mishra nördlich New York am Fuße der Catskill Mountains eingerichtet worden ist. Nach der Gründung der Yoga Society of New York im Jahre 1964 durch den jetzt Shri Brahmananda Sarasvati genannten Gelehrten. "In seinem Appartment in Astoria, Queens, hatten schon vorher New Yorker Künstler und Schriftsteller den außergewöhnlich gut aussehenden Inder, der am Bellevue Hospital arbeitete, besucht, um zu meditieren."

Von seinem Vater dazu verdonnert, Unterricht in Sanskrit zu nehmen, wurde diese alte Sprache für den Jungen eine Fundgrube mit Entdeckungsmöglichkeiten ohne Ende. "Die älteste der indoarischen Sprachen gilt als 'heilige Sprache', als 'Sprache des Herzens', und was erst wie eine Strafe klang, wurde für den Jungen die Erlösung. 'In jedem anderen System verfolgst du Gott mit hängender Zunge - in Sanskrit rennt dir Gott hinterher' ": dieses Resummee des Gelehrten gibt die Autorin Kristin Rübesamen zum Ende des ersten Viertels ihres Beitrages wieder. Um den Aspekt an dessem Ende noch dahingehend zu ergänzen, dass sie eine aus dem Ruhrpott stammende Schülerin, die sich Bharati nennt, folgendermaßen zitiert: " 'Sanskrit ist die Sprache der Unendlichkeit. In den Händen von Oxford und Cambridge ist sie verloren. Da vibriert ja nix.' ".

Sanskrit hat für das Wort "Glückseligkeit" die Übersetzung "Ananda". Um Glück geht es auch in dem nebenstehenden Artikel. Der, obwohl mehr als "Zwischenruf" konzipiert, den Verantwortlichen in unseren Landen wirklich reichlich überlegenswerten Stoff liefert.
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Wo hätte denn bei uns und anderswo das Nationalglück je eine Rolle gespielt - abgesehen von der Zwangsbeglückung mit dem deutschen Wesen, die den Nazis so vorschwebte? Zwangsbeglückung stand auch auf dem Programm der Kommunisten, die bis zum Zusammenbruch des Systems in der Sowjetunion das Sagen hatten. Im Feuilletonteil der heutigen Ausgabe stellt der frühere sowjetische Botschafter in Paris und sich nach einer Dolmetschertätigkeit insbesonders als Autor betätigende
Viktor Jerofejew die Lage des Landes recht dramatisch dar. Unter der Überschrift "Fröhliche Hölle".

Der Artikel wird eingeleitet mit den folgenden Worten: "Russlands größter Feind ist die eigene Bevölkerung. Folter ist ein Schlüsselwort im Leben der Russen. Russland hat immer, durch seine gesamte Geschichte hindurch, sein Volk tyrannisiert, gequält und verhöhnt. Bemäntelt von den ideologischen Doktrinen des Zarisums oder Kommunismus, vernichtete es absichtlich das Volk in apokalyptischen Dimensionen - durch Kriege, Hunger, Epidemien, Säuberungen oder Repressionen. Dabei zwang es die Bevölkerung, den russischen Staat zu lieben und ewig 'Hurra!' zu schreien."

Im Weiteren heißt es, diesen Gedanken fortführend: "Russland hat die menschliche Natur immer verachtet und sie, angepasst an seine totalitäre Ideologie, verbessern wollen." Auf die Gegenwart kommend, stellt der Autor fest: "Heute jedoch ist Russland ein ideologischer Krüppel. Es kann nicht begreifen, wozu es existiert. Es verfügt über keine nationale Idee, die fähig wäre, das Land zu einen.....In all dem apokalyptischen Wahnsinn macht sich die Bevölkerung das Ideenvakuum zunutze und ertastet sich, zwischen den Ruinen moralischer Werte umherirrend (Russland hat im Laufe des letzten Jahrhunderts zweimal seine Grundwerte geändert: während der Revolution von 1917 und nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991), den Weg zu einem Privatleben."

"Privatleben - das sind brechend volle Restaurants im ganzen Land," heißt es weiter, wobei die private Prosperität den tragenden Pfeiler in der Gesamtdarstellung bildet, "das sind Autostaus in den Großstädten, das sind zahlreiche von ihren Ausmaßen her unglaubliche Landhäuser, um die uns Bayern und Kalifornien beneiden können, das sind Nachtklubs und Diskotheken, in denen sich die jungen Leute so exzessiv amüsieren, das Amsterdamer Zerstreuungen dagegen schal erscheinen......Die Philosophie des Privatlebens springt uns von jedem Reklameplakat entgegen, mit denen die russischen Städte zugepflastert sind. Das gilt auch für die wahnsinnige Begeisterung für das Internet als persönliches Kommunikationsmittel. Aber was am interessantesten ist: Das gesamte russische Fernsehen ist von der Philosophie des Privatlebens durchdrungen. Bei Nachrichten und politischen Sendungen hat der Kreml freie Hand,.....aber die ganze übrige Zeit preist das Fernsehen die Annehmlichkeiten des Privatlebens - in Schlagern, Serien, humoristischen und sonstigen Unterhaltungsshows."

Zurückblickend in die Geschichte, resümiert der Autor: "In der russischen Geschichte gab es praktisch nie Raum für ein freies Privatleben. Schon Dokumente der Kiewer Rus aus dem 10. Jahrhundert enthielten einschränkende Verordnungen. Männer durften den Bart nicht abrasieren, Frauden die Haare nicht abschneiden. Man durfte keinen engen Umgang mit Andersgläubigen pflegen, sogar mit ihnen essen war verboten." Über Peter I., der strengste Verbote für jede Form von persönlicher Freiheit einführte und den Polizeistaat begründete, gelangt der Autor zu einem Intermezzo, inszeniert von Zar Peter III. Der gab 1762 einen Erlass heraus, der von der ansonsten sich repressiv darstellenden Linie abwich - mit Geltung allerdings nur für den Adel. Am 18. Februar des fraglichen Jahres "erhielten die Adligen das Recht, dem Staat nicht dienen zu müssen, frei und ungebunden auf ihren Landgütern zu leben und ungehindert ins Ausland zu reisen. Das war der glücklichste Tag in der Geschichte des russischen Adels. Vielleicht kann man gerade mit diesem Datum den Beginn des Privatlebens in Russland verbinden. Aber auch nach dieser Reform, die zugleich bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die Leibeigenschaft für Millionen von versklavten Bauern nur weiter zementierte, wurde das Privatleben durch die zaristischen Behörden streng kontrolliert. Erwähnt sei nur, dass ein Beamter nicht ohne Erlaubnis seines Vorgesetzten heiraten durfte." Viktor Jerofejew gelangt dann zu einem weiteren Intermezzo: "Erst mit der Revolution von 1905 wurde das Privatleben in Russland wirklich frei, und diese Freiheit dauert zwölf Jahre an. In der gesamten Geschichte nur zwölf freie Jahre...! Dann kamen die Kommunisten, die das Privatleben praktisch für rechtlos erklärten und die Menschen zu echten Sklaven des Staates machten."

"Die ersten Anzeichen eines Privatlebens tauchten in der UdSSR wieder nach Stalins Tod auf. Das waren die berühmten Stiljagi - junge Leute, die sich modisch und stilvoll anziehen wollten. Gegen sie kämpfte der Staat, über sie spottete die russische Literatur." Noch weit war es hin zu einer zweiten Zäsur in der Geschichte der Unfreiheit der Menschen in Russland - der Perestrojka, bei der "das kollektive 'Wir' (als Ziel der Geschichte)...allmählich durch die individuelle 'Ich' ersetzt" wurde.

Bei allen Vorbehalten, die der ehemalige Botschafter der UdSSR gegenüber der von Jelzin und dann von Putin betriebenen Politik im Einzelnen hat, dieses zum Beispiel an Gründung kremlfreundlicher Jugendorganisationen nationalistischen Typs festmachend: der Umstand, dass sie zum zweiten Mal in der russischen Geschichte die Voraussetzungen für die Bildung eines Privatlebens schuf und schafft, will ihm demgegenüber als Hoffnungsschimmer wichtiger erscheinen.

Abschließend heißt es bei Jerofejew: "Wenn sich aber dieses ideologische Vakuum fortsetzt, wird das Privatleben in Russland in den nächsten Jahren so stark werden (lässt man mögliche Krisenszenarien außer Acht), dass es mit keinerlei propangandistischen Bomben zerstört werden kann. Das Privatleben in Russland ist seine Rettung. Dadurch und durch die allmähliche Entwicklung familiärer Werte kann Russland zu Aufklärung und Modernisierung kommen und einen Platz in der Gemeinschaft der demokratischen Länder erlangen."
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Diese beiden unter den Aspekt der nationalen Prosperität zu stellenden Darstellungen finden sich in der aktuellen FAS-Ausgabe im Feuilletonteil auf den Seiten 21 und 22. Auf der ersteren geht ist um die Situation in Deutschland, für die ein "Stillstand" konstatiert wird. Da ich niemandes Leselaune überstrapazieren möchte, hier nur die beiden Zwischenüberschriften: "Investigative Kritik ist ein aussterbendes deutsches Handwerk, dem nur noch das Freiluftmuseum fehlt." "Skandale werden nicht mehr richtig beendet. Stattdessen: aussitzen, wegducken, Klappe halten."
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Im Immobilienteil geht es um Museen. Die zum Verweilen einladen und damit in Kontrast treten zu den hektischen Abläufen im wirtschaftlichen und politischen Alltag. In Fortführung der Überschrift heißt es dort: "Museen haben an Bedeutung gewonnen. Städte, Architekten, aber auch der Einzelhandel setzen auf Erinnerungskultur. Das Ergebnis ist eine immer vielfältigere Ausstellungslandschaft." Der wichtigste Aspekt tritt auch in einer Zwischenüberschrift hervor: "Museen bieten eine Kompensation für unsere Welt des schnellen Wegbeschleunigens." Aus dem laufenden Text sei noch folgender Kommentar zitiert: "" 'Museen sind Motoren für die Stadtentwicklung, wenn es ihnen gelingt, kulturelle Ansprüche mit den eher wirtschaftlich getriebenen Anforderungen des Stadtmarketings in Einklang zu bringen.... Allerdings müssen sich die Architekten und ihre Auftraggeber dafür dezidiert auch auf den Ort und die Sammlungen einlassen und ein originelles Ergebnis erarbeiten. Der Marketingwert allein darf nicht dominieren.' ".

Hierzu abschließend nur noch die Links hin zu einigen Ausstellungskonzepten: www.khm-magdeburg.de , www.lenbachhaus.de , www.staedelmuseum.de .
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PS: Es ist mir unerfindlich, wieso im Browser Mozilla Firefox mit einem Mal eine ganze Reihe von Gestaltungselementen einfach verschütt gegangen ist. Dem habe ich bis dato - aus Gründen, die sich in Post 114,
diesen abschließend, dargestellt finden - den Vorzug gegenüber dem Internet Explorer gegeben. Angesichts dieser neuen Sachlage ergeben sich für mich Veränderungen in der Bewertung der Leistungsangebote.
AUF JEDEN FALL: DEN BROWSER INTERNET EXPLORER NUTZEN, UM DIE TAGEBUCHEINTRÄGE MIT IHREM VOLLEN GEHALT ZU SICHTEN!!!



















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