Sonntag, 6. März 2011

1090 Was hat es eigentlich noch mit Demokratie zu tun, wenn von den Politikern pausenlos in die Taschen des Juste Milieu gewirtschaftet wird?



Zu dem im Titel erscheinenden fremdsprachlichen Begriff zunächst die dazu bei Wikipedia gelieferte Auskunft:

".....Politisches Schlagwort [Bearbeiten]

Als politisches Schlagwort wurde Juste milieu nach der französischen Julirevolution von 1830 zur Charakterisierung der politischen Leitkategorie des „Bürgerkönigs“ Louis Philippe sowie der tonangebenden bürgerlichen Gesellschaftsschicht verwendet. Ein prominenter Theoretiker des Juste Milieu war Benjamin Constant.

Der Begriff fand unter Vermittlung des Jungen Deutschland Eingang in den deutschsprachigen Raum. Er diente insbesondere den Autoren des Vormärz für ihre Angriffe gegen den Liberalkonservatismus. Die Kritik richtete sich gegen die politischen „Halbheiten“ und die vorherrschenden wirtschaftsliberalen Grundsätze der Zeit, versinnbildlicht im Motto des Enrichissez-vous. Karl Gutzkow bezeichnete das Juste Milieu als „Glaubensbekenntniß [von Börsenmännern], das es mit Niemanden verderben will, und das überall unterliegen muß, wo es Doktrin ist, und mit positiven Zweken umgeht, da aber die Oberhand behält, wo es nur eine Maaßregel der Schlauheit und klugen Berechnung eines Einzelnen ist“.[2]

Der Begriff des Juste Milieu ging während des Zweiten Kaiserreichs und der Dritten Republik in den der mittleren und hohen Bourgeoisie beziehungsweise des Großbürgertums über. In der politischen Diskussion erscheint er heute noch als polemisches Schlagwort gegen dominierende zentristische und vermittelnde Positionen. ....."
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht nur "Essensfälscher" sind in unseren Landen unterwegs. Wie man ja am Fall Guttenberg bis dato hinreichend deutlich werdend ersehen kann. In diesem Lande natürlich auch wieder tonangebend das "Juste Milieu", wie es in unserem Nachbarland einmal bezeichnet worden ist. Klar, dass sich auch die Lebensmittelproduzenten in diesem Milieu bewegen. Der, den Seehofer zum "Größten" ausgerufen hat, aus Guttenberg kommend und jetzt wohl wieder häufiger dort domizilierend - einfach "wohnen" tut so einer ja nicht! -, der darf wohl füglich als dem fraglichen (treffender eigentlich: fragwürdigen) Milieu zugerechnet werden.

Den KTG hat die FAS Gott sei Dank so richtig schön hat vorführen können - auch noch mit ihren satirisch gefassten 18 Tipps für das Abfassen von wissenschaftlichen Arbeiten. Von denen sich die nach Einschätzung des Bloggers beiden gelungensten dem Cartoon beigesellt finden (Tipp 1 und Tipp 18). Der Satz, den Bart Simpson wohl so um die hundertmal schreiben muss, das "NON LICET MIHI TRANSCRIBERE" lautet in der Übersetzung, der Deutlichkeit halber sei's gesagt: "Ich darf nicht abschreiben".

In diesem Milieu angesiedelt und qua Standeszugehörigkeit der breiten Masse besonders weit entrückt, hat KTG offensichtlich darauf vertraut, dass ihm niemand wegen seiner Schummeleien auf den Pelz würde rücken - so die denn überhaupt würden wahrgenommen werden können. Dass man jetzt das KTG auch anders lesen kann, nämlich "KEINER TRAUT GUTTENBERG": sein Pech!
Ganz selbstverständlich in erster Linie gerade auch diesem Milieu verpflichtet die drei danach erscheinenden und von dem Blogger mit dem Kürzel "pol-politclowns" in seinem Archiv untergebrachten Politiker. Brüderle dabei selbstgefällig vor sich hin gniegelnd in der ruhigen Gewissheit, die Geschäfte für die Herren im Lande weiter bestens besorgen und aus dieser Funktionserfüllung dann auch den erhofften Nektar saugen zu können. Und Seehofer sowie Westerwelle völlig unbesorgt wegen der gesunkenen Sympathiewerte - ersterer dabei in aller Gemütsruhe verkündend, dass er trotzdem fest im Sattel sitze.

825 Geschlossene Fonds u.a.m.: Wie in unseren seltsamen Verhältnissen alles nur darauf angelegt ist, dass Leute den ganz großen Schnitt machen können.


Man mag doch nehmen, was man will: Immer werden, wie in dem vorstehend gebrachten Eintrag festgehalten, die Interessen derjenigen bedient, die auch hierzulande nur darauf aus sind, den ganz großen Schnitt zu machen - resp. vermeiden wollen, dass man sie zur Kasse bittet:
  • Ob es nun das sich mehr und mehr als Flop erweisende E10 ist - durch welches in erster Linie die Autoproduzenten davor bewahrt werden sollen, größere Ausgaben für die technische Umrüstung ihrer Produkte in Richtung einer stärkeren Klimaverträglichkeit zu tätigen
  • ob es der perfide Zuschnitt eines Bauvorhaben in der Landwirtschaft betreffenden Gesetzes ist - durch welches die Errichtung der Super-Mästereien überhaupt erst möglich geworden ist;
  • ob es der Ausstieg aus dem Ausstieg von der Atomenergie ist - durch welchen den vier Energieriesen ermöglicht wurde, weiterhin unter für sie extrem günstigen Bedingungen Strom für den Export zu erzeugen, so dann Abermilliarden einstreichen könnend;
  • ob es die Banker sind, die aus der Staatskasse riesige Summen zugeschoben bekommen, die sie sich dann gleich freudigst dahingehend zunutze machen, einander extraorbitante Boni auszuzahlen;
  • ob es der Finanz"dienstleister" AWD ist, dessen Chef seine Drückerkolonnen ungestört vor allem auf unbedarfte ältere Herrschaften hetzen konnte, die denen dann ihr mühsam Erspartes beim Abschluss ganz windiger Verträge abluchsen konnten - sich dabei auch noch ganz offener Sympathiebekundungen seitens Schröder, Wulff und Konsorten erfreuend;
  • ob es die sogenannte Gesundheitsreform ist, bei der Ärzte und vor allem die Pharmakonzerne bestens wegkommen, der kleine Mann aber ganz, ganz tief in die eigene Tasche greifen muss, will er auch nur das Notwendigste erhalten ........, oder, oder, oder:
Immer lässt sich das - natürlich immer schön verkleidete - nackte Interesse ausmachen, den Herrschaften im Lande zu möglichst großen Profiten zu verhelfen. Um dafür dann wiederum von diesen Herrschaften fürstlich belohnt zu werden. (Tückischerweise hat der Blogger den Leitartikel-Ausschnitt zum Thema E 10 in einen grünen Rahmen gestellt, welches von den Handlangern der Industrie - die sich gerne als Politiker ausgeben - ja so eingekleidet wird.)
Bevor der Blogger hierzu mehr sagt, zieht er erst einmal das heran, was er in der gerade auf seinem Schreibtisch aufgeschlagen liegenden FAS von heute liest - unter dem Titel "Gerechtigkeit und Würde" von der Journalistin Christiane Hoffmann geschrieben und von ihm an den Punkten mit Ziffern versehen, die ihm kommentarwürdig erscheinen: "... Die Umstürze sind ohne Führungsfiguren ausgekommen und ohne Ideologie. Freiheit, vor allem im Sinne von (1.) Meinungsfreiheit, nicht im Sinne von (1.) wirtschaftlichem Liberalismus, spielt eine Rolle. Die wesentliche Triebfeder der Revolten aber sind die Forderungen nach (2.) sozialer Gerechtigkeit und einem (2.) Leben in Würde. Es ist ein todesmutiges Aufbegehren gegen die (3.) Arroganz korrupter Herrschaften, gegen ihre schamlos zur Schau gestellte (3.) Bereicherung, gegen die (3.) Privilegien und den Luxus der wenigen. ...

Das Beispiel Russlands und der Ukraine zeigt, dass eine demokratische Verfassung und ein demokratisches Wahlrecht nicht ausreichen, um halbwegs (4.) gerechte Lebensverhältnisse zu garantieren. Die Lektion wurde im Irak und in Afghanistan wiederholt. Am Ende (5.) teilen die alten oder neuen Eliten Macht und Ressourcen in einer (6.) Pseudo-Demokratie unter sich auf. ...
Als Verfechter seiner Werte ist der Westen ohnehin (7.) unglaubwürdig geworden: durch seine Allianz mit den Diktatoren, durch die Kriege im Irak und in Afghanistan. Der Westen ist zur Quantité négligeable geworden. Und er sollte aufhören, in den arabischen Revolutionen einen (8.) Sieg seiner Werte zu feiern, und sich darauf einstellen, dass sein Einfluss in dieser vermutlich auf längere Sicht instabilen Region weiter schwinden wird."

Generell sei zu dem von Ch. Hoffmann über die politische Situation in Nordafrika Ausgeführten vorwegnehmend festgestellt, dass im Grunde nur ein gradmäßiger Unterschied zwischen den Verhältnissen dort und denen hierzulande besteht. In unseren Breiten möchte der reißende Löwe zwar gebändigt erscheinen und setzt auch alles daran, möglichst harmlos zu erscheinen: tatsächlich aber kann er natürlich sein Temperament nicht verleugnen. Wobei wir a) natürlich einigermaßen froh darüber sein müssen, dass es in Europa nicht zu solchen Gewaltexzessen kommt wie in der bezeichneten Region, b) aber auch gute Gründe haben, im Sinne des in diesem Eintrag wieder einmal ganz zum Abschluss Festgestellten nach einem Mehr von Demokratie zu verlangen. Zu den vorstehend markierten Punkten sei gesagt

ad 1.) dass der Geist des Neoliberalismus, welcher gerade auch hierzulande mehr und mehr die Verhältnisse zu bestimmen im Begriff ist, das Zeug hat, potemkinsche Dörfer zu errichten. Indem nämlich die glänzende Fassade der Meinungsfreiheit nur noch mühsam aufrechterhalten wird. Und weil bei allem, was sich hinter ihr als Äußerungsform eben dieses Geistes immer hässlichere Gestalt annehmend abspielt, nur noch von einem Hohnlachen derer begleitet wird, die die Lebensmöglichkeiten und die Lebensfreude ihrer Mitmenschen so weit wie möglich einzuschränken sich auf die Fahne geschrieben haben.

ad 2.) dass die herrschende Clique alles daran setzt - in diesem Zusammenhang sei nur auf Hartz IV., den Herrscher über die Entrechteten, verwiesen -, den Landsleuten, also uns, jegliches Gefühl von eigener Würde zu nehmen. Wobei die soziale Gerechtigkeit, wie sich an zig Punkten aufzeigen ließe, einfach nur den Bach runtergeht.

ad 3.) dass die Arroganz der Herrschaften auch hierzulande fröhliche Urständ feiert. Wie sich auch aus der Hofberichterstattung der Yellow Press oder an der etwa eines Peter Hahne ersehen lässt. Der, die "Second Lady" im Lande interviewend - die "First Lady" sollte ja nach dem angeblichen Ratschluss des Volkes die Stephanie aus, von und zu Guttenberg sein, die allen über ist -, nichts anderes zuwege bringt als ein paar läppische Fragen. Und der im Übrigen dann nur noch zustimmend mit dem Kopf wackelt, sich dabei sogar erkennbar darüber freuend, dass er die ungemein wichtige Mitteilung erhält, die nicht mehr gefühlte "First Lady" habe in einem Raum des Schlosses Bellevue ihrem Gatten einen Spieltisch hingestellt, auf welchem er beispielsweise auch zeichnen könne. Mit welcher Arroganz die Herrschaften auch hierzulande aufzutreten belieben, das wird von der Affäre Guttenberg wie in einem Schlaglicht ganz schön erhellt. Aber etwa auch durch das selbstherrliche Agieren von Schlecker, der sein Imperium mit der Errichtung neuer Märkte so gestaltet hat, dass in ihm nur noch ganz miserabel besoldete Angestellte tätig werden können. Oder auch dem rücksichtslosen Auftritt der Energieriesen auf dem Strommarkt, den sie, dabei untertänigst von der "Regierung" begleitet, durch das Festhalten an der Atomenergie in ihrem Sinne bestimmen möchten. Oder, oder, oder....
ad 4. - 6.) dass auch hierzulande alles andere als gerechte Verhältnisse herrschen, weil die alten Eliten es immer verstanden haben, sich allüberall breit zu machen - dabei jetzt nicht mehr ein Klima der Angst durch eine aufmarschierende Gestapo oder SA oder SS züchtend, sondern es dadurch befördernd, dass die von ihrem Arbeitsplatz Abhängigen in immer größere Sorge um eben diesen versetzt werden: Geradezu genüsslich lassen sie doch in den Medien immer wieder vorführen - und hier zeichnen sich die Privatsender im Fernsehen, wie könnte es anders sein, besonders aus -, in welch elenden Verhältnissen Zeitgenossen leben, die eben diesen Arbeitsplatz verloren haben. Derweil lassen Banken wie Unternehmen im Volk ausstreuen, sie erbrächten "LEISTUNG MIT LEIDENSCHAFT". Wobei sich der Blogger an das wohl von Goethe stammende Wort erinnert sieht, welches da heißt: "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft". Um den Bogen hin zum Juste Milieu hin zu schlagen: Die hierzulande wirklich Herrschenden teilen doch auch nur Macht, Ressourcen und Pfründe unter sich auf - und sind im Übrigen nur darauf aus, aus der Unzufriedenheit der Masse ein möglichst großes Maß an Honig für sich zu ziehen. In unserer Historie etwa festzumachen an der Unperson Hitler. Daran beißt auch die in dem aus einem Apothekenblatt entnommene Maus keinen Faden ab. Den man ihr ja auch schon gar nicht gönnen mag.

ad 7. + 8.) dass eben diese Unglaubwürdigkeit daraus resultiert, dass der Westen - und damit auch unser von den Mächtigen als gern als Demokratie dargestelltes und gepriesenes Land - im Grunde so gut wie nichts an Werten aufzubieten hat, was bei näherer Betrachtung wirklich Bestand hätte. Will man diese Aussage an Personen festmachen, dann braucht man sich etwa nur die folgenden Zeitgenossinnen und -genossen vor Augen zu halten: Die Hells Angels, die so gut wie ungestört ihre kriminellen Intentionen verfolgen können; eine Losverkäuferin wie die Lierhaus, die, weil sie die Geschäfte der Fernsehlotterie betreibt, eine Wahnsinnsgage einstreichen darf; dto. die Fußballspieler, die, sich an sieben Tagen in der Woche auf den Bildschirmen tummelnd, zu Größen übermenschlichem Format herangezüchtet werden, ...... alles mit dem Hintergrund, dass da, wie in dem Abschlusskasten, immer eine Spinne im Netz sitzt, die nur darauf wartet, dass ihr eine ordentliche Beute ins Netz geht.

Fazit - zu dem der Blogger auch schon an anderen Punkten gelangt ist: Das, was die Demokratie westlichen Zuschnitts ermöglicht, ist, dass man seine Peiniger selber küren darf. Und dass man die, treiben sie es gar zu schlimm, zwar abwählen kann, damit aber nur erreichend, dass andere Peiniger zum Zuge kommen. Die sich dann ja wieder darauf berufen können, dass man sie ja schließlich in ihr Amt gewählt habe. Ist es etwa keine Pein, wenn den Bürgern - um das ganz aktuelle Beispiel E 10 zu nehmen - via gesetzlich verfügter Abgabequote für die Tankstellenpächter aufgenötigt wird, die Beschädigung ihres liebsten Besitzstandes, des Autos, einfach so hinzunehmen?

PS: Da das nachträglich eingebrachte, in der jüngsten FAS-Ausgabe veröffentlichte Werbematerial der beiden Unternehmen AEG und Deutsche Bank infolge der schlechten Wiedergabemöglichkeit per Foto nicht lesbar ist, sei hier das Gesülze zitiert, zu dem man sich in den PR-Abteilungen aufgeschwungen hat: "Spitzenleistung. Weltweit. Für Sie persönlich. Das Private Wealth Management der Deutschen Bank wurde von Euromoney in 20 v0n 34 Disziplinen als Nr. 1 ausgezeichnet. Es ist unser Anspruch, das Vermögen unserer Kunden zu schützen und zu mehren. Besuchen Sie uns an einem unserer 36 Standorte in Deutschland oder erfahren Sie mehr auf www.pwm.db.com/de."

AEG geht so in die Vollen: "... ein anspruchsvolles ästhetisches Prinzip, das Peter Behrens 1909 bei AEG etablierte, ein Mann, der weitläufig als der welterste industrielle Designer anerkannt ist, eine Inspiration für viele Leitfiguren des Modernismus. Das Prinzip 'Perfekt in Form und Funktion'. ... So viel mehr als elegantes Design. So viel mehr als ausgeklügelte Ingenieursleistung. Denn unter der Oberfläche verbirgt sich echtes Feuer und Leidenschaft.....(www.aeg.de)".

Apropos Feuer: Wer wird denn wohl bei solchem Gesülze noch an die unrühmliche Rolle in unserem glorreichen Tausendjährigen Reich denken, bei der dieses Unternehmen ...... ach: alles Weitere verkneift sich der Blogger und lässt dafür das Internet sprechen. Und zwar mit Google auf der dritten Seite der Trefferliste bei der Anfrage "+aeg und drittes reich":

  • ZWANGSARBEIT


    AEG- Union Linz. Alpine- Edelstahl Brown-. Boveri Gmbh Graz ... Die "Vereinigung der durch das dritte Reich geschädigten Polen" legen eine umfangreiche ...
    www.brg-schoren.ac.at/nationalsozialismus/zwangsarbeit.html - Im Cache - Ähnliche Seiten

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    ZWANGSARBEIT
    von Hannes Matt
    Übersicht:
    Augenzeugenbericht
    Quellen
    1.Defintion:
    Wenn man das Lexikon bei Zwangsarbeit aufschlägt, so erhält man folgende Definition : "jede Art von Arbeit die oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die er sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat" (Definition der Internationalen Arbeiterorganisation (IAO) von 1930). In dem IAO - Übereinkommen zur Beseitigung der Zwangsarbeit von 1930 wurden als Ausnahmen anerkannt: Militärdienstpflicht, die üblichen Bürgerpflichten (zum Beispiel Wegereinigung u.s.w.), Strafarbeit aufgrund gerichtlicher Verurteilung und Notstandspflichten.

    Aus dem internationalen Kampf gegen die Sklaverei erwuchs nach dem ersten Weltkrieg der Kampf gegen die Zwangsarbeit zunächst vor allem in den Kolonien, der sich in dem IAO Übereinkommen von 1930 niederschlug. Unter wirtschaftlicher Perspektive zeigt die Zwangsarbeit starke Ähnlichkeit mit den modernen Formen der Sklaverei.


    2. Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkrieges:
    Ab Beginn des Zweiten Weltkrieges (1939) wurden um deutsche Arbeitskräfte für den Militärdienst freizumachen, zur Sicherung der landwirtschaftlichen und industriellen Produktion sowie zur Durchführung militärisch bedingter Bauvorhaben Millionen von Menschen aus den von Deutschland besetzten Gebieten nach Deutschland gebracht und zur Zwangsarbeit gezwungen. Im nationalsozialistischem Deutschland wurden die Häftlinge der Konzentrationslager zu Zwangsarbeit herangezogen. Die Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Menschen, die im nationalsozialistischem Sprachgebrauch "Fremdarbeiter" genannt wurden, waren aufgrund der Anwendung rassenideologischen Gesichtspunkten je nach Herkunftsland unterschiedlich. Sie lagen aber insgesamt weit unter dem für deutsche Arbeitskräfte üblichen Standart. Die Unterbringung erfolgte meist in Wohnlager, Arbeitserziehungslagern oder auch in Haft in einem Konzentrationslager. Eine Vielzahl von Konzentrationslagern diente als Arbeitslager, in ihnen wurden besonders ab 1942 viele Häftlinge und Kriegsgefangene unter hohen Verlusten zur Arbeit gezwungen. Die Arbeit war hart und gefährlich, das Essen ließ auch zu wünschen übrig. Diese Verhältnisse sind schuld daran das so viele Arbeiter frühzeitig starben .In diesen Arbeitslagern arbeitete man für die Rüstungsindustrie. Mitte 1944 arbeiteten auf dem Gebiet des "Großdeutschen Reiches" 7,6 Millionen ausländische Arbeitskräfte. Es handelte sich um Kriegsgefangene und Fremdarbeiter, wobei die größten Gruppen stellten die Arbeitskräfte aus Polen und der Sowjetunion. Es waren rund 1,7 Millionen Arbeitskräfte aus Polen beschäftigt und rund 2,8 Millionen Menschen aus der Sowjetunion. Diese beiden zusammen wurden auch "Ostarbeiter" genannt. Insgesamt waren ein Drittel der Arbeitskräfte Zwangsarbeiter und in Rüstungsbetrieben sogar die Hälfte. Viele bekannte Firmen setzten Zwangsarbeiter ein. Es folgt eine Liste von Firmen die polnische Zwangsarbeiter eingesetzt haben. Diese Liste wurde am 23.9.1998. in der österreichischen Tageszeitung "Der Standart" veröffentlicht.
    Betriebe mit polnischen Zwangsarbeitern:
                                                      AEG Innsbruck AEG- Union Linz
                                                      Alpine- Edelstahl Brown-
    Boveri Gmbh Graz
    Aluminiumwerke Ranshofen Ranshofen
    Auer Klemens- Zuckerfabrick Bruck/Leitha
    Austria Emailwerke Lampen und Metallwarenfabrik Wien
    Bau – Drau – Kraftwerk Lavamünd
    Baufirma Ing. A. Kallinger Wien
    Böhler &Co Kapfenberg
    Donau- Chemie AG Tulln, Moosbierbaum
    Donauwerft Wien
    Elektrizitätswerk Kaprun
    ELIN AG Wien
    Futurit Werk, Schäffer und Budenberg Wien
    Gräf und Stift Wien
    Graphitwerk Mühlwerk
    Gummiwerke Semparit Hermann Göring Reichswerke Linz
    Ingenieure Mayreder, Kraus&Co Linz
    Julius Meinl AG Linz
    Kartonagefabrik Herburger und Rhomberg Textilfabriken, Josef Bayer Dornbirn
    Kranawetter, Kraftfahrzeugreparaturwerk Steyr
    Phillips Werke Krems
    Lenzinger Zellwolle und Papierfabrik AG Lenzing
    Nettingsdorfer Papierfabrik AG Nettingsdorf
    Nibelungenwerk; "Universale" St. Valentin
    Österreichische Staatsdruckerei Wien
    Raxwerke Wiener Neustadt
    Rosenbauer Fabrik für Feuerwehrgeräte Linz
    Schenker CO Wien
    Schoeller – Bleckmann
    Stahlwerke Mürzzuschlag
    Schrack Elektronic AG
    Schrack Ericsson Wien
    Semperit Gummiwerke Traiskirchen
    Siemens & Halske AG Wien
    Simmering Graz Pauker AG Steyr
    Steyr – Daimler – Puch AG Steyr
    STUAG Straßen u. Tiefbau Wien
    Teerag Linz
    Textilfabriken Dornbirn; T. M. Hämmerle Dornbirn
    V. A. W. Linz
    Waager Biro´ AG Wien
    Wiener Stadtwerke Verkehrsbetriebe Wien
    Zellwolle Lenzing AG Lenzing
    Eine andere Statistik der Tageszeitung der STANDARD, die am Donnerstag, den 21. Jänner 1999 veröffentlicht wurde, zeigt die Anzahl der Polnischen Zwangsarbeiter, die in den Jahren 1941-1944 in Österreich gearbeitet haben.
    1941: 40. 928 1943: 97. 382
    1942: 62. 568 1944: 106. 023

    2.1 Zwangsarbeit in der Landwirtschaft:
    Neben der Bau – und Rüstungsindustrie litt am stärksten die Landwirtschaft unter dem Arbeitskräftemangel. Es bestand auch erhöhte Ablieferungspflicht für landwirtschaftliche Produkte aufgrund des Krieges, dies verstärkte den Bedarf an Arbeitskräften. Hier wurden Kriegsgefangene und Fremdarbeiter vor allem aus dem Osten eingesetzt, um die Nahrungsmittelproduktion zu sichern. Reichsnährstand und Arbeitsamt organisierten den Arbeitseinsatz der Ausländer.

    Der Bauer meldete seinen Bedarf dem Ortsbauernführer, Kreisbauernschaft und Arbeitsamt nahmen die Verteilung vor. Die Verteilung der Arbeitskräfte war besonders demütigend für den Arbeiter. Die Bauern suchten sich auf einer Sammelstelle die stärkste Arbeitskraft aus. Diese Prozedur erinnert an einen Sklavenmarkt.

    Viele Bauern sahen in den vom Staat zugewiesenen Arbeitskräften eine billige Hilfe die ihnen zustand. Für diese Menschen gab es keine geregelten Arbeitszeiten, es wurde oft bis in die Nacht gearbeitet und am nächsten Tag am Morgen um 4Uhr mußte man wieder mit der Arbeit beginnen. Es wurden auch Frauen eingesetzt die von der Arbeit eines Bauern keine Ahnung hatten und es erst noch lernen mußten.



    2.2 Arbeitskräfte in der Bauwirtschaft:
    Der Großteil der für Vorarlberg bestimmten männlichen Arbeitskräfte wurde bei der Ankunft sofort zu den Illwerke – Baustellen und anderen Großprojekten zugeteilt. Denn gerade die großen Energiebauten, der Ausbau der Verkehrswege und andere Bauvorhaben brachten einen sehr hohen Arbeitskräftebedarf mit sich. Dieser wurde mit ausländischen Zivilarbeiter vor allem aus dem Osten gedeckt.

    Laut Baubericht der Illwerke arbeiteten bereits im Oktober 1940 auf den Baustellen neben "freien deutschen Angestellten und Arbeitern" und 172 Wachmannschaften 1728 Fremdarbeitern und 1590 Kriegsgefangene.



    3. Ordentliche Beschäftigungspolitik und deren Folgen:
    Die "Vereinigung der durch das dritte Reich geschädigten Polen" legen eine umfangreiche Dokumentation über die Arbeit die ihre Landsleute, bei der Industrialisierung Österreichs gespielt haben vor. Diese Aufbauleistung war jedoch keine freiwillige. Die Polen, die zwischen 1938 und 1945 in den österreichischen Stahlwerken und Panzerschmieden, aber auch in kleineren Privatunternehmen und auf den Feldern der Bauern arbeiteten, waren alle insgesamt Zwangsarbeiter. Österreichs Wirtschaft war noch stark auf die Hilfe der Zwangsarbeiter angewiesen. Der Grund dafür war Hitler. Er ließ vor allem in seiner Heimat Oberdonau, gigantische Industrieanlagen bauen, aber aufgrund des Krieges waren kaum Arbeitskräfte vorhanden. Die Unternehmen waren auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen und forderten von sich aus Zwangsarbeiter an. In den Stickstoffwerken und in Ranshofen waren zeitweise mehr als zwei Drittel der gesamten Belegschaft Zwangsarbeiter. Auch auf den großen Kraftwerksbaustellen und in den Steyr Werken stellten sie die Mehrheit.

    Vieles an Know –how, Maschinen sowie großindustrielles Denken und Produzieren, das es im Österreich der Zwischenkriegszeit nicht gegeben hat. Hat Österreich Hitlers Industrialisierungspolitik zu verdanken und damit auch den ausländischen Zwangsarbeitern, ohne die all das nicht möglich gewesen wäre.



    4. Der Preis der Vergangenheit:
    Amerikanische Anwälte haben sich intensiv auf die Suche nach österreichischen Unternehmen gemacht, die in der NS - Zeit Zwangsarbeiter beschäftigt haben. Mit der Ankündigung der US – Anwälte Ed Fagan und Melvyn Weiss, Entschädigung für NS -Zwangsarbeit zu fordern, sprechen sie ein Thema an, das die Österreicher verdrängt haben. Am Höhepunkt des Zweiten Weltkrieges waren rund 700. 000 zivile Ausländer, Kriegsgefangene und KZ - Häftlinge in der "Ostmark" eingesetzt. Daraus haben bekannte Unternehmen profitiert, die den kriegsbedingten Mangel an inländischen Arbeitskräften mit den Zwangsarbeitern deckten. Die Zwangsarbeiter wurden nicht entlohnt, die "Tagesmiete" von sechs Reichsmark pro Facharbeiter und vier Reichsmark für Hilfsarbeiter wurde an die SS abgegeben.

    In einem Vertrag zwischen der SS, der Baufirma Universale und der Staatlichen Bauleitung aus dem Jahr 1943 heißt es: "Die beim Loibltunnel beschäftigten Häftlinge werden vom KZ Mauthausen an den Unternehmer abgestellt. Das Entgelt wird vom Unternehmer dem Lager Mauthausen bezahlt."
    Der Historiker Florian Freud ist der Meinung das von der Zwangsarbeit nicht nur einzelne Unternehmen, sondern ganz Österreich profitiert hat und es sei Zeit sich mit dem Thema zu beschäftigen.

    Mit Entschädigungen die diesen Namen nicht verdienen, wurden jene Juden abgefunden, die Opfer der "Arisierungen" geworden waren. Rund 2,3 Milliarden Reichsmark betrug nach NS - internen Aufstellungen 1938 das "zur Verfügung stehende" jüdische Vermögen in Österreich. Ein Großteil wurde mehr oder weniger entschädigungslos enteignet und nach 1945 nur zu einem geringen Teil rückgestellt. Die Forderungen der Zwangsarbeiter werden nun, nach 53 Jahren, zu Fällen für die Justiz. Der österreichische Rechtsanwalt Michael Graff ist der Meinung das, in Österreich alles schon verjährt ist, aber erstens sage das nichts über die Moralische Dimension des Problems aus. Und zweitens versuche´n die klagenden Rechtsanwälte, in allen Fällen amerikanisches Recht zur Anwendung zu bringen. Nach diesem sind die Erfolgsaussichten der Kläger wesentlich besser. Graff meint weiters das, das US - Recht lediglich eine sachliche Beziehung zu dem betreffenden Bundesstaat verlangt. Die CA etwa, die in den USA eine Filiale und Tochtergesellschaften besitzt, kann auf jeden Fall nach US – Recht geklagt werden. Aber nicht nur sie in gewissen Fällen genügt eine einfache Geschäftsbeziehung (auch ohne Geschäftsniederlassung),um die Zuständigkeit eines amerikanischen Gerichts zu begründen. Ist eine solche Zuständigkeit gegeben kommen die Besonderheiten des US – Rechts zutragen. Viele Firmen geben erst jetzt ihre Archive frei.



    5. Augenzeugenbericht
    Aus dem Tagebuch des Jerzy Slazak, der als 15jähriger zur Arbeit in die Linzer Hermann – Göring – Werke deportiert wurde.Er wurde als 15jähriger aus Polen weggebracht. Sein Vater fragte sich: "Er ist doch erst 15 Jahre alt geworden, welche Arbeit wollen sie von ihm verlangen?"

    Nach der brutalen Behandlung während der langen Bahnfahrt stieß die mitten durch Linz geführte Gruppe de erschöpften und verängstigten Polen auf freundliche Menschen die sie sogar fragten woher sie kommen. Welche Realität auf sie wartete erkannten sie bald. Anstehen vor dem Lagerbüro, Marsch zu den Baracken, erstaunen über abgemagerte Lagerinsassen... Und dann das erste Essen. Sie bekamen eine Suppe und ein Stück Brot, aber das füllte ihren leeren Magen nicht, sie hätten das doppelte Essen können und es wäre nicht zu viel gewesen.

    Nach kurzer Anlernzeit begann die Arbeit in den Eisenwerke Oberdonau. Aufstehen um 4 Uhr 30, dann 45 Minuten Fußmarsch in die Fabrik. Arbeitsantritt der 12 – Stundenschicht erfolgte um 6 Uhr, Mittags hatten sie 45 Minuten Mittagspause. Die Zwangsarbeiter waren alle zu Tode erschöpft, es kam vor das manche auf dem Klo einschliefen. Die SS Wachen haben sie entweder mit herunter gelassener Hose zurück an die Maschine gebracht, oder sie wurden mit dem Gewehr vom WC - Sitz herunter geprügelt. Je härter die Arbeit war desto mehr sehnten sie sich nach ihren Familien. Mitte 1943 verschärfte sich das Arbeitstempo. Pro Schicht mußten zwölf Panzer produziert werden, die Schichten dauerten 14 bis16 Stunden. Der Sonntag war noch frei, die Buben konnten sich noch frei in Linz bewegen. Ab dem Herbst im Jahr 1943 galt dann eine 7 – Tage – Woche mit zwölf Stunden Schichten.

    Wenn einem Arbeiter eine Maschine kaputt ging, wurde er wegen Sabotage der Gestapo übergeben, diese prügelten die Zwangsarbeiter oft Ohnmächtig. Sehr viele Menschen gingen an dieser Arbeit zu Grunde.
    Quellenangaben:
    Zeitungen:
    Der Standart: 22, 23, 24 Mai 1999, 21. 1. 1999
    23. 9. 1998, 16. 12. 1998
    Profil: Nr.36, 31. 8. 1998
    Nr. 35, 24. 8. 1998
    Bücher:
    "Um ihre Jugend betrogen" - Magarethe Ruff
    "Auschwitz mein Bericht" – Jean Heinemann
    Lexika:
    Encarta, Bertelsmann, Brockhaus, Meyers......
    Generelles PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dessen Weitergabe oder aber gleich des Blogs via Link*** an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere der dort Tätigen sich besinnt und nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die von Politikern gepflegte, nur dem Eigeninteresse verpflichtete Verfälschung der Wirklichkeit denn doch einmal ein Ende findet und die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als bisher - eine nur nützliche Fiktion."

    ***Wie ein Link zu übernehmen ist, findet sich in Post 999 dargestellt, und zwar unter PS2.

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