Samstag, 5. März 2011

1089 "Lassen Sie sich umgarnen" - seitens der Politiker nur allzu gerne als Verhaltensrichtlinie bei kopf- oder auch nur hirnlosen Bürgern wahrgenommen und als Leitlinie für ihr Tagesgeschäft verwandt.



Es trifft sich wieder einmal gut, dass just zu dem Zeitpunkt, an welchem dem Blogger vorschwebt, sich etwas mehr über die politische Kultur in diesem unseren Lande auszulassen, ein Schneidermeister ihm seine kopflosen Anzugträger präsentiert - dazu dann auch noch gleich das Schlagwort mitliefernd, auf welches nach einem Exkurs auf das Terrain Burnout noch zu kommen sein wird.

Und es trifft sich gut, dass sich in einem erst unlängst für die HAZ verfassten Beitrag eben dieses letztgenannte Phänomen thematisiert findet, und zwar von der Journalistin Jutta Rinas. Dieweil nämlich dieses immer weiter um sich greifende Leiden zu einem Großteil darauf zurückzuführen ist, dass die Zeitgenossen bei den an sie gerichteten Arbeitsanforderungen regelrecht kopflos werden - die einen mehr, die anderen weniger.

Unter dem vorstehend gebrachten Foto steht folgende Erläuterung: "Motiviert und fleißig - und trotzdem wird die Dauerbelastung im Beruf für immer mehr junge Menschen schon nach wenigen Jahren unerträglich." Dazu heißt es im Begleittext, das Beispiel einer Betroffenen aufgreifend: "Die ausgebildete Psychologin [Sofia Köster - Name von der Redaktion geändert] ist nicht von jahrzehntelanger Berufstätigkeit erschöpft, sie ist keine Führungskraft, die nach Jahren an der Spitze einer Abteilung ausgelaugt und entkräftet ist. Sie steht am Anfang ihres Berufslebens, gerade einmal drei Jahre ist sie dabei. 'Wie soll ich diesen Job bis zur Rente durchstehen', fragt sie verzweifelt, 'wenn ich jetzt schon am Ende bin'?"

In dem Beitrag heißt es an dieser Stelle weiter: "Jung, gestresst, krank, genauer gesagt psychisch krank. So kann man die Ergebnisse zweier neuer Studien überschreiben, die die Krankenkassen DAK und Techniker Krankenkasse unabhängig voneinander vorgelegt haben. Junge Arbeitnehmer, Berufseinsteiger, sind ihnen zufolge nicht nur doppelt so häufig krank wie die älteren Kollegen. Ausgerechnet sie leiden nach den Erkenntnissen des DAK-Gesundheitsreports von 2011 deutlich häufiger an psychischen Erkrankungen als früher. Schon jeder zehnte Berufstätige zwischen 15 und 29 Jahren hat Schmerzen oder andere körperliche Probleme ohne organische Ursachen, oft begleitet von Depressionen. Knapp sechs Prozent haben 'Anpassungsstörungen' - Probleme also, mit einschneidenden Lebensveränderungen umzugehen."

Erwähnt wird dann die von der Autorin Miriam Meckel verfasste "Burn-out-Beichte", die, 2010 herausgebracht, mit einer Auflage von 100 000 Exemplaren zum Bestseller wurde. Hier soll nun nicht weiter auf deren Leidensgeschichte und auf andere Ergebnisse der Untersuchungen eingegangen werden. Vielmehr seien hier die dem Blogger bei der gewählten Thematik besonders interessant erscheinenden Ausführungen zitiert, die in der Schlusspassage - genauer: dem letzten Drittel des von der genannten Journalistin vorgelegten Textes erscheinen.

"Ist also eine hässliche neue Arbeitswelt der Grund dafür, dass schon 3o-Jährige sich ausgebrannt fühlen? Der renommierte Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther hat noch eine andere Erklärung parat. Ihm zufolge verschärft es den Kreislauf aus Dauerbelastung und Burn-out, dass eine auf Pflichterfüllung getrimmte junge Generation auf eine immer komplexere Arbeitswelt stößt. Schon dreijährige Kinder hätten heute kaum noch Freiräume, um eigene Erfahrungen zu machen und darüber so etwas wie Selbstbewusstsein, Ichstärke, Teamfähigkeit zu entwickeln, sagt Hüther. Mit Frühförderungsprogrammen würde ihnen Wissen en masse vermittelt, statt dass man sie lehre, eigene, kreative Problemlösungen zu finden. In der Grundschule, auf dem Gymnasium, selbst noch auf der Universität werde ihnen vor allem beigebracht, dass im Leben nichts außer der möglichst passgenauen Reaktion auf immer größere Leistungsanforderungen zählt. Hüther kritisiert eine Leistungsgesellschaft, die nicht einmal vor 'Gehirndoping' wie der Gabe von Ritalin zurückschreckt, um unangepasste Schulscheiterer wieder in die Spur zu bringen. ... Was zählt, ist Leistungsfähigkeit, egal, wie man sie erreicht. 'Die Jugendlichen erleben sich als passive Objekte massiver Erziehungs- und Bildungsansprüche von Erwachsenen', sagt Hüther. ... Das Hamsterrad der Überforderung dreht sich auch im Job immer weiter. Bis der Zusammenbruch kommt."

Eben dieser Gehirnforscher legt in einem mehr als einstündigem Vortrag - verfolgbar in dem folgend gebrachten Eintrag - dar, wie verfehlt im Grunde all das ist, was als Leistungsanforderung an die Menschen herangetragen wird:

Derweil sich das gesamte Bildungswesen im Grunde dadurch selbst diskreditiert, dass es pausenlos Lügen über das, was der Mensch leisten kann und soll, verbreitet und die jungen Menschen ab- und dabei ganz schlimm zurichtet, sitzen die Herrschaften, des es sich in ihrem Juste Milieu bestens eingerichtet haben - auf dieses wird in einem Folgeeintrag noch zu kommen sein - wie die Spinne im Netz, nur darauf wartend, dass ihnen des Wahnsinns fette Beute zuteil wird.

Dass sie ihnen zuteil wird: Dafür sorgen dann all die Pappnasen, die sich, ebenfalls völlig verbildet und verblödet, auf dem politischen Parkett bewegen. Indem sie beispielsweise dafür sorgen, dass immer neue Bildungsreformen durchgeführt werden, die im Endeffekt noch mehr Verunsicherung von Schüler- wie Lehrerschaft bewirken. Oder indem sie von den Medien die Fußballbegeisterung schüren lassen. Oder indem sie die Knallpresse mit für den Einzelnen eigentlich völlig irrelevanten Daten aus ihrem Privatleben füttern. Oder indem sie die Leutchen so mit Werbung zudröhnen lassen, dass die im Endeffekt nichts anderes als Shoppen im Sinn haben und nur noch kopflos auf alle möglichen Vorgänge in der Welt reagieren können. Oder, oder, oder.....

Und an dieser Stelle kommt der Blogger auf seinen Ausgangspunkt zurück - den Spruch "Lassen sie sich umgarnen": Der dem fraglichen Milieu besonders verpflichtete Adelsspross Guttenberg hat es doch vorgeführt, wie man sich der Öffentlichkeit am wirkungsvollsten so präsentieren lässt, dass jeder geistig Unbedarfte - aus welchen sich die deutsche Bevölkerung leider Gottes zu einem Großteil zusammensetzt - zu dem Urteil kommen muss: "Der Mann ist doch ein Star, ein As, ein Genie, auf welches zu verzichten schon halbwegs an Selbstmord grenzt. Um es mit Seehofer zu sagen: "Hier kommt der Größte."

PS1: Dass in Deutschland heutzutage soviel "helle Köpfe zuhause sind", wie das nachstehend erscheinende Satellitenfoto suggeriert, darf füglich bezweifelt werden. Die Strahlkraft kann sich auch nicht daraus ergeben, dass der Blogger und die ihm zuarbeitenden Zeitgenossen in puncto Wachheit wesentlich mehr aufzubieten haben als die Mehrheit der sich nasführen lassenden Bevölkerung dieses Ländles.
PS2: In der jüngst im Fernsehen übertragenen Kabarettsendung - eines der wenigen Angebote, die unsereiner überhaupt noch in diesem Medium wahrnimmt - von Volker Pispers zu KTG resp. seiner Gesinnungsgenossen zwei schöne Statements notieren können: "Man sagt ja, dass die unbehandelten Haare das einzig Aufrechte an diesem Mann sind". Wozu sich ergänzen ließe: ... und das schafft er dann auch noch mit Gel aus der Welt. Und: "Nur wer lügen kann, ohne rot zu werden - der ist ein echter Schwarzer."



Generelles PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dessen Weitergabe oder aber gleich des Blogs via Link*** an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere der dort Tätigen sich besinnt und nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die von Politikern gepflegte, nur dem Eigeninteresse verpflichtete Verfälschung der Wirklichkeit denn doch einmal ein Ende findet und die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als bisher - eine nur nützliche Fiktion."

***Wie ein Link zu übernehmen ist, findet sich in Post 999 dargestellt, und zwar unter PS2.

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