Einleitend stellt Taureck fest, dass der Verruf der Gleichheit insbesondere für Deutschland typisch sei: in Frankreich, England und Amerika kämen dagegen sehr viele Bücher auf den Markt, die fordern, die großen Ungleichheit in ihren Gesellschaften zu reduzieren. Dass sich hierzulande ein anderes Meinungsbild ergeben hat, führt er vor allem darauf zurück, dass die Begüterten und Profiteure es verstanden hätten, sich mit einem moralisierenden Pathos für die Ungleichheit starkzumachen und sie als unabänderliches Ordnungsmuster aufzubauen und festzuschreiben.
Im Weiteren begründet er, wieso seiner Ansicht nach die formale Gleichheit vor dem Gesetz nicht ausreicht, um eine Demokratie zu festigen - wobei er unter Bezug auf die von der Bankenwelt heraufbeschworene globale Krise von Post- oder Scheindemokratien spricht. Im Gegensatz zu den Antiegalitaristen, die eine Beschränkung auf die formale Gleichheit fordern, sich so einen Freibrief für Macht und Reichtum sichern lassen wollend, sieht er das Problem, dass bei der mehr und mehr sich herausbildenden Disparität der Bezüge, also einer extremen materiellen Ungleichheit, letztendlich kein gesellschaftlicher Konsens mehr zustandekommen kann. Um bei den Zahlen zu bleiben: 50 Millionen Menschen seien dort bereits hilflos dem Schicksal einer erblichen Armut ausgeliefert.
Auf die Frage, was praktisch zu tun sei, um ein anderes Verhältnis von Freiheit und Gleichheit herzustellen, antwortet Taureck: "Wir müssen beispielsweise eine elitäre Schule für alle anstreben. Frau Merkel dagegen wollte in einer Wahlrede kurz vor der Landtagswahl in NRW unser dreigliedriges Schulsystem damit begründen, dass jedes Kind verschieden sei. Das ergibt eine Gesellschaft der verallgemeinerten Ungleichheit. Ersichtlich lässt sich diese jedoch nicht begründen: Wenn nämlich wirklich jedes Kind von dem anderen verschieden ist, dann müssten wir für Millionen Kinder Millionen verschiedener Schularten einrichten, nicht etwa nur Haupt-, Real- und Oberschule."
So, wie die Freiheit von den Begüterten und Mächtigen hierzulande wie auch weltweit wahrgenommen wird, ist sie nach Auffassung des Philosophen nicht sozialverträglich. Er fordert daher ein größeres Maß an Gleichheit als notwendiges Pendant und Korrektiv zu einer sich letztlich ganz negativ auf die sozialen Verhältnisse auswirkenden Lebensweise. Zu verwirklichen etwa dadurch, dass - für Deutschland gesehen - sich die vorstehend bereits bezifferten Besitzverhältnisse zugunsten der Benachteiligten auf die Relation 10 Prozent zu 20 oder 30 Prozent verschieben. Beispielsweise auch durch die Einführung einer Transaktionssteuer für Börsenaktivitäten. Damit käme nach seiner Ansicht ein Instrument zum Einsatz, welches Markt und Gemeinwohl miteinander verbindet.
Abschließend kommt der Interviewte, der das auch in diesem Blog bereits mehrfach angesprochene Grundeinkommen fordert, auf die Finanzierungsmöglichkeiten seiner Verbesserungsansätze zu sprechen: "Modelle zeigen, dass das Grundeinkommen durchaus finanzierbar wäre. Man sollte hinzufügen, nachdem nun Milliarden versenkt und verbrannt wurden: Hätte man davon einen Bruchteil für Bildung oder Grundeinkommen ausgegeben, so wäre beides längst finanziert." In diesem Zusammenhang kommt bei ihm auch "die unsichtbare Hand, die zum Vorteil aller das Gemeinwohl steuert", so weg, wie sie es verdient: sie leide offenbar unter Muskelschwund.
Zuguterletzt gibt er den reichen Ländern noch mit auf den Weg, sie sollten davon Abstand nehmen, unter dem Namen "Globalisierung" einen neuen Kolonialismus zu betreiben.
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