Freitag, 23. Juli 2010

791 Lokalkolorit Hannover/7: Die Partyszene hier hat sich total verändert. Gab es 2005 bei ihnen nur 963 Anzeigen wegen Körperverletzungen, so waren es im vergangenen Jahr 10528.

Diese Zahlen entnehme ich der Jugendseite ZISH, die regelmäßig in der HAZ auftaucht. Heute in er Ausgabe 169. Die Party ist insofern zu Ende, als man sich insbesondere in den ehemals alternativen Klubs in Linden, Nordstadt und Calenberger Neustadt darauf verständigt hat, die Zahl der Gäste möglichst nicht überborden zu lassen: " 'Wenig Werbung, nur Mund-zu-Mund-Propaganda, persönliche Einladungen. Und wieder klein anfangen'."

" 'Wir wissen bis heute nicht, warum an dem Abend auf einmal so viele schräge Leute auf der Party waren. Solch marodierende Horden haben wir noch nie erlebt. Denen fehlt vollkommen die Vorstellung, wie man sich auf einer Party zu verhalten hat' ': so charakterisiert der Veranstalter der Party das Verhalten ganz vieler Teilnehmer, die am vergangenen Freitag bei der "Club am Pool"-Party mit dabei waren. Zu Kontrollverlusten käme es zwar im Umfeld von Partys immer wieder - jetzt aber hätten sich die Verhältnisse auffallend zum Schlechteren hin verändert.

DJ Rowe, der unter anderem bei "Maximal" auflegt, wird mit den folgenden Worten zitiert: " 'Viele Partygäste kommen nur noch, um sich zu betrinken und die Sau rauszulassen'. Das, was eigentlich eine Party ausmache - gemeinsam mit den unterschiedlichsten Menschen eine tolle Zeit haben - gerate so in den Hintergrund." Ein Polizeisprecher bestätigt diese Sichtweise: " 'Die Anzahl der Gewalttaten im Nachtleben ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen'. Körperverletzung, Raub, Sachbeschädigung und Nötigung - vor allem Alkoholmissbrauch habe die Gewaltbereitschaft steigen lassen. Die Polizei versuche deshalb, mit umstrittenen Aktionen wie Alkoholkontrollen, mit Klubs abgesprochenen Hausverboten und Aufenthaltsverboten die Lage zu entspannen. Doch die Aufenthaltsverbote gelten nur für die Innenstadt. Die Klubs außerhalb des Cityrings bekommen nicht mit, wer sich bereits daneben benommen hat."

Ein weiteres Charakteristikum der Partyszene in Hannover muss wohl das sein, was sich in folgender Beschreibung findet: " 'Den meisten Stress gibt es nicht in den Läden, sondern im Umfeld, auf der Straße', sagt Benjamin Voelksen [DJ in der FAUST]. Dort, wo die 'Straßenpartys' passieren, wie Polizeisprecher Wittke sie nennt. Das Vorglühen. Aber auch dort, wo Menschen nach Hause gehen, die sich kein Taxi leisten können." Die Crux in der ganzen Angelegenheit scheint es zu sein, dass aus einer ehemaligen Subkultur durch den eigenen Erfolg ein Mainstream zustandegekommen ist. Mit der Folge, dass, wo vor 10 Jahren nur Punks, Rocker, Hip-Hopper und Gruftis sich die Ehre gaben, heute 1000 Leute und mehr aufkreuzen.

Gegen Ende der Bestandsaufnahme hin heißt es: "Doch die meiste Gewalt, das sind sich alle einig, kommt von denen, die sonst nirgendwo hereingelassen werden. Die bereits Hausverbote gesammelt und andere Gewalttaten begangen haben. Denen der Respekt vor ihren Mitmenschen auch unter der Woche und nüchtern fehlt." Genau solche Typen müssen die sein, die jetzt wegen der Ermordung von Dominik Brunner vor Gericht stehen.




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