Auch für Südamerika lässt sich feststellen - und dieses wird durch den Subtitel des zweiten hier in den Abschlusskasten eingebrachten Materials angezeigt -, dass die Jünger Jesu es offensichtlich nicht mehr verstehen - wenn sie es denn je verstanden haben -, Anhänger für seine Sache zu finden. Zu dieser Feststellung sei hier der Artikel des Journalisten Nils Handler in seinen Kernpunkten referiert.
Einleitend wird in dem Artikel festgestellt, dass Brasilien die größte katholische Nation weltweit ist, dort aber immer mehr Katholiken zu Pfingstkirchen wie der "Universalkirche des Gottesreiches - Igreja Universal do Reino de Deus (IURD)" konvertieren. Diese wurde 1977 in Rio de Janeiro von einem gewissen Edir Macedo gegründet, und zwar in den Baulichkeiten einer Möbelfabrik. Dort, wo zu der Zeit 1500 Menschen Platz fanden, erhebt sich nun "die Weltkathedrale des Glaubens" mit einem Fassungsvermögen von 15000 Plätzen - die, so wird in dem Beitrag hervorgehoben, allsonntäglich vollständig besetzt sind.
Allein in Brasilien verfügt die IURD über 4500 Kirchen - und täglich werden es mehr. Im Wege des Franchising können die "Pastores", bei denen es ausreicht, wenn sie ein paar religiöse Lieder anstimmen können - eine theologische Ausbildung besitzt also niemand von ihnen -, im Stile der Eröffnung eines McDonald-Restaurants eine Filialkirche der IURD eröffnen. Eine theologische Ausbildung brauchen sie nicht. Was sie zu leisten haben, wird in dem Text folgendermaßen dargestellt: "Die Franchisenehmer müssen monatlich eine feste Summe überweisen. Wer nicht zahlt, wird dichtgemacht ... wichtiger ist eine andere Kernkompetenz: Geld eintreiben."
Es dürfte auf der Hand liegen, dass ein solcher Ungeist, bei dem alles zum Geschäft wird, mit dazu beiträgt, dass der eingangs erscheinende Jesus seine Frage zu Recht stellt. Auch wenn die IURD als Pfingstkirche sich auf das Wirken des Heiligen Geistes in ihr beruft: mit modernen Marketingmethoden à la McKinsey kann sein Kernanliegen, die Ausrichtung der Menschen auf eben diesen Geist und den Vater und die Kontaktaufnahme mit ihnen, in der Realität nicht verwirklicht werden. Im Gegenteil: Seine Botschaft wird in das genaue Gegenteil verkehrt, wenn der Pastor einem Kranken die Hand auflegt und unter lautem Gebrüll versucht, den bösen Geistern zu befehlen, aus seinem Körper zu weichen. Zitat dazu aus dem Text: "" 'Gib Geld, damit du deine Allianz mit Gott festigst, und deine Krankheiten werden geheilt werden'!"
Neben dem Artikel "Brasiliens Freikirche macht den Glauben zum Geschäft" findet sich übrigens in der FAS auf der Wirtschaftsseite ein weiterer Beitrag, der sich mit dem Gegenstand Religion befasst. Überschrieben ist er folgendermaßen: "Der Papst schlägt zurück - Die katholische Kirche entdeckt in Lateinamerika plötzlich viele Heilige. Ein Wunder". In ihm wird enthüllt, wie die Hauptverantwortlichen in ihr mit einer leicht durchschaubaren Taktik versuchen, den Pfingstkirchen und evangelikalen Sekten ihre Gläubigen streitig zu machen. Das dabei besonders vielsagende Datum: Bis zum Jahr des Falls der Berliner Mauer gab es in Lateinamerika überhaupt keine Heiligen. Seitdem ist ihre Zahl von 0 auf 14 % aller Heiligen weltweit gestiegen. Dazu abschließend der Text des Artikels: "Die Wissenschaftler vermuten, dass die neuen Heiligen die zweifelnden Katholiken in ihrem Glauben bestärken sollen. Ob das klappt, ist zumindest fraglich." Für mich ist es sicher, dass eine solche als einigermaßen primitiv zu bezeichnende Taktik bei den Menschen nicht verfangen wird.
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