Freitag, 30. Oktober 2009

428 "Dauerwerbefernsehen - Bald darf das Nutella-Glas mit dem Etikett nach vorn auf dem Küchentisch stehen - Product Placement wird im deutschen ....

.....Fernsehen erlaubt." So lautet die Hauptüberschrift auf der Seite Medien in der Dienstagausgabe der HAZ. Darin wird ein Schreckensszenario gezeichnet, welches für die Autoren von Drehbüchern - und nicht nur für diese - Realität zu werden verspricht: "Verfassen Sie ein Drehbuch rund um das wohlschmeckende Erfrischungsgetränk X, den schnittigen Zweisitzer Y und die trendige Schuhmarke Z." Die Perspektive dabei: So, wie die Lava in dem Bild auf Hawaii alles Leben überdeckt und zerstört, so wird durch den Kommerz nicht nur die Medienlandschaft überformt - durch ein überhitztes Umsatzinteresse.

Zum Hintergrund dieser Entwicklung - Zitat: "Der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der in diesen Tagen von den Ministerpräsidenten unterzeichnet wird, legt zwar fest: 'Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig.' Aber schon im nächsten Satz ist von etlichen Ausnahmen die Rede: In Kinofilmen, in eigenproduzierten Filmen, Serien, Sportsendungen und 'Sendungen der leichten Unterhaltung' können Unternehmen voraussichtlich ab April, wenn die Regeln von den Landesparlamenten ratifiziert sein werden, gegen Bezahlung ihre Produkte platzieren.....Damit würe die im deutschen Fernsehen bisher streng gehandhabte Trennung zwischen Programm und Werbung erstmals aufgeweicht."

Noch weiter im Hintergrund für die mögliche Wandlung hin zu einem Dauerwerbefernsehen, jenseits der Erhebungen und Feststellungen liegend, die sich jetzt in der Angelegenheit machen lassen: Eine Richtlinie der EU aus dem Jahre 2007, die den massive Einbrüche ihrer Einnahmen durch konventionelle TV-Werbung verzeichnenden Privatsendern zu Zugewinnen auf diesem Terrain verhelfen sollte. Die dort angeregte Erschließung neuer Werbeformen hat, da es sich nur um eine Empfehlung handelt, keinerlei rechtlich bindenden Charakter. Trotzdem werden die deutschen Politiker sie wohl eins zu eins umsetzen, da sie Wettbewerbsnachteile für die deutschen TV-Stationen befürchten.

Obwohl bezahlte Produktplatzierungen ihren Ort nur bei den Privaten haben sollen, windet man sich bei den Öffentlich-Rechtlichen hin und her, um auch zu dem entsprechenden Kuchen gelangen resp. die so zu gewinnenden Früchte nach Hause tragen zu können: "So sollen sogenannte Produktionshilfen weiterhin erlaubt sein. Das 'Traumschiff'' im ZDF ist so eine unentgeltliche Produktionshilfe, mit der die Reederei zielgruppenadäquat für ihre Kreuzfahrten wirbt. Und das funkelnagelneue Auto, das Zuschauer bei 'Wetten, dass....' gewinnen können, geht auch noch als Produktionshilfe durch."

Da man sich bis dato in unseren Landen immer befleißigt hat, amerikanische Vorbilder zu kopieren, dürfte das Realität werden, was die Autorin, Marina Kormbaki, zum Ende ihres Artikels hin feststellt: "So hat der bildschirmfüllende Einsatz von Product-Placement in den USA vor allem eines bewirkt: eine Umverteilung der Werbeeinnahmen aus den klassischen Werbeblöcken in die Produktplatzierungen. Und noch etwas fällt bei US-Serien wie 'Sex and the City', '24' oder "CSI' auf: Allzu oft kreist die Handlung um Schuhe, Handys und Rechner. Keine guten Zeiten für Drehbuchschreiber."

Dass die Privaten die Dinge nicht so sehen wollen, wird man nachvollziehen müssen. Zitat: "Die Durchmischung von redaktionellen Inhalten und Reklame, wie sie zum Beispiel die PRO/-Show 'Germany's Next Topmodel' vormacht, könnte die Privaten schnell in Glaubwürdigkeitsprobleme bringen. Sie wiegeln deshalb schon mal ab: Product-Placement werde sich in den Kassen der Sender nicht groß auswirken, heißt es bei RTL und der Pro-SiebenSat.1-Gruppe." Was die ganze Verlogenheit der Geschichte eigentlich recht deutlich hervortreten lässt.

Recht organisch einfügen lassen sich in diesen Zusammenhang einige Feststellungen, die sich am Folgetag in eben der HAZ zu den Geheimnissen des Konsumverhaltens finden. Dabei kommt der Neuropsychologe, Betriebswirt und Unternehmensberater Hans-Georg Häusel zu Wort, der im Hirn drei Bereiche ausgemacht hat, die den Kauf durch Hormone steuern: "Das Stimulanzsystem weckt die Lust auf Ausgefallenes und Neues, das Dominanzsystem, mit einem Hang zur Überlegenheit ausgestattet, ermuntert zum Kauf von Statussymbolen wie zum zähen Feilschen. Das auf Sicherheit ausgerichtete Balancesystem sorgt dafür, dass wir nicht zu viel Geld ausgeben."

Wie es in unseren Gefilden ja nicht anders sein kann, richtet besagter Wissenschaftler sein Augenmerk allein deshalb auf das Konsumverhalten, um die Ergebnisse für Marketingstrategien nutzbar zu machen. Wie gut, dass sowohl meine Holde wie auch ich solchen Strategien nicht hilflos ausgeliefert sind. Unter anderem auch deshalb, weil entsprechende Attacken bei uns einfach ins Leere laufen, da wir uns durch wirklich befriedigendes Tun wie etwa dem Gesang - meine Holde singt als Sopranistin in den beiden Aufführungen des nebenstehend erscheinenden Projektchors mit - von Kaufwünschen freizuhalten wissen. Hat doch bei uns beiden noch nie das verfangen, was Häusel meint generalisieren zu können: "Bei Männern ist es...der flotte Sportwagen, bei Frauen sind es die extravaganten Schuhe, die das Lustzentrum im Hirn besonders ansprechen und den Impuls des 'Habenwollens' herausfordern. Fällt dann der Blick auf den Preis der Objekte der Begierde, wird...das Schmerzzentrum in unserem Denkorgan aktiviert: 'Das hat dasselbe Empfinden wie Zahnweh'."

Schön auch, dass wir beide nicht so schlicht gestrickt sind, wie der Cartoon es anzeigt, und das wir uns nicht das anziehen müssen und auf das hereinfallen, was der Werbestratege ferner in puncto Kaufverhalten meint festhalten zu können: "Gleichwohl finden die Luxusgüter ihre Käufer, weil Werbeexperten um das Produkt eine Illusion aufbauen, die sozusagen die Zahnschmerzen wieder lindert."

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