An anderer Stelle heißt es bei ihm über diese Typen: "Sie schauen je nach Bedarf ernst, betroffen, besorgt oder heiter drein, freuen sich und sind traurig auf Abruf und vor aller Augen, dabei immer makellos und für die Kameras wie gemacht, Frauen und Männer eben, die bei allem, was sie tun, immer so aufgeräumt und blitzblank und perfekt aussehen wie die Küchen Kinderloser in Design-Hochglanzmagazinen, kurzum: wie die zu Guttenbergs."
Kontrapunktisch zu deren Auftreten notiert Wagner: "Und wir? Wir krummen Hölzer? Wir Erdklumpen? Wir stehen da wie die letzten Griesgrame, die Hände schützend vor die Augen gelegt, um von den Strahlen der Glanzmenschen nicht geblendet zu werden. Ihre Makellosigkeit, ihre durch ein sattes Familienvermögen abgesicherte Autonomie kitzeln unseren Neid. Oder doch nicht?"
Zu Karl-Theodor-Ken zu Guttenberg speziell heißt es: "Weil alles, was ihn betrifft, in seinem auf Gedeih und Verderb Anders-sein-Wollen immer irgendwie herausgehoben sein muss aus dem erdigen Einerlei, in dem der Rest von uns steckt...da wünschte ich mir manches Mal die 'höhere innere Gelassenheit' des Ministers, wie er das schlossmäßig nennt... - und dann natürlich noch der 'Kairos': Ein zu Guttenberg setzt nicht einfach einen Abgabetermin für seine Doktorarbeit in den Sand, wie das unpathetische Leute...tun, nein, er verpasst den 'Kairos der Fertigstellung'." Die erste Begegnung mit seiner Frau bei der Berliner Love Parade , "jenem bocksbeinigem Treffen also, das in einer teuflischen Verdrehung als Ausdruck von Friedfertigkeit und Lebensfreude verstanden werden wollte", erscheint in seiner hochstilisierenden Diktion mitsamt den sich später einstellenden Kindern "als 'der unerreichte wie dauerhafte rechte Augenblick meines Lebens'."
Der Journalist wendet sich sowohl Karl-Theodor-Ken wie Stephanie-Barbie zu Guttenberg zu, wenn er feststellt, die beiden seien "zum politischen Traumpaar mit Großbühnenglamour à la Kennedy ausgerufen worden. Diesmal ist nicht nur der immer wie ein blutdürstiger Wolf nach derlei Zinnober gierende Boulevard schuld. Auch Medien, die es kaum ertragen würden, einmal nicht ernst genommen zu werden, machen den Zinnober mit und phantasieren mit glühenden Ohren von der 'Sehnsucht der Deutschen nach einem Königspaar'." Bei solcher Vergötterung dieser beiden hochgestylten Typen kann es nicht verwundern, dass einer Politikredaktion das Praktikum, bei welchem Ken ein klitzekleines Bisschen von dem Medienbetrieb hatte kennenlernen können zu einem "...'magischen Impulsort' für das 'Mediengespür' zu Guttenbergs" gerät.
Richtig in die Vollen geht Wagner, indem er sich dem weiblichen Part dieses Hochglanz-Ehepaars folgendermaßen zuwendet: "In der Medientauglichkeit steht seine Frau ihm in nichts nach. Sie fügt sich so geschmeidig und friktionslos in die glatte und glänzende Oberfläche der Bilderwelt wie ihr Mann, ganz egal, ob roter Teppich oder Wüstensand oder die schorfigen Abgründe des Internets. Unstimmigkeiten, dass sie sich gerade in dem Boulevardmedium über die Pornographisierung der Welt echauffiert, das eben damit seine Leser lockt und deren niederste Instinkte prompt befriedigt, werden ebenso weggewischt wie die Schamlosigkeit, einen Feldzug gegen Kindesmissbrauch im Internet gemeinsam mit einem Fernsehsender zu veranstalten, der so etwas macht, um die an seinen eigenen Sendungen sonst stumpf gewordenen Zuschauer zu kitzliger, aber folgenloser Empörung zu reizen."
Und noch einmal ganz schlecht weg kommen diese beiden Boulevard-Aushängeschilder, wenn Wagner konstatiert: "Und dann klingeln mir auch noch regelmäßig die Ohren vor lauter Bedeutungsdonnern. Nie machen die zu Guttenbergs Sachen in der Öffentlichkeit einfach so, immer sind Schicksal, Pflicht, Werte und Haltung und was sonst noch alles an Gebirgsgipfelhaftem im Spiel...". Trotz der hohen Akzeptanz dieser beiden für unsere Verhältnisse recht typischen Gestalten ist an einem Punkt dem Publikum das "Gewese um die zu Guttenbergs" zuletzt "einfach als zu aufdringlich" erschienen: es hat sich schlicht der Wahrnehmung des Interviews verweigert, welches das Fernsehen vor dem Hintergrund des Hindukusch durch den wie immer in serviler Manier antretenden J.B. Kerner zu bringen sich nicht entblödet hat.
|
|||
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen