Dienstag, 6. April 2010

677 Die etwas andere Presseschau - hier: Auf Entdeckungsreise in und mit der FAS/11. Schwerpunkt: Die Mechanismen des Kundenfanges.

In der letzten der beiden hier erscheinenden Szenen aus der neuen Häschenschule - insgesamt sind es in der jüngsten FAS-Ausgabe 10 - meldet sich das leistungsbeflissene Häschen mit den Worten: "Wenn ich Mühe investiere/in die Häschenschulpapiere,/soll sich meine Leistung lohnen,/ich will nicht zur Miete wohnen."Eine solche Leistungsbeflissenheit lässt sich auch auf dem afrikanischen Kontinent registrieren. Wie zunächst der nebenstehende Beitrag aus derselben Ausgabe deutlich werden lässt.

Um sich ein Bild von den Verhältnissen auf diesem Kontinent machen zu können, hat der Journalist Thomas Scheen - in dieser Reihenfolge geschildert - die Länder Kongo, Sudan, Elfenbeinküste und Angola bereist, überall feststellend, dass sich dort seit seinem letzten Aufenthalt dort vor 10 Jahren enorm viel getan hat. Dazu schaue man sich seinen Beitrag näher an.

Hervorgehoben aus ihm soll hier nur sein, dass der Autor anfänglich "fest davon überzeugt [war], dass keinem Afrikaner so etwas Abstraktes wie ein Bausparvertrag zu verkaufen sei, weil er ja angeblich nur von Tag zu Tag lebt." Dass dieses Vorurteil meilenweit an der Realität vorbeigeht und wie die sich, an zig Punkten festzumachen, konkret darstellt, wird in dem Text sehr schön herausgearbeitet.
Der auf dieselbe Seite gestellte Beitrag "Die Armut halbieren" - so das Milleniumziel der Vereinten Nationen - nennt Zahlen und veranschaulicht an einer Graphik, wie die Verhältnisse auf dem Kontinent sich seit jetzt exakt 15 Jahren in einer geradezu dramatischen Weise zum Positiven hin verändert haben. Festgestellt wird dabei insbesondere die enorme Schubkraft, welche das Mobiltelefon der Entwicklung gegeben hat, und, dass die Ungleichheit in der Einkommensentwicklung sogar kleiner geworden ist und zunehmend kleiner wird. Geradezu peinlich das Abschlussstatement: "Und die Entwicklungshilfe? Hat sie einen Beitrag geleistet? " 'Wahrscheinlich nicht'," sagt Sala i Martin", von dem es anfänglich heißt, er sei ein renommierter Entwicklungökonom.
In einem Zeitraum von ebenfalls 15 Jahren hat der von Steve Jobs gegründete Apple-Konzern eine vergleichsweise fulminante Entwicklung durchgemacht. So, dass der Kapitalmarkt mittlerweile das fragliche Unternehmen mit mehr als 200 Milliarden Dollar bewertet. "Für das Geld könnte man Daimler und BMW locker zusammen kaufen. Adidas, die Allianz und sogar die Deutsche Bank gäbe es noch obendrauf."Am Beispiel Apple, welches Unternehmen weniger ein Technologielieferant denn ein "Erlebnisprovider" ist, wie die Konsumforscher es bezeichnen, wird sehr schön herausgearbeitet, a) wie die alten Kultobjekte Mercedes und Porsche im Bewusstsein vor allem der jüngeren Bevölkerung mehr und mehr in den Hintergrund treten, wie die b) es vorzieht, sich statt über PS und Hubraum zu definieren, einen an anderen Marken orientierten Lebensstil zu suchen, wie groß c) das Nachahmungsbedürfnis bei den anderen Unternehmern ist - verdeutlicht auch am Beispiel Lego -, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das "ebenso zu einer Marke werden [solle], 'die die Menschen für unverzichtbar halten' ", und wie schließlich d) der Mechanismus der Kundenbindung funktioniert: "Jedem Einzelnen gibt Steve Jobs das Gefühl, er kaufe etwas Besonderes, hebe sich ab von der Masse, was definitiv nicht zutrifft: Das iPhone gibt es heute im Supermarkt, damit telefoniert der Jungmanager ebenso wie der pensionierte Bischof. Sogar afghanische Terroristen schwören darauf. " 'Wegen iPhones und Apps sind sie schneller als unsere Soldaten', klagte jüngst die australische Regierung." Wie in dem Artikel geschildert, ist die Faszination, die Apple mit iPod, iPhone und jetzt iPad auf die Käufer ausübt, so groß, dass alle Firmen danach streben, sich in der Öffentlichkeit genauso darzustellen wie diese vor 15 Jahren noch von dem Ruin bedrohte Unternehmen.
Sehr viel mit Gefühlen hat auch das "Kaufereignis" zu tun, welches in dem Beitrag von Melanie Amann über die Kleidungsboutique Hollister dargestellt wird - überschrieben mit "Dieser Klamottenladen ist völlig anders". Da sorgt dröhnende Musik, da sorgen Lichteffekte und da sorgt vor allem ein durchdringender Parfümgeruch - Zitat: "Jeden Tag besprühen die Mitarbeiter das Sortiment mit einem Herrenduft" - dafür, dass die vorwiegend junge Kundschaft möglichst viel von den Angeboten mitnimmt.

Und die tut es mit wachsender Begeisterung - in dem bis dato einzigen Ladengeschäft im Frankfurter Einkaufstempel "MyZeil" -, obwohl einer wie Jörg Nowicki von der "Textilwirtschaft" urteilt: " 'Modisch ist Hollister eher einfallslos'." Und die tut es, obwohl in Amerika der Stern von Hollister im Sinken begriffen ist. Wie heißt es zum Abschluss so schön: "Jetzt soll der europäische Markt die Marke retten." Und das wird der auch wohl, denn die Leutchen sind ja so bekloppt, dass sie sich von Düften einfangen lassen und eine Geräuschkulisse für das große Erlebnis bei ihren Einkäufen halten.

Keine Kommentare: