Montag, 21. Dezember 2009

512 Kurz vor Weihnachten: Eine Merkformel, die eine kosmologische Perspektive eröffnet: "Dass die bewusste Kreatur es lerne, sich nicht zu überheben".

Wahrhaben werden es die meisten nicht wollen und meinen, die in diesen Tagen entfaltete Lichterpracht und die Berge von Geschenken könnten die dunklen Gemüter erhellen: Weihnachten ist doch schon seit Langem so verunstaltet - und dies nicht nur hierzulande -, dass man sich wirklich fragen muss, was seitens der Kirchen getan wurde oder hätte getan werden können, um solchen Auswüchsen wie den neben- und vorstehend repräsentativ gebrachten zu wehren. Die Antwort ist: So gut wie nichts. Um einen der Kernpunkte schon gleich hier anzusprechen: Jesus hat über kaum etwas mehr seinen Unwillen bekundet als über die Gängelung der Menschen durch diejenigen, die sich auf religiösem Terrain zu Autoritäten meinten aufwerfen zu dürfen, dabei ihre Mitmenschen auf ein ganz bestimmtes Verständnis festlegend. Was er an die Stelle solcher mit mehr oder weniger Zwang verbundenen Vorgaben gesetzt sehen wollte, war ihr unbefangenes Verhältnis hin zu seinem Vater und hin zum Geist, welches sie ohne Fremdbestimmung aufbauen sollten. Die Menschen dahingehend zu motivieren: dazu ist er in die Welt gekommen - und zu nichts anderem.

Aber auch heute sollen die Menschen wieder gegängelt werden und werfen sich Leute wie der Papst zu Autoritäten auf mit dem Anspruch, über Wohl und Wehe der Menschen befinden zu können. Wohin solche Übung führt: an Verhältnissen wie den eingangs skizzierten ist es zu besichtigen. Heute im Stehcafé mit dem H. auch darüber gesprochen und von ihm den interessanten Aspekt vorgestellt bekommen, dass die Juden solche Leithammel nicht kennen. Was in meinen Augen schon einmal ein gewaltiges Prae ist und irgendwie darauf verweist, dass man im Judentum aus den Vorhaltungen etwas gelernt hat, die Jesus seinerzeit der religiösen Obrigkeit gemacht hat. Wenn der Israeli Avraham Burg heute sagt, die Gebetsformel "Du hast uns auserwählt unter allen Völkern" sei passé und die Zukunftsformel müsse lauten "Du hast uns auserwählt mit allen Völkern", dann ist dies a) ein weiterer Schritt in die hier angezeigte Richtung, b) etwas, das ich unter der Thematik 'Instrumentalisierung des Holocaust' wohl irgendwann einmal in diesem Blog aufgreifen werde, aber auch c) etwas, das hier schon zuvor in diesem Sinne festgestellt wurde.

Schon an diesem Punkt Autoritätenbegründung geht es in der kirchlichen Praxis um das genaue Gegenteil dessen, was hier als Eingangsthese formuliert wurde, nämlich, dass die Veranstaltung Universum in erster Linie in dem Sinne zu verstehen ist, dass die bewusste Kreatur es im Laufe einer wenn auch noch so langen Entwicklung endlich lerne, sich nicht zu überheben. Mit dem, was ich gegenüber H. - und später einem alten Herrn, der mit seiner behinderten Gattin im Rollstuhl unterwegs war - dahingehend vorbringen konnte, bin ich übrigens auch auf ein großes Maß an Bejahung gestoßen.

Aber ehe ich im Wege des wie gewohnt entwickelnden Schreibens die Kurve hin zu der angedeuteten Perspektive mit ihrer gar nicht zu überschätzenden Reichweite nehme, soll hier in Sachen Überhebung zunächst an einem ganz praktischen Beispiel aus dem persönlichen Erlebensbereich angesetzt werden. Über ein recht voluminöses Stimmorgan verfügend, stehe ich immer wieder in der Versuchung, mit diesem stärker hervorzutreten - getreu dem einem schon in die Wiege gelegten Motto "Du solltest ein Star sein - sonst bist du gar nichts!" Dass dieses Motto im Gefolge dann von den Geschäftsleuten und den ihnen mehr oder weniger bewusst zuarbeitenden Medien ad extenso strapaziert wird, bedarf hier ja wohl keiner weiteren Erörterung.

Aus dieser stimmlichen Begabung folgend, habe ich auch schon aus diversen Chören meinen Abschied nehmen müssen - immer mit dem auch so formulierten Hintergrund "....das ist doch Solo" (hier zitiert die Dirigentin eines Kreises für moderne Kirchenmusik aus einem Nachbarort). Ich empfinde mich aber mehr als Chorsänger und lerne es auch mehr und mehr, das bei der entsprechenden Betätigung entstehende Klanggebäude in seiner Schönheit so wahrzunehmen, dass ich der besagten Versuchung weniger und weniger erliege. Wie sagte die Dirigentin des Heimatchores anlässlich der von einer kleinen Trauergemeinde in der örtlichen Friedhofskapelle angestimmten Gesänge? "Klaus, da hast du dich bei der Trauerfeier sehr schön zurückgenommen - dabei dann aber auch alle mitgerissen".

Aber weg von der persönlichen Erfahrungsebene und hin zu dem, was sich in der bezeichneten Hinsicht so alles auf der gesellschaftlichen Bühne tut. Ohne dabei unzulässig zu vereinfachen, wird man sagen können, dass das gesellschaftliche Szenario weitestgehend durch den Faktor Überheblichkeit sowie den sich dazu gesellenden Faktor Neid bestimmt wird. Zu letzterem habe ich mich in Post 500 etwas ausführlicher auslassen können, dabei auch begleitet von ähnlich gesinnten Kommentatoren, die sich in diesem Blog auffinden lassen, wenn man das in Eintrag 453 beschriebene Suchprocedere startet. Sehr stark zum Tragen kommen diese Stellgrößen in dem gesellschaftlichen Apparat mit seiner ausschließlich auf Mehrung des Besitzstandes ausgerichteten Wirtschaftsweise. Dazu brachte H. im Stehcafé, wo man halt auch über belangvollere Dinge als Fußball reden kann, den Hinweis auf Calvin. Der das wirtschaftliche Prosperieren ja als Indikator für das Auserwähltsein des Menschen für das Jenseits genommen hat - eine Sicht, bei der das menschliche Reüssierenwollen einem göttlichen Plan gleichgesetzt wird, total verkennend, dass dieser Erfolgswille ein völlig unangebrachtes Maß an Selbstüberhöhung impliziert. Die das genaue Gegenteil von dem darstellt, was eine gedeihliche Beziehung hin zur Transzendenz eigentlich ausmacht.

Alle in dem sich als Sieger gerierenden Kapitalismus gültigen Konzepte und in ihm vorgenommenen Planungen unterliegen doch dem inneren Zwang, sich nur ja nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Darüber hinaus befördert die Werbung kaum etwas so stark wie den Wunsch, sich mittels des zu erwerbenden Gutes möglichst erkennbar von seiner Umwelt abzuheben - in ihr dann möglichst intensive Neidgefühle auslösend. Das in dem hier unmittelbar vorangehenden Post erscheinende Anzeigenmotiv des Schmuckfabrikanten Wellendorff mag hier einmal unter diesem Aspekt betrachtet werden.

Alle Aufrufe zur Mäßigung und Bescheidenheit sowie zu einem vernünftigen Miteinander können doch nicht fruchten, wenn im gesellschaftlichen Umfeld permanent eine Haltung des Nimm-dir-was-du-kriegen-kannst - im Stile eines Raubritters, wie er nebenstehend erscheint, sowie eine des Heb-dich-mit-deinen-Errungschaften-bloß-von-dem-gemeinen-Volk-ab kultiviert wird. Welche wiederum der allüberall begnenden Bestrebung nach Selbsterhöhung und Selbstüberhöhung geschuldet ist. Von einer solchermaßen erhöhten Warte aus betrachtet will sich der auf Konsum getrimmte Bürger dann noch zudem als besonders wirkmächtig erfahren. Was ihn etwa dazu verleitet, sich zu all seinem Glitzerkram und seinen möglichst dutzendweise vorfahren könnenden Nobelkarossen, beispielsweise noch Laubblasgeräte zuzulegen, sich dabei mit einem infernalischen, aber geduldeten Lärm präsent machend und demonstrierend "Seht mal: ich kann's viel effizienter als ihr!"

Auch resp. gerade in Sachen Umweltschutz wird kein Weiterkommen erzielt werden können, wenn die Individuen es nicht lernen, von einer solchen Grundhaltung wegzukommen, zu der sie durch alle möglichen negativen Einflüsse konditioniert werden. Wobei hier die Bildung einbezogen werden muss, erzieht sie doch in erster Linie zum Reproduzieren von Inhalten, die mit der Lebenswelt der Individuen viel zu wenig zu tun haben, vor allem aber nicht zu einem kreativen und für sie produktiv werdenden Umgang mit den Objekten der Realität. Das Scheitern des soeben erst in Kopenhagen beendeten Klimagipfels sei hier nur stellvertretend aus der Fülle von Belegen dafür herausgegriffen, welche Resultate die zuvor skizzierte Einstellung zeitigt.

Solange der Menschheit eingetrichtert wird, man müsse sich gegenüber seiner Umwelt in einer möglichst eindrucksvollen Weise hervortun, um sich gut fühlen zu können - und in allererster Linie geht es um ein solches Grundgefühl -, solange sind auch Aktionen wie die gegenwärtig um Weihnachten herum von der HAZ inszenierte Geldsammlung für Bedürftige nicht mehr als ein Feigenblatt, welches die Blöße des umsatzgeilen, profitversessenen, geltungsbedürftigen und von einer monomanen Einstellung duchtränkten Körpers nicht bedecken kann. Und um diesen Körper geht es - zunächst einmal.

Herausgebildet hat er sich im Laufe von Abermillionen von Jahren. Wobei das, was immer neu wurde und sich weiterentwickelte - im Sinne des Betreffs einer eMail, den ich vor ca. 3 Jahren formulierte, nämlich "ERDE WERDE!" - durchgängig die folgende, auch heute noch verborgene Botschaft mit sich trug und weitergab - zunächst zu fassen in der englischen Liedstrophe "Row, row, row the boat gently down the stream - merrily, merrily, merrily: life is but a dream." Wobei es halt darauf ankommt, in dem Fluss der Entwicklung zu bleiben, der sich hinbewegt zu einem Mehr und einem Meer an Erfüllung. An der Quelle wird sich der Homo sapiens seiner selbst bewusst, um dann, seine Umwelt wahr- und in sich aufzunehmend, über sie zu reflektieren, sie wertzuschätzen, Zurückhaltung in jeder Beziehung ihr gegenüber zu üben - um so, in einem finalen Schritt und in die Ewigkeit hineinführend, so trainiert, dann auch solche Zurückhaltung gegenüber dem schöpferischen Geist walten zu lassen. Dabei dann nicht die unselige Tradition des Aufbegehrens und des gegen ihn gerichteten Unmutes fortzusetzen, die sich letztlich wohl darauf gründet, dass das Gegenüber als mit einem Mehr an Seinsqualitäten ausgestattet ist, welches sich nun einmal nicht aus der Welt resp. dem Kosmos schaffen lässt. Durch eine dahingehende Übung während der irdischen Existenz wird der eigene Geist dann geschult sein, einsichtsvoll deine eigenen Ansprüche zurückzunehmen und sich absolut freiwillig in seine nun einmal bestehende Inferiorität zu schicken. Wobei er es dann zu schätzen lernt, dass er als ein Gegenüber gebraucht wird, das sich für solches nicht meint schadlos halten zu müssen, und welches sich durch nichts beirren lässt - absolut freibleibend von jedem Ressentiment."

PS: Zwei Tage später diese Aussage in meinem ePostfach - gefolgt von einer weiteren vom 23.d.Mts.:
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wahrheiten
wir glauben
aber längst nicht mehr alles
der tag hat ein ende
aber auch einen anfang
wir fallen
immer wieder aufs neue
aber wir werden aufgefangen

die alten wahrheiten gelten immer noch

wenn ich einmal falle
will ich aufgefangen werden
will ich die wahrheit hören
die alte
die immer noch gilt.
© Sabine Heuser

Wahre Freiheit ist in uns selbst.
Wenn die Seele frei ist,
gibt es nichts in der Welt,
um uns zu binden –
überall finden wir Freiheit,
im Himmel wie auf Erden.
Hazrat Inayat Khan




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