Montag, 25. Mai 2009

261 Die etwas andere Presseschau - hier: Auf Entdeckungsreise in und mit der FAS/9

Überschrieben mit "Die abenteuerliche Auto-Expedition durch Afrika", findet sich in der jüngsten FAS-Ausgabe eine Darstellung der Umstände, mit denen es der ehemalige Kolonialoffizier und spätere Jagdflieger Paul Graetz bei seiner strapaziösen Tour durch das südliche Afrika zu tun hatte. Die, gestartet am 10. August 1907, am 1. Mai 1909 in Swakopmund beendet werden sollte.

Im Subtitel heißt es: "Für Zweifel an sich und seinem Vorhaben hatte er keine Zeit. Paul Graetz folgte seinem überlieferten Motto: Die Hauptsach' ist, dass das, was man tut, man selbt für möglich hält! Er wollte Afrika von Osten nach Westen durchqueren und verwirklichte seinen Traum vor 100 Jahren."

In der ganzseitigen Darstellung wird eine Berliner Zeitung zitiert - Datum 12. März 1907: " 'Ein deutscher Offizier beabsichtigt, Afrika mit dem Automobil zu durchqueren. Er scheint nicht zu wissen, dass es im Hinterland des schwarzen Erdteils weder Benzin noch Öl, noch Reifen zu kaufen gibt. Der Plan dieses Herrn kommt auf dasselbe heraus, als wolle er eine Reise zum Mond unternehmen.' " An genau diese Zeitung konnte der unternehmungslustige Abenteurer, der sich recht bald von der Vorstellung verabschiedete, eine für den Lastwagenverkehr geeignete Route auszukundschaften, nach seiner Ankunft an dem bezeichneten Zielpunkt auf einer Postkarte folgende Kurznotiz schreiben: "Bin soeben auf dem Mond gelandet." Alles, nachdem er sich entschlossen hatte, aus der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika (dem heutigen Tansania) auszutreten, auch seinem Vorgesetzten die Stirn bietend, der sein Vorhaben für groben Unfug erklärt hatte. Sein Ausgangsargument: Den Eingeborenen, die ihre schweren Lasten so gut wie ausschließlich auf dem Kopf trugen, müsste Erleichterung durch den Transport mittels Lastwagen geschaffen werden.

Zwischen dem 10. August 1907 und dem genannten Ankunftszeitpunkt Schwierigkeiten jede Menge, die es zu überwinden galt. Wobei die logistische Vorarbeit einen ganz entscheidenden Punkt markierte. Im Vorfeld dieser Planungsschritte wurde bei der süddeutschen Automobilfabrik in Gaggenau, einem Vorläufer der Mercedes-Benz-Werke, ein Spezialgefährt mit Omnibus-Chassis in Auftrag gegeben, welches eine Bodenfreiheit von 35 Zentimeter aufweisen sollte. Das fertige Fahrzeug verfügte über einen 35-PS-Vierzylindermotor, einen Benzintank vorn mit 250 Liter Volumen und einen hinter mit 125 Liter Inhalt.

Der eigentliche Punkt aber war, wie gesagt, die Vorarbeit in Sachen Logistik: Graetz ließ 6000 Liter Benzin, gut 200 Liter Öl, 25 Gummireifen sowie 33 Schläuche "strategisch deponieren", wie es in der FAS heißt. "Seine Lösung war ein eigens entworfenes 'Tankstellennetz' sowie weitere 22 Ersatzteillager, die als Gräber getarnt und mit Kreuzen versehen wurden."

Diese Arbeit delegiert Graetz an Treckburen, die mit Ochsenwagen in den afrikanischen Kontinent hineinzogen. Ohne die Hilfe der Menschen, die er bei seinem Projekt einspannen konnte, wäre der im Bild stehend erscheinende Ex-Offizier auf jeden Fall in die Knie gegangen: immer wieder musste sein Gefährt über etliche Kilometer hinweg gezogen oder getragen werden, musste das Auto komplett auseinandergebaut und von den Einheimischen über steile Berge transportiert werden.

Alsbald sollte es sich auch herausstellen, dass die 75 000 Reichsmark, die der Expeditionsleiter für die Veranstaltung an Kosten berechnet hatte, nicht ausreichten. Durch die Fotos, die er während der Tour bis dahin hatte machen können, durch Vorträge, die er vor in Südafrika lebenden Deutschen hielt, gelang es ihm allerdings, den auf das Doppelte angewachsenen Kostenbetrag aufzubringen. Wie er auch nach Abschluss des ganzen Unternehmens aus eben solchen Veranstaltungen recht viel Profit ziehen sollte. Dazu heißt es in dem Zeitungsartikel: "Seine Diavorträge über die abenteuerlichen Reisen [Graetz unternahm in den Jahren 1911 und 1912 eine noch spannendere Afrika-Durchquerung mit dem Motorboot] ermöglichten ihm ein sorgenfreies Leben. Er residierte in den vornehmsten Hotels und hatte eine Dauersuite im Berliner Hotel Adlon."

Obwohl Graetz über das Geschilderte hinaus sogar noch einen Vorläufer der Lufthansa gründete und das Berliner Nachtleben wesentlich mitprägte, sollte Graetz - nachdem er noch unter Hitler im Gefängnis gesessen hatte und aus der SBZ geflohen war - seines Lebens gegen Ende zu nicht mehr so recht froh werden: "Verarmt und vergessen starb er 1968 in Travemünde. Selbst sein Grab existiert nicht mehr."
Abschließend gibt der Autor des Artikelsl, Joachim Eissler, noch folgende Informationsquelle bekannt: www.paulgraetz.de .
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Apropos grober Unfug - so ja der Chef von Paul Graetz zu dessen Vorhaben: In derselben Ausgabe einige Seiten weiter etwas, das es nun wirklich verdiente, so bezeichnet zu werden: Da gehen doch tatsächlich Leute her und lassen sich von Zeitgenossen, die auf irgendwelche schrulligen Ideen verfallen, ihren Körper dadurch verunstalten, dass ihnen Tatoos


unter die Haut gespritzt
werden. Der "Meister" Donald Edward Hardy führt es an seinem Körper beispielhaft vor: Ein Habicht, Spinnen und Schalentiere sowie, den Blicken unter seinem Kurzarmhemd verborgen, jede Menge weiterer Tiergestalten. "Seit vier Jahrzehnten verschönert er in seinem Tatoo-Shop in San Francisco die Haut einer mehr oder minder zwielichtigen Klientel: Totenköpfe, Tiger, Adler hat er als Motive entworfen. Geishas und Bulldoggen, Kobras und Pin-up-Girls, umrankt von Rosen und Schleifen," führt die Autorin namens Bettina Weiguny weiter aus. Und ergänzt: "Niemand außerhalb Kaliforniens hätte davon Notiz genommen, wäre Ed Hardy vor einigen Jahren nicht auf die Idee mit der Mode verfallen: Warum Totenköpfe nicht auf T-Shirts und Kappen drucken? Zunächst gründete Ed Hardy eine Modemarke gleichen Namens, dann einen globalen Trend: 'Bling Bling' nennt sich der Glimmer-Chic: auffällige Motive, Glitzersteine und Pailetten in rauhen Mengen."

Weiter heißt es bei ihr: "Ed Hardy steht für eine grelle Kombination aus Totenkopf, Herzchen und Glitzer, aus Schwarz, Blutrot, Girlie-Rosa und Violett und Sprüchen wie 'Love kills slowly'. In Rekordzeit entwickelte sich aus dem Szeneerfolg ein Massenphänomen. In Amerika, Europa und Asien tragen vorzugsweise Frauen Bling Bling. Arrivierte Designer stürzen sich auf den Glimmer-Chic, ebenso zig Nachahmer, jede Menge Fälscher sowieso."

Im Weiteren geht's um die Preise für solches Machwerk: "Billig ist die Originalware nicht, auch wenn sie billig wirkt: Zwischen 99 und 199 Euro kosten die T-Shirts von Ed Hardy, Kapuzenpullis gibt es für 350 Euro." Und es geht um die Frage, wie ein solcher Erfolg zu begründen ist. Bemüht wird da die Psychologie, die konstatiert: "Mit Bling Bling können Frauen von einer schwachen Persönlichkeit ablenken, sie kaufen sich gleichsam Aufmerksamkeit." Ein Statement, an dem einiges dran sein dürfte, wird doch in unserer Gesellschaft allenthalben versucht, sich Aufmerksamkeit und Prestige mittel materieller Güter und auffälliger Merkmale zu verschaffen.

Die vorstehend erscheinende männliche Schönheit wird von der Autorin mit folgendem Kommentar bedacht - die Menschheit damit über einen Kamm scherend und ihn der blanken Idiotie bezichtigend: "Der moderne Mann trägt Bling Bling: je schriller, desto besser." Dies näher erläuternd, stellt die Autorin diese seltsame Wortschöpfung als Glimmer-Chic mit auffälligen Motiven, Glitzersteinen, Pailetten dar. Welcher für die bereits bezeichnete Ausgangsklientel von Ed Hardy von Ed Hardy bezeichnend war: üppige Klunker, glitzerige Jacken, sowie jede Menge Strass und Nieten - alles "bis vor kurzem ... die Insignien des billigen Geschmacks".

Aber über sein Modelabel ist Ed Hardy ja weggekommen von der Einfachversion des Konsumenten und hat hingefunden zu den Promis in Hollywood und deren gut betuchte Fans rund um den Globus. Zu seiner Klientel zählen Madonna ebenso wie Tennis-Star Venus Williams, Mick Jagger und Paris Hilton, Michael Jackson und die Sängerin Katy Perry - sowie etwa auch die deutschen Fußballgrößen Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger.

Nach den Tatoos für die Konsumenten-Einfachversion kam es zu einem Rundumschlag: "Hardy-Totenköpfe prangen nicht nur T-Shirts und Kappen. Unter dem Label werden Uhren, Sneakers [was ist das, bitte schön?], Handys und Parfüms verkauft, Mineralwasser und Energie-Drinks und sogar Autor. Lamborghini, der italienischen Sportwagen für den Stier im Mann, hat fünf Luxusrenner im Ed-Hardy-Stil aufmotzen lassen. Mehr als 40 reine Ed-Hardy Shops haben inzwischen weltweit geöffnet, zwei davon vor kurzem in Berlin und Frankfurt. Den Markteintritt hat die Firma von langer Hand vorbereitet. Statt die übliche Marketingmaschinerie anzuwerfen, kaufte sich Ed Hardy in Heidi Klums Fernsehshow 'Germany's Next Topmodel' ein. Begleitet von einem Kamerateam, flogen die Kandidatinnen nach Los Angeles und kleideten sich dort im Ed-Hardy-Shop ein. Damit war die Begehrlichkeit hierzulande geweckt" - meine allerdings nicht, wie sich der geneigte Leser wird denken können.
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Unter dieser Überschrift erscheint ein von dem Autor Lars Jensen verfasster Artikel über die Hauptstadt Äthiopiens, der im Wesentlichen darauf hinausläuft, dass mit dem Lande gemeinhin ein zu hohes Maß an Rückständigkeit assoziiert werde.
Was sich in den strahlenden Kindergesichtern schon andeutet: Der Autor registriert in dem Land ein sehr großes Maß an Freundlichkeit und Fortschritt. Er stellt etwa fest: "In Ruhe kann man die Auslagen untersuchen, denn niemals würde ein Äthiopier einen Fremden nötigen oder anbetteln." Und zum zweiten vorstehend genannten Gesichtspunkt: "Natürlich sind wir arm verglichen mit Europa. Aber Äthiopien ist eines der bestentwickelten Länder Afrikas. Wir können uns mit allen Lebensmitteln selbst versorgen. Die Wirtschaft boomt seit Jahren und wächst schneller als die Chinas."

Dieser Umstand macht sich nicht zuletzt in den Auslagen der Geschäfte bemerkbar. Dazu heißt es bei Jensen: "Das 'La Parisienne' in der Hauptstadt Äthiopiens: Die Kuchentheke ist etwa so lang wie ein Fußballtor und enthält neben vielen anderen Köstlichkeiten vier verschiedene Apfelkuchen, acht Sorten Croissants sowie ein endloses Sortiment äthiopischer Kekse. Die Liste der Kaffeevariationen ist endlos. Was allerdings nicht überrascht, hatten wir doch in unserem Reiseführer gelesen, dass die Äthiopier das Getränk vor 4000 Jahren erfunden und seitdem zur Perfektion verfeinert haben."

Dem Autor ist bei seinem Landesbesuch auch die Schönheit der Frauen aufgefallen. Er kommentiert: "Ein Blick in den Saal [des La Parisienne], Treffpunkt der schönen Menschen von Addis. Einige Damen sehen aus wie David Bowies Frau Iman, andere hatten Ähnlichkeit mit Beyoncé oder der jungen Whitney Houston oder Tyra Banks. Ach was! Die Frauen hier wirkten viel schöner als die Prominenz aus dem Fernsehen."

Interessant ist das, was die Äthiopier mit Deutschland assoziieren. "Wenn Äthiopier einen Deutschen treffen, kommen ihnen zwei Assoziationen in den Sinn: Mercedes-Benz und Karlheinz Böhm. Kein Wunder, dass die Menschen davon träumen, einen Strichachter oder einen Einszweidrei zu fahren, denn den Straßenverkehr dominieren Zehntausende Ladas, die die UdSSR in den siebziger und achtziger Jahren schickte........Der Volkschauspieler Karlheinz Böhm machte sich in Äthiopien einen Namen, als er 1981 die Hilfsorganisation 'Menschen für Menschen' gründete, mit dem lobenswerten Ziel, die Hungersnot in der Wüste von Nordostäthiopien zu bekämpfen."

Was das Wirken des seinerzeit mit meiner Erinnerung nach um die 2 Millionen Mark - gewonnen im Zusammenhang mit einer Sendung von "Wetten, dass" - in die Aufbauarbeit eingestiegenen Schauspielers anbetrifft, so fährt der Autor des Artikels fort: "Viele Äthiopier glauben allerdings, er habe mit seiner Kampagne auch dafür gesorgt, der Welt ein verzerrtes Bild von Äthiopien zu liefern: als Land, das in Armut und Hunger versinkt." Dazu kann ich hier nur sagen, dass ich bis zu der Lektüre dieses Artikels eben dieses Bild mit mir herumtrug.

In die Historie des Landes einsteigend, führt Jensen aus, dass "an dieser Stelle vor über 100 000 Jahren die Menschheitsgeschichte begann. Doch erst 1886 hatte Imperator Menelik II. Addis Abeba - der Name bedeutet 'neue Blume' - als künftige Hauptstadt gegründet. Die Religionsgeschichte lässt er folgendermaßen zum Tragen kommen: "Neun von zehn Einwohnern sind orthodoxe Christen, und ihre Gottesfurcht macht sie zu höflichen und stolzen Menschen."

Ganz der Gegenwart zugewandt, heißt es dann weiter: "Nach Sonnenuntergang fängt Addis Abeba an zu swingen. Es ist die Stadt des Vibraphon-Sounds und des gepflegten Saxophon-Solos. Egal, ob man in Piazza eine Kellerkneipe besucht oder im 'Hilton'....einen Cocktail zu sich nimmt: Irgendwo spielt immer jemand einen Jazzklassiker - mehr oder weniger afrikanisch beeinflusst......Star des Abends waren Munit Mesfin und Jörg Pfeil [ein aus Frankfurt stammender Musiker] mit ihrer Show 'Just the Two of Us'. Munit singt, und Jörg spielt Gitarre, gemeinsam landeten sie schon einige Male Top-Ten-Hits in Äthiopien. Das örtliche Szenemagazin 'It!' schreibt: 'Die beiden erzeugen eine Atmosphäre wärmer als bei jedem Orchester."

Der Autor beendet seine Liebeserklärung an die Stadt mit dem Statement: "Wenn wir so gut Jazzgitarre spielen könnten wie Jörg, wären wir vermutlich auch nie wieder aus Addis Abeba abgereist."



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