Mittwoch, 20. Mai 2009

254 Um 11.30 h, also zweieinhalb Stunden nach Beginn der Neuzeit in den USA, geht es in diesem Internet-Logbuch weiter:......................

Da ich so recht im Lauf bin und gerne noch den einen oder anderen gekonnten Return auf die Angaben speziell der Kirchenobrigkeiten hin machen möchte, gleich weiter in der bereits angeschnittenen Thematik. Dabei recht zuversichtlich, anders als die beiden Spielerinnen, die Bodenhaftung nicht zu verlieren.

"Hinaus ins Freie": so titelt der Autor
M.B. Berger heute in dem Leitartikel der HAZ zum Evangelischen Kirchentag. Um am Ende die Frage zu stellen: "Oder sind die Zeitläufte viel zu differenziert und der Anspruch, eine Art prophetische Ansage zu liefern, zu hochmütig? Der Bremer Kirchentag muss darauf eine Antwort finden."

Vor dieser Schlussfrage resümiert der Autor die Geschichte der fraglichen Veranstaltung - übrigens die 32. dieser Art -, beginnend mit der "Rüstzeit" aus den Anfangstagen dieser Republik, die "eine ziemlich fromme Angelegenheit war", über die Öffnung gegenüber der APO in den sechziger Jahren und die Funktion als Sammelbecken für Friedensbewegte in den Siebzigern - bis hin zur "Zeitansage", wie sie heute mehr oder weniger energisch postuliert wird. So schicken sich denn Frau Merkel und Herr Steinmeier an, in Bremen etwas über "Menschenwürde" zu verlautbaren.

Ferner heißt es in dem Artikel: "Und am Sonntag, wenn etliche protestantische Spitzensätze über die Menschenwürde gelassen ausgesprochen sein werden, ist der Kirchentag nahezu frei von Politikern....Der Kirchentag ist dann, und das ist kein Schade, unter sich." Aber im Grunde nur, so lässt der Autor erkennen, um Selbstdarstellung zu betreiben.

Etwas wehmütig konstatiert Berger: "Damals lieferten Kirchentage [gedacht für den protestantischen Laien] tatsächlich so etwas wie eine 'Zeitansage' - und damit Argumente für kulturelle Weichenstellungen in der Gesellschaft..... Die Akzentsetzung verdankte sich indes oft der gezielten Provokation, auch Grenzüberschreitung." Demgegenüber kann er nur beklagen, wie sich der Kirchentag der jüngeren Geschichte darstellt: "Von 'Zeitansage' sind die Kirchentage heute weit entfernt, zu groß das differenzierte Angebot, zu verlockend das Bedürfnis, selbst einen medialen Event zu setzen....So wird die Frage 'Mensch, wo bist du?' [das Motto des diesjährigen Kirchentages] auch in einem Drive-in-Gottesdienst beantwortet oder bei Veranstaltungen wie 'Teufelsmoor in Gotteshand', einem 'Torfkahngottesdienst'. Aber wollen die Protestanten auf Dauer hinnehmen, dass ihre Treffen immer belangloser werden?"

Um eben diese Belanglosigkeit ist es mir bei dem gegangen, was ich noch an diesem Morgen - aber aus dem bereits angegebenen Grund noch dem Dienstag zugeordnet - auf dem virtuellen Papier an Aspekten zusammengestellt habe. Dem hinzufügen möchte ich hier noch den Aspekt, dass die Kirchen - egal ob die der Katholen, der Evangelen oder der Baptisten - sich wegen zu intensiver Befassung mit ihrem eigenen Profil und der daraus auch resultierenden Perspektivlosigkeit für die Allgemeinheit auch einen Großteil der Schuld daran zurechnen lassen müssen, dass Jugendliche, die nirgendwo Inspiration erfahren, mobil machen gegen unsere Verhältnisse. Dabei dann allerdings auch nur deshalb so kackfrech auftreten könnend, weil ihnen die "klammheimliche" Befürwortung durch die tonangebenden Herrschaften in unseren Landen sicher ist: das in Anführungszeichen gesetzte Wort war einmal, zu Zeiten des linken Aufruhrs, von Belang für eben dieses Lager.

In der Ausgabe mit dem hier thematisierten Leitartikel finden sich auf der 3., also der politische Verhältnisse ad extenso darstellenden Seite unter der Überschrift "Die sozialdemokratische Ruhestörerin" folgende Aussagen, die mir geeignet erscheinen, den Rahmen hier etwas abzurunden: "Schwan geht es nicht um einen Systembruch. Sie betont, zu Demokratie und Marktwirtschaft gebe es keine bessere Alternative. Doch ihr geht es um eine kulturelle Neubesinnung. Das Prinzip 'Jeder gegen jeden' sei zum Grundprinzip in allen Lebensbereichen geworden. Die Dominanz des entfesselten Konkurrenzdenkens habe in eine 'strukturelle Verantwortungslosigkeit' geführt. Schwan prangert einen überbordenden Wettbewerb an, in dem einzig und allein der Gewinner zähle und schon der Zweite und Dritte dem Vergessen preisgegeben werde."

Welch alles mich zu dem Statement veranlasst, dass die permanente Suche nach der Schönsten, dem Schnellsten, dem Waschbrettbauchigsten, der Angesagtesten oder dem Cleversten - und wohin auch immer diese Suche sich richten mag - ein Nebenprodukt auch des kirchlichen Versagens in puncto Inspiration und Wertevermittlung ist. Solche schrägen Typen wie die nebenstehend erscheinenden können doch nur reüssieren, weil - über die so bezeichnete Popband "Erste allgemeine Verunsicherung" hinaus - auch noch weitere bestehen. Die man aber einfach nicht wahrhaben will. Man hat ja seine "Frohe Botschaft", die es zu verkünden gilt - aus der aber überhaupt nichts Frohes folgt, wie in Posts 252 und 253 zu besichtigen.

Man mag es hin- und herwenden, so oft man will: Die allgemeine Unkenntnis darüber, dass religiöse Bindung auch erfahrbar werden kann - vorausgesetzt, man tritt in den Raum der Stille ein oder vergisst beispielsweise über die Sorge für andere die eigene Vorteilshascherei -, führt auch zu solchen Auswüchsen wie dem, das Stühlestapeln als Kunst auszugeben resp. zu goutieren. Auswüchse hier und dort und überall: Die Religion in ihrer handelsüblichen Gestalt kann und wird ihnen nichts Essentielles entgegenzusetzen haben - da beißt keine Maus den Faden ab. Da in ihr - resp. in ihnen - die Dimension der Erfahrung weitestgehend abgeschnitten ist und stattdessen Leerlauf ohne Ende stattfindet resp. produziert wird, kann sie einfach kein tragfähiges Fundament für den Bau einer aufgrund ethischer Regularien funktionierenden Gesellschaft abgeben: nicht allein das in Post ... thematisierte Quälen von Kindern in den katholischen Heimen Irlands oder, wie erst unlängst in der Presse dargestellt, im Deutschland der 50er Jahre, belegt dies nur zu augenfällig.

Leider lässt sich der Artikel über den Mord eines Muslim an seiner Frau im Moment nicht mehr greifen, in dem geschildert wird, wie der sich ihr gegenüber aus seinen religiösen Überzeugungen heraus meinte gebärden zu müssen - bis hin zu dem finalen Schuss. Das war's dann aber auch schon: sowohl mit dem bedauernswerten Opfer wie mit der Ansicht, ganz feste religiöse Bindungen brächten dem Menschen das Heil.




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