a)
ad a) "Wir sind zwar aufs Land gezogen, aber wir haben unsere Identität nicht zurückgelassen", vermeldet eines der "Glitzer-Girlies" in der nebenstehenden Fernsehkritik. "Viele Koffer mit noch mehr Schuhen drin": das ist es offensichtlich, woraus die "Jetset-Ladies" ihre Identität beziehen. Sie können sich schmuck anziehen: das war's denn aber auch schon. Das Saudumme an der ganzen Angelegenheit: Dass allzuviele unserer Zeitgenossinnen nach eben dem vorstehend bezeichneten Modell verfahren.
Wenn ich in diesem Zusammenhang die kleine Buchreihe "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" des Sprachkenners Bastian Sick erwähne, dann, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Zeitgenossen dazu neigen, ihre falschen Vorstellungen so zu pflegen, dass darüber etwas bis dato einigermaßen Selbstverständliches einfach gekippt wird und auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Was hiermit auf den Sprachgebrauch bezogen gesagt wird, gilt im Grunde für das gesamte Betätigungsfeld und Verhaltensrepertoire des """Homo sapiens""". Den ich bewusst so apostrophiere, weil das, was er gemeinhin so fabriziert - insbesondere auf gedanklicher und einstellungsmäßiger Ebene - eigentlich zum Schreien veranlassen müsste, wenn..........
Es ist die Crux insbesondere wohl unserer Zeit - die hier in ihrer Spanne bis hin zurück an den Anfang des vorigen Jahrhunderts gesehen wird -, dass die Menschen dazu neigen, irgendwelchen vorgegebenen Losungen zu folgen und das zu tun, was gerade angesagt erscheint. Dabei total sich davon abbringen lassend, ihr Fundamenalinteresse an einem gelingenden Leben und an gelingender Gemeinschaft wahrzunehmen, geschweige denn, es zu verfolgen. Um ein Beispiel zu geben: Das pausenlose Werbegetrommel, welches heute zur Beförderung der Umsätze ertönt, unterscheidet sich in meinen Augen wesensmäßig nicht von dem, was zu Zeiten des Dritten Reiches zu hören war: Hier wie dort die Zielvorstellung, möglichst viele so zu vereinnahmen, dass sie meinen, zu dem veranstalteten Zirkus nur noch Beifall klatschen zu können. Wie dergleichen im Endeffekt ausschaut: dazu hätten sie wohl Anhaltspunkte - nur: die werden nicht weiter bedacht. Da wir gerade bei "Punkten" sind: Ich werde es hier, abweichend von dem zunächst angedachten Darstellungsverfahren, so handhaben, dass ich in einem gegebenen Darstellungszusammenhang mit ad a), ad b) etc. pp. auf die Materialien verweise, die nachstehend zur Erhellung des Gemeinten gebracht erscheinen.
Fangen wir an mit der Mode. "Wobei Das Saudumme an der ganzen Angelegenheit: Dass allzuviele unserer Zeitgenossinnen nach eben dem vorstehend bezeichneten Modell verfahren" hieß es einleitend. Wobei zu ergänzen wäre, "...um dann so "verführerisch" aus der Wäsche zu gucken:" - ad b). Und, ebenfalls noch ad b): dass, von Jugend an immer wieder auf bestimmte Vorstellungen festgelegt, kaum jemand auf den Gedanken kommt, bei dem ganzen Betrieb würden sich die Modemacher denn doch allzuoft zu sehr versteigen. Wohl nicht mehr zu toppen: Das "Göttliche" an den zu vermarktenden Klunkern, die in der b)-Sequenz an sechster Stelle erscheinen.
Derweil ganz unverhohlen an allen möglichen Orten in der Damenwelt das Luxussegment bedient wird und damit die Richtung eindeutig ist, zeigen sich die Herren nicht so ganz einig darüber, wo es langgehen soll - ad c). Wobei hier boshafterweise kommentiert sein soll, dass dabei überwiegend in die richtige, nämlich die rechte Richtung gewiesen wird. Die dort dann eingenommenen Standpunkte, so will's halt das Establishment, werden schon die richtigen Koordinaten haben.
Auch in der Herrenwelt wird gerade in letzter Zeit insbesondere das Luxussegment bedient - zu ersehen etwa an dem Bugatti - d). Noch gestern in der dem Stehcafé zugeordneten Sitzgruppe im Freien diesbezüglich ein recht interessantes Gespräch mit Bernd S. geführt. Der sich als Allround-Techniker halt nicht nur so seine Gedanken über Installationen und deren Abläufe macht, sondern noch über so einiges mehr. Sein Fazit: Wenn Porsche - dessen Laden ja brummt wie sonst kaum einer - noch mehr Anteile von VW erwirbt, dann wird es bei den Einfachmodellen ganz mager ausschauen. Die würden möglicherweise sogar ganz im Hintergrund verschwinden.
ad e) lässt sich apropos "Einfachmodelle" auch etwas sagen: Da zieht also eine Dame hochbefriedigt ab - wie die Leutchen, die beim Bäcker ihre BILD eingesteckt haben -, die ein ganz dolles Produkt, nämlich einen Leucht-Elch, hat erwerben können. Und da outen sich zwei recht Schwergewichtige als Fans eines - hoffentlich! - in der Bundesliga zu einem Schwergewicht sich entwickelnden Vereins. Und da steigen Gestalten - gänzlich ohne Schminke! - gemeinsam eine Treppe hinauf - ohne eine Chance, so auch im sozialen Leben weiterkommen zu können: seltsam gewandet und auch ansonsten in einem Outfit, das geradezu der Horror ist. Dabei den Stoff mit sich führend, der in vorgerücktem Stadium so bezeichnet zu werden pflegt: den "Alllohoooooooohl".
ad f) ließe sich kommentieren, dass das, was in dem Artikel zu dem "Auslaufmodell Westen" als Bedrohungsanalyse daherkommt, allemal nicht den eigentlichen Erfordernissen entspricht. Verwendet wurde die Überschrift nur, um die in der Warenwirrniss und den Statussymbolen liegende Dekadenz anzudeuten. Derer sich die Benutzer wohl nicht so bewusst sein dürften.
ad g) sei gesagt, dass es wohl feingeistigere Typen sind, denen das Unhaltbare an unseren Shopping-Verhältnissen aufgeht.
ad h), dass die Selbstvergewisserung, den guten Gottschalk (der Name spricht Bände) immer auf gleichem Niveau zu erleben, denn auch nicht mehr so recht funktioniert.
Und, last, not least ad i), dass der dort angesprochene sozialpsychologische Aspekt es sehr wohl verdient, in den Blick genommen zu werden: Das dort letztlich nur sich selbst feiernde Publikum ist genau das sich seiner selbst vergewissernde Publikum, welches ich hier mein.
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Auch wenn der Verdacht aufkommen sollte, hier sei so etwas wie Überhebung im Spiel: Ich finde das Material einfach zu sprechend, um es bei der Vorstellung meiner Idee außen vor zu lassen. Das entsprechende Risiko sei in Kauf genommen, weil es gilt, deutlich zu machen, dass die Aussage "Biathleten sind ein bisschen krank im Kopf" nicht nur für diese gilt. Die Frage ist nur, wie ist eine solche Krankheit zu kurieren?
Im Kern geht es darum, dass die Allerwenigsten an den Punkt gelangen, ihr eigenes Selbst als das wahrzunehmen, was es eigentlich ist: eine im Zuge der "Creatio Continua" auf ein Mehr und Mehr an Einsicht, Frieden und Glückseligkeit angelegte Entität. Welche nur durch alle möglichen Ablenkungen von dem Eigentlichen abgebracht wird und einfach nicht auf den Trichter kommt, dass der Initiator der "Creatio Continua" etwas Weiterführendes mit ihr im Sinn haben könnte als ein gerade mal seine Notdurft verrrichtendes Wesen. Jesus hat uns doch nicht von ungefähr die Worte "Dein Reich komme" in den Mund gelegt, dabei den Erdenbezug noch dadurch bestärkend, dass er formuliert: "...Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden..."! Dem Initiator der "Creatio Continua" dürfte nicht sonderlich daran gelegen sein, davon glaube ich mittlerweile ausgehen zu können, dass Proselyten zu ihm hinfinden durch etwas, das mehr oder weniger mit Stimmungmache zu tun hat. Anstelle einer Stimmung müsste ein aus der Gotteserfahrung fließendes Mehr an Hinwendung zum Nächsten stehen - so, wie bei mir, als ich nach meiner ersten Meditations-Session urplötzlich den Drang verspürte, mich mit meinen Mitmenschen im Stehcafé auszutauschen. Leider verhält es sich so, dass auch die Baptisten, deren Gottesdienste ich in letzter Zeit des Öfteren aufsuche, um einige Reaktionsecken herum, letztlich Gottes Größe auf sich selbst beziehen, so eine Gotteserfahrung eher verhindernd denn fördernd. Und auf die kommt es, dies wird mir zunehmend deutlicher, ganz zentral an. Jeder hat, weil die entsprechenden Anknüpfungspunkte ja in ihm vorhanden sind, die Möglichkeit zu solcher Erfahrung - nur: er lässt sie sich in aller Regel verbauen. Wobei er dann noch glaubt, er handele selbstbestimmt und rational. Dazu werde ich - ausnahmsweise mal wieder - mehr in ein Buch hineinschauen, auf welches ich, mal wieder passenderweise, gerade gestoßen bin: "Gesellschaft ohne Vertrauen" von Timothy Speed.
Wenn der Papst, wie gestern noch in der Presse berichtet, vor einer "geistlichen Wüste" warnt, die aus der Gier nach materiellem Reichtum sowie einer Haltung des Zynismus resultiere, dann setzt dies im Verständnis einfach zu kurz an. Und es übergeht schlicht den Umstand, dass gerade die katholische Kirche mit ihren Bemühungen um Profilschärfung und um Einheitlichkeit der Darstellung von Glaubensinhalten ganz wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine solche Wüste überhaupt entstanden ist. Gelegentlich werde ich mich dazu etwas eingehender äußern.
Den vorstehenden Text zu dem religiösen Ansatz von Rainer Maria Rilke finde ich auch wieder nicht von ungefähr: belegt er mir doch, dass es durchaus auch Geister gibt, die ähnliche Vorstellungen wie ich im Sinn haben. Das dort besprochene Buch werde ich mir umgehend besorgen. Um es auf den Punkt zu bringen: Soll der ganze Apparat aus dem Circulus vitiosus herausgelangen und sich dann in eine Richtung bewegen, die wirklich wünschenswert erscheint, so reicht es nicht, wenn uns irgendein Großkopfete - und selbst, wenn er sich Papst nennt - irgendetwas vorgibt, an das wir uns nur halten müssen. Sondern es kommt darauf an, dass ein jeder die Möglichkeit erhält und auch wahrnimmt, unabhängig von wie auch immer Weisungsbefugten an Orten der Stille die Erfahrung der Transzendenz zu machen. Die weitaus kostbarer ist als alles Geschmeide - selbst wenn es aus der Wellendorf-Fertigung stammt.
Eine so geartete Erfahrung ist gerade kirchlicherseits immer wieder als mystisch in Verruf gebracht, wenn nicht gar verteufelt worden. Die entsprechende Einstellung hat sogar eine solche Durchschlagskraft, dass in einem Presseorgan, welches sich aus Bevormundung durch die Kirchenobrigkeit befreit hat - gemeint ist hier das sich als "Zeitschrift für kritische Christen" verstehende Publik-Forum, einem Redakteur deshalb der Stuhl vor die Tür gesetzt wird, weil er es sich hat angelegen sein lassen, derartiges Gedankengut in die Veröffentlichungen einzubringen.
Insbesondere auf religiösem Terrain pflegt die Selbstvergewisserung Urstände zu feiern - gipfelnd in dem Erfolgsausweis: Soundsoviele habe ich von der Richtigkeit meiner Gottesvorstellungen überzeugen können. Wenn Jan Philipp Reemstma dem Respektierenmüssen der Religion anderer eine Absage erteilt - auch wieder nicht von ungefähr bin ich gerade auf die neuerschienene Zeitschrift Recherche aufmerksam geworden, in welcher er dazu einen Artikel geschrieben haben soll -, dann lässt sich dies wohl vor dem oben skizzierten Hintergrund verstehen.
Die Selbstvergewisserung könnte anders funktionieren - nämlich so, dass die Individuen, immer wieder den inneren Ort der Stille aufsuchend, sich mehr und mehr von dem hektischen Getriebe und Gemeine (Dafürhalten) um sie herum distanzieren, so zumindest eine Ahnung von dem erhaschend, welche Potentiale in ihnen verborgen liegen. Dann nämlich sind sie soweit, die Wirklichkeit mit anderen Augen zu sehen und ihr eine Chance hin zu einem Mehr an Erfüllung für alle einzuräumen. Die Crux ist nur: Niemand unter unseren "Vordenkern" wünscht so etwas. Denn das brächte ja ein größeres Maß an Autonomie, wenn nicht sogar geistiger Autarkie mit sich. Wer bei solch gefährlichen "A-Wörtern" auch noch so etwas wie Anarchie wittert, dem sei gesagt: nichts liegt bei solchem Procedere ferner, denn: Nur so findet sich das im All Alles und Alle vernetzende Band.
Wir könnten auskommen ohne Statusgelüste und Machtallüren, ohne Stargehabe resp. den Versuch, sich mit einer für groß gehaltenen Figur zu identifizieren, ohne den Zwang, sich für das entgangene Leben dadurch an den anderen zu rächen, dass man sie in ihren Möglichkeiten beschneidet - und noch so viel mehr, was uns Tag für Tag die Laune total vermiesen will. Und was auch dadurch nicht aufgehoben werden kann, dass "wir" mit "unserer" Mannschaft ganz groß herauskommen!
PS: Gerade mal wieder "zuf#llig" auf eine Lyrik-Mail folgenden Inhalts gestoßen - der so recht zu dem oben Ausgeführten passen will:
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Lyrikmail <post@lyrikmail.de>
Gesendet: 13.12.07 04:46:05
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Lyrikmail Nr. 1663 13.12.2007
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Paul Fleming (1609-1640)
An sich
...
Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,
Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite Welt und alles untertan.
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