Zu diesem Wandel heißt es zunächst: "Der katholische Theologe David Berger war einmal das, was man einen 'Traditionalisten' nennt. Traditionalisten sind fleißige Schanzarbeiter, die hohe Mauern um den heiligen Leib der Kirche errichten, um sie vor der gottlosen Moderne zu schützen. Wann dann noch Zeit bleibt, bekämpfen Traditionalisten den Teufel des 'Progressismus'. Damit sind vor allem Linkskatholiken gemeint, aber auch liberale Theologen wie Karl Rahner und sein Schüler Kardinal Lehmann.Auch David Berger, Jahrgang 1968, verfasste Brandschriften gegen die linke 'Verirrung' und nannte Karl Rahner einen Ketzer, der 'Verderbnis in die Kirche bringt'."
Im Weiteren werden dann die Stationen aufgelistet, die dieser als Publizist tätige Theologe im Kirchenverband durchlaufen hat, innerhalb dessen sich Pius-Brüder, Opus-Dei-Leute und andere rechtsgewirkte Leutchen um ihn rissen: Doktor in Theologie; Habilitation an einer polnischen Universität; Redner bei der Vereinigung Pro Missa Tridentina; Lektor der der Glaubenskongregation mit dem Auftrag, eine verdächtige Innsbrucker Jesuiten-Zeitschrift zu überwachen; korrespondierender Professor der Päpstlichen Akademie des heiligen Thomas von Aquin; Chefredakteur und Herausgeber der Zeitschrift Theologisches, des wichtigsten Forums konservativer Katholiken.
Das Folgende per Zitat: "Mittlerweile hat David Berger dem rechtskatholischen Milieu den Rücken gekehrt und über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben ...[s. Vorspann]... Dieses Buch gehört zum Unglaublichsten, was derzeit über die katholische Kirche zu lesen ist, und Christian Geyer hat recht, wenn er schreibt, das schmale Werk könne Benedikt XVI. durchaus 'in die Bredouille bringen' (FAZ vom 22.11.2010). Tatsächlich schildert Berger das Pontifikat des Papstes als fundamentalistische Wende, systematisch würden liberale Theologen zum Schweigen gebracht oder verdrängt, während der Einfluss traditionalistischer Gruppen rapide wachse. Berger meint die Organisation Opus Dei, aber auch die Piusbrüder, das Engelwerk, die Blaue Armee Mariens oder die TFP, die Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum."
Der Autor konstatiert, dass das operative Muster des Rechtskatholizismus überall gleich sei: die biblische Botschaft werde gleichsam "entchristlicht und mit ultrakonservativen Vorzeichen versehen". In diesem Zusammenhang kommt er auch auf den Skandal zu sprechen, der im Zusammenhang mit dem Holocaustleugner Richard Williamson steht: Berger folgend, ist er keine Panne, wie der Vatikan dies behauptet, vielmehr läge ihm eine ganz gezielte Aktion zugrunde.
Abschließend leuchtet der Autor das Umfeld aus, in dem die Kirche jetzt steht und kommt in diesem Zusammenhang in seinem Rezensionstext nochmals auf die Piusbrüder zu sprechen: "Unter Papst Johannes Paul II. stand die katholische Kirche im Zenit ihres Ansehens, sie war eine Weltkirche, eine globale moralische Autorität. Mit der Rehabilitierung des Holocaustleugners Williamson, so Berger, sei die Stimmung umgeschlagen, und seit den Missbrauchsskandalen befinde sich die katholische Kirche in der größten Krise seit der Reformation. Nun steht sie am Scheideweg. Entweder kehre Benedikt XVI. zum weltoffenen Geist des Zweiten Vatikanums zurück - oder er fördere weiterhin die Sezession aus der liberalen Gesellschaft, den Rückzug der Erleuchteten und Erwählten auf den Fels Petri.
Für den zweiten, den reaktionären Weg spreche Benedikts Absicht, die Piusbrüder 'ohne Vorbedingungen' in den Schoß der Kirche zurückzuholen, eine Bruderschaft, die einen Kreuzzug gegen die Moderne führe und den Menschenrechten und der Demokratie den Kampf angesagt habe - für eine neue Theokratie einschließlich Todesstrafe und Katholizismus als Staatsreligion. Berger duldet keinen Zweifel: Würde der Papst alle Sekten und Spökenkieker wieder in seine Arme schließen, dann hätte er zwar die Einheit des Glaubens wiederhergestellt, aber die Gestalt der Kirche wäre eine ganz andere: Sie wäre die größte Sekte der Welt."
Auch wenn die fragliche Veröffentlichung wegen der Revolte des Autors gegen die Nichtakzeptanz seines Schwulseins mit gewissen Abstrichen versehen werden muss: sie erhält ihren Wert durch die schonungslose Offenlegung insbesondere der rechtskatholischen Netzwerke, wie sie sich um den "Lieblingsbischof" von Benedikt XVI., Kurt Krenn, gebildet haben - bei welchem die Polizei 40000 schwule Pornobilder und Kindersexdateien fand -, und wie sie sich aus bestimmten Versammlungsformen heraus ergeben: "Aufschlussreich ist auch Bergers Erinnerung an katholische Herrenabende, bei denen bekennende Rechtsradikale und verurteilte Volksverhetzer auftraten und der Antisemitismus zum guten Ton gehörte. Außerdem berichtet er von 'schwarzen Akten', die angelegt wurden, um theologisch unbotmäßige Priester unter Druck zu setzen. Wer es wagt über Frauenordination laut nachzudenken, muss mit härtesten Strafen rechnen. Wer dagegen wie Bischof Williamson neurotischen Frauenhass an den Tag legt, wird von Rom hofiert."
Apropos Neurose: Damit trifft der hier anhand seines Werkes vorgestellte Autor genau das, was sich auch in diesem Blog immer denn mal wieder notiert findet.
PS: Werte/r geneigte/r Leser/in: Sofern Ihnen Form und Inhalt dieses Eintrags zusagen, sollte dessen Weitergabe oder aber gleich des Blogs via Link an Ihren Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich nichts im Wege stehen. Für den Fall, dass Sie auch über die Adressen offiziöser Stellen verfügen: Geben Sie das Material ruhig auch an die weiter. Damit vielleicht der/die eine oder andere der dort Tätigen sich besinnt und nicht mehr mitmacht bei dem hierzulande weiter und weiter veranstalteten Wahnsinnstreiben. So, dass die von Politikern gepflegte, nur dem Eigeninteresse verpflichtete Verfälschung der Wirklichkeit denn doch einmal ein Ende findet und die Demokratie eine Chance bekommt, mehr zu sein als bisher - eine nur nützliche Fiktion.
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