Dienstag, 25. November 2008

114 Herrliche Impressionen aus dem Deister,....- und: Herrliche Stimmen im Deister

......heute in der Frühe im Wartezimmer des Zahnarztes gefunden: Ein als Ausgabe im Selbstverlag erschienenes Buch, welches in ungewöhnlich stimmungsvoller Weise die Schönheiten der Natur präsentiert. Die knapp 28 Euro, die der Fotograf dafür verlangt, werde ich gerne aufbringen. Wer mag, kann einen Querschnitt der Motive unter http://www.deister-foto.de/ sichten.

Da wir gerade bei dem Aspekt 'Frost' sind: Die Karte, die mir die ehemalige Dirigentin meines "Hauptchores" auf mein in Post 109 zu findendes, an sie gerichtetes Schreiben als Antwort schickte, zeigte das vorstehende Bildmotiv.











In die Mitte dieses Posts - dort, wo sie eigentlich gar nicht hingehört, weil die zentrale Aussage eine andere ist-, habe ich nachträglich eine am Donnerstag als Werbebeilage gefundene Reklame für Pretiosen gestellt. Sowie - am Sonntag, dem 30.d.Mts., den Wahnsinns-Schmuckbaum aus dem Reiseteil der FAS. Zu dem heißt es zunächst - unter Aufnahme der Artikelüberschrift: "Der Etat bin ich". Welche ergänzt wird durch folgende Formulierung: "Darf man in der Krise zum Shopping nach New York fliegen, über die Avenue Montaigne schlendern? Ein Plädoyer fürs Geldausgeben". Zu dem Baum heißt es in der Bildunterschrift weiter: "Eine Dame begutachtet einen juwelenbehängten Weihnachtsbaum in einem Kaufhaus in Los Angeles, der schon 1955 über 1,5 Millionen Dollar teuer war." Alles präsentiert von einer Brigitte Scherer. Auf deren Argumente einzusteigen ich einfach keine Lust habe. Weil die "wahren Werte", wie sie etwa auch bei der sündhaft teuren Wellendorf-Kordel annonciert werden, für mich einfach nur Warenwerte sind. Auf die ich halt nichts gebe. Was nicht heißen soll, dass ich gute Warenqualitäten nicht zu schätzen wüsste. Bin ich doch über die - konkret: die einer bei uns in 2004 installierten Pelletfeuerung - überhaupt erst zur Schreiberei im Internet gelangt.

Das ganze um derartige Dinge veranstaltete Buhei geht mir, wie es im Neusprech ja gerne heißt, "so was vom am Arsch vorbei", dass manch ein Werbeagent aus Verzweiflung über die Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen am liebsten wohl aus dem Fenster seines hochgelegenen Büros springen möchte, reagierten mehr Zeitgenossen auf ihre Ein- und Ausfälle so wie ich. Alles für mich so uninteressant, dass ich deswegen eine Schmuckträgerin resp. den sie Ausführenden nie darum beneiden- oder sie auch nur beachten würde. Was ja wohl der eigentliche Zweck der Übung ist. Ich halte wesentlich mehr etwa auch von bleibenden Erinnerungen, wie sie mir durch den Auftritt de
r Petersburger Harmonie - s. unten - vergönnt gewesen sind. Und: Ist das Erleben von neuem Leben, welches aus und auf altem erwächst, nicht ein viel unvergänglicherer Wert als ein noch so kostbares Geschmeide?

Mit dem Schluss Landestrost, welches hier auch erscheint, verbinde ich hier einmal eine vielleicht nur auf den ersten Blick schräg anmutende Vorstellung. Nämlich die
, dass das Land resp. seine Bewohner für die gehabten Zurücksetzungen - aktiv wie passiv - , bitte schön, gewissermaßen Entschädigung und Trost suchen mögen: indem sie sich in ein gehobenes Ambiente hineinbegeben - oder aber alle möglichen "Luxusgüter" sich zu beschaffen bestrebt sind. Die sich dann sogar bei mit Gold dekorierten Mahlzeiten einverleibend. Man muss, so glaube ich, kein eingefleischter, kommerzresistenter Knochen sein, um sich nicht auf all die unsinnigen Vorstellungen einzulassen, die einem laufend gerade in der Reklame, aber auch in redaktionellen Beiträgen begegnen.




















































Stimmungsvoll - im wahrsten Sinne des Wortes - ging es vor einigen Tagen in der Barsinghäuser Klosterkirche zu: Da hatte das Gesangsensemble Petersburger Harmonie - alle Kräfte zu Solisten ausgebildet - wieder mal einen Auftritt. Den meine Holde und ich leider verpasst haben. Es wäre für uns die zweite Gelegenheit gewesen, es sich mal richtig warm ums Herz werden zu lassen. Die Kirche, die ja quasi mitten im Waldareal des Deisters liegt, bietet natürlich einen idealen Rahmen für ein mit soviel Stimmgewalt daherkommendes Ensemble: zuvor hatten wir den Chor in einer anderen in der Nachbarschaft gelegenen Kirche vernommen. Jeder, der mal irgendwo dieses Gesangsensembles gewahr wird, sollte alles stehen und liegen und sich dieses Klangereignis nicht entgehen lassen. Welches in aller Regel wohl auch noch als mit freiem Eintritt verbunden angekündigt wird. Obwohl es sich allemal lohnte, dafür mindestens 15 - 20 Euro aufzubringen.

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Wen bei dem hier Vorgestellten das ungute Gefühl beschlichen hat, dass die Herrlichkeiten in der Natur wie auch in der mitmenschlichen Begegnung zu sehr durch die Kritik an den Verhältnissen - die eingangs überhaupt nicht intendiert war! - überlagert worden ist: dem sei hier abschließend so etwas wie ein Beschwichtigungspillchen verabreicht und noch etwas für seinen Hausgebrauch geboten: eine kurze Gegenüberstellung der Browser Mozilla Firefox und Internet Explorer hinsichtlich dessen, was sie bei der Benutzung leisten. Wozu bemerkt sei, dass die entsprechenden Hinweise möglicherweise nur für den von Google übernommenen Internetdienst Blogger gelten:

1. Hineinnahme von kopiertem Material in einen Post
Firefox erkennt in der Regel irgendwelche Formatierungen nicht und macht somit ein Speichern insbesondere von eMails immer wieder unmöglich. Von daher in solchen Fällen für mich - vorerst - die einzige Möglichkeit, den Vorgang über den Explorer zu starten und abzuschließen. (Explorer: +)
2. Herstellen eines Links
Funktioniert nicht bei Firefox: Wenn die www.-Adresse eingegeben worden ist, tut sich weiter gar nichts. Erst wenn man in den Explorer reingeht, wird, wenn man nach dem entsprechenden Hinweis die Leertaste betätigt, dieser durch automatisches Unterstreichen zu einem Link. (Explorer: +)
3. Die Geschwindigkeit beim Wechsel vom Bearbeitungs- zum Präsentationsmodus
Hier geht's schneller beim Explorer: bei Firefox ist es nervig, den Aufbau der jeweiligen Seite anhand des Statusbalkens zu verfolgen. (Explorer: +)
4. Hochladen von Bildmaterial
Funktioniert beim Firefox oft erst nach mehreren Anläufen, insofern arbeitet der Explorer hier zuverlässiger. (Explorer: +)
5. Verwendung aller Gestaltungselemente
Aus mir nicht erfindlichen Gründen unterschlägt Firefox immer denn mal wieder Material, welches beim Explorer erscheint. Auch hier steht der Explorer besser da. (Explorer: +)

6. Rückgängigmachen eines fehlerhaften Arbeitsschrittes
Nur bei Firefox möglich. Der Explorer kennt - zumindest bei Einschaltung des Internetdienstes Blogger (Sozius von Google) - nur ein "Zurück". Das aber bringt nicht das erwünschte Ergebnis. (Firefox: +)
7. Die Wiedergabe beim Aufrufen der Seite
Geht man auf den Link, der zu der Seite führt, erscheint die Schrift bei Firefox um einiges größer als beim Explorer, und die Bildelemente behalten die ursprünglich vorgesehene Position mehr bei. (Firefox: +)
8. Die übrigen wesentlichen Funktionen
Hier erweist sich wieder Firefox als komfortabler, so, dass ich alle sonstigen Bearbeitungsschritte damit vornehme: Zwar ist das Markieren beim Explorer möglich, nicht aber ein Kopieren und Platzieren von Textmaterial an eine andere Stelle. Bildmaterial ist bei ihm nur äußerst mühsam an eine bestimmte Stelle zu ziehen, indem man an den unteren oder oberen Fensterrand geht; viel rationeller ist das einfache Ausschneiden und Einfügen bei Firefox.
(Firefox: +)



















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Montag, 24. November 2008

113 Zur Poldimanie: "Im Liebesrausch" - so titelt der Autor Thomas Klemm in der gestrigen FAS-Ausgabe.

Zu einer Geschichte, in der es ordentlich klemmt (nomen est omen). Dort geht es um Liebesbeziehung, für die offensichtlich ein "Sie konnten zusammen nicht kommen" gilt: Die zwischen den Fans des 1. FC Köln und dem Bayern-Spieler Lukas Podolski. Welch Erstere ihrem "Fußballgott" in der Fankurve nur allzugern zujubeln würden. Aber - leider - nicht können, weil der beim größten FC in unseren Land auf der Reservebank festgehalten wird. Der Autor widmet dieser Angelegenheit nachgezählte und -gemessene 5 Textspalten à 20 cm Höhe - mitsamt einer Großaufnahme etwa 90 % einer ganzen Seite einnehmend. So bedeutsam ist das Geschehen um den besagten Helden vom Fußballplatz.

Nach den oben festgehaltenen einleitenden Worten heißt es weiter: "Hier [beim Bankdrücken] könnte die Fernbeziehung enden zwischen dem 1. FC Köln und 'Prinz Poldi', der mit elf Jahren zum FC kam, mit 18 in der Bundesliga debütierte, mit 21 nach München wechselte und nun, mit 23, nicht mehr recht vorankommt. Aber die alte Liebe ist nicht nur so frisch wie früher, sie ist jetzt auch romantisch verklärt."

Dann geht es um den Kontakt zwischen den beiden Vereinen: "Es ist kurios. Ein Klub wartet auf den Anruf des anderen. Unterbrochen wird die Funkstille zwischen den Vereinen von der Öffentlichkeit, klagt Meier. Sie würde den zweiten Schritt vor dem ersten machen, sie gehe davon aus, dass Podolski von heute auf morgen zum FC kommen wolle - 'wir ihn aber gar nicht finanzieren könnten'. Es gibt einige Möglichkeiten, sich in Köln bekannt zu machen. Im Karneval Prinz, Bauer oder Jungfrau zu werden, das erfordert Geld, Geduld und Energie. Schneller geht es, eine Idee zu haben, wie 'Poldi' finanziert und damit nach Hause geholt werden kann. Über viele Dinge haben die Kölner schon nachgedacht: über einheimische Unternehmen als Sponsoren, über Soli-Zuschläge für Stadionbesucher oder über Spenden von Fans. Der allerneueste Einfall kommt aus einer Branche, die in den letzten Wochen etwas in Verrruf geraten ist. Ingo Soriano-Eupen ist Finanzberater, er will einen Poldi-Fonds auflegen, auf diese Weise 20 Millionen Euro einsammeln, den Bayern-Spieler kaufen und ihn dem FC zur Verfügung zu stellen - für fünf Millionen Euro jährlich. Mit diesem Betrag sollen das Gehalt Podolskis und eine Rendite für die Anleger gedeckt werden."

Die Resonanz in der Presse zu dem, was sich da so auf der Bühne des Geschehens tut, wird folgendermaßen kommentiert: "Die Boulevardzeitungen können bestens damit leben, dass zwischen München und Köln nichts passiert. Kein anderer Abwesender garantiert so großen Absatz wie Lukas Poldolski, der nach kölscher Meinung richtige Stürmer auf dem falschen Platz. Selbst ein trockener Zeitungsartikel, in dem es um Konzepte geht, wie Fans über Anleihen das Kapital ihr Lieblingsklubs für neue Transfergeschäfte erweitern können, wird zum journalistischen Quotenknüller, wenn darin die Namen 'Poldi' und '1. FC Köln' auftauchen. Diese Reizwörter garantieren öffentliches Interesse, sorgen bei den Fans für Diskussionsstoff, setzen den Verein unter Druck. 'Die Poldi-Sehnsucht', steht in der Kölner Boulevard-Zeitung 'Express'; ob dieses Motto die Stimmung verstärkt oder überhaupt erst schürt, das bleibt dahingestellt. Diejenigen, die FC-Geschäftsführer Meier als Trittbrettfahrer bezeichnet, haben in den Medien besonders leichtes Spiel, weil sich der 1. FC Köln derzeit so bedeckt hält. Der Klub ist der Einzige, der in der Stadt nicht über eine mögliche Rückholaktion Podolskis spricht. 'Das mag nach außen hin führungslos oder handlungsunfähig aussehen', gesteht Manager Meier ein, 'aber intern wissen wir genau, was wir können und was nicht.' Also, was kann der 1. FC Köln? Meier lacht. Was er sagt: 'Lukas hat für Köln eine Magnetfunktion. Er elektrisiert alle'."

Dann kommt der Autor zunächst darauf zu sprechen, dass Podolski eine Spielerpersönlichkeit sei, die genau das erzielen " 'was wir brauchen: Tore!' " Daran die Frage knüpfend: "Tore? Drei Treffer hat Podolski in dieser Bundesliga-Saison bislang erzielt. Zweimal spielte er er beim FC Bayern über neunzig Minuten, er werde siebenmal ein- und zweimal ausgewechselt. Das alles ist dokumentiert bei SportsLab, der neuen vereinseigenen Datenbank des 1. FC Köln. Um im Weiteren einen Podolski-Kenner zu zitieren: " 'Überragend sind seine Schusstechnik und seine Aggressivität im Zweikampfverhalten. Seine Schwächen sind, dass er kaum nach hinten arbeitet, dass er manchmal den Abschluss sucht, statt seinen Nebenmann anzuspielen, und dass er den Kopf unten hat'."

Akribisch geht es weiter: "Eine mögliche Antwort hat sich bereits angedeutet, am 13. September, dem vierten Bundesliga-Spieltag. Der FC Bayern spielte in Köln, Podolski wurde in der 57. Minuten eingewechselt, drei Minuten später bereitete er das Münchner 2:0 vor. Nachdem er kurz vor Abpfiff zum 3:0-Endstand getroffen hatte, wurder er nicht nur von Bayern-Fans, sondern auch von Anhängern des 1. FC Köln gefeiert. Die Bayern-Bosse brodelten, und die Kölner Spieler waren so stocksauer, dass ein Gegentreffer bejubelt wurde, egal wer ihn geschossen haben mag. Milivoje Novakovic, derzeit Kapitän und als Torjäger ein Star der Mannschaft, beschwerte sich bei den Anhängern. Mit Erfolg: Eine Reihe von Fanklubs distanzierten sich oder baten um Entschuldigung. Da hatte man es wohl etwas zu weit getrieben mit der kölschen Poldimanie."
Das Abschlussstatement: "Und immer wieder, so eine Angestellte, kommen Fans vorbei, die ein Kölner Mannschaftstrikot kaufen - und es mit dem Namen 'Podolski' beflocken lassen. Nationaltrikots mit dessen Namen und der Nummer 20 gehören auch zu den beliebten Verkleidungen in der noch jungen Karnevalsaison. Dieses närrische Treiben ist an Aschermittwoch vorbei. Was bleibt, sind Rheinländer im Liebesrausch."
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||Heute noch im Stehcafé die Montagsrunde in Sachen Fußball mit der allfälligen Fachsimpelei über das Spiel vom Wochenende "genießen" können. Wie üblich hatte der Bernd S. seinen Kicker auf dem Tisch vor sich liegen. Olaf M., der in der hiesigen Gemeinde einen Holz-Baumarkt führt, gab bei der Gelegenheit eine Geschichte zum Besten, die ihm einmal ein Studienfreund berichtet hatte: Als 19-Jähriger habe er seine 16-jährige Schwester einmal in ihrem Zimmer eingeschlossen und dabei gefordert, sie müsse erst alle Spieler der Nationalmannschaft auswendig hersagen können, bevor er sie wieder freiließe. Was dann, dem Herrgott sei's getrommelt und gepfiffen, wohl auch funktioniert habe.
Es ist oft erstaunlich, welche Einzelheiten in der Fußballrunde aufs Tapet kommen: das fängt bei den Trainer-Verpflichtungen an - und hört bei der Schilderung von Spielzügen aus einer Fußballpartie von anno Tobak noch lange nicht auf. Dass, sollte 96 in die 2. Liga absteigen, Vereinspräsident Kind nicht zu seinem Worte stehen wird, auf jeden Fall an dem Trainer Hecking festzuhalten, darüber herrschte in der Runde Einigkeit. Allerdings mit dem kritischen Zusatzvermerk, Hannover habe die Geschichte in letzter Zeit so oft durchexerziert - von Ragnick über Neururer und Lienen bis hin zu eben Hecking -, dass daraus eigentlich deutlich werde: ein Trainerwechsel macht es nicht. Wenn man sich die vorstehende Bewertung der Spielerleistungen anschaut, kann man dem eigentlich nur beipflichten. Was ich denn auch tat. Auch wenn mir der "Hundeklaus" heute in der Frühe wiederholt den Mund zu verbieten suchte, weil ich eh keine Ahnung hätte: Zu diesem Tagebucheintrag in Sachen Fußball habe ich mich dennoch verstiegen.

Fazit: Doll, was die Leute in Sachen Fußball so alles im Kopf bewegen! Da wird ein Sieg der Herren von der SB Bredenbeck natürlich gerne als Ausgleich für die Beeinträchtigung - oder gar moralische Beschädigung - genommen, die man durch eine "Klatsche" 0:4 für eine Mannschaft, für die Lokalpatriotismus zu entwickeln sich eigentlich lohnen müsste, auf dem Spielfeld erst hat registrieren - und dann verdauen müssen. Hundeklaus outet sich in dem bezeichneten Rahmen immer wieder gerne als Fan von Borussia Dortmund - wie es zu dieser Liebesbeziehung kommt ist mir allerdings unerfindlich, denn er hat nie im Ruhrpott gewohnt -, und der Rainer R. ist leidenschaftlicher Bayern-Anhänger: immer wieder Stoff für kleine Reibereien. Die, und das ist das Schöne an der ganzen Angelegenheit, als angenehm empfunden werden können, weil sie eine Atmosphäre der Lockerheit zu schaffen in der Lage sind.
Da schaut jemand über den Tellerrand seines engen Wirkkreises hinaus - reichlich grämlich dreinblickend. Ich schätze mal, dass es ein Fußballexperte ist, der kritisch das verfolgt, was sich um ihn herum mit den fliegenden Bällen und den fliegenden Personen - es mögen Torwarte, es können aber auch Trainer sein, so tut. Wie mag sich wohl im Endeffekt - bei soviel Flugbewegungen hinein ins Tor und hinein in eine andere Mannschaft -, die von ihm favorisierte auf dem Spielfeld und in der Tabelle behaupten? Fragen über Fragen, die ihm einfach keine Ruhe lassen wollen. Was ich bei dem endlosen Sermon, der sich da zum Teil über Stunden hinweg erstreckt, allerdings befürchte, ist, dass bei soviel Detailkenntnis relativ wenig Platz bleibt für Überlegungen, die über den Spielfeldrand hinausgehen. Und damit, auch wenn der Blick über den Tellerrand hinausgeht, den Vorstellungshorizont über die Maßen einengen.

Ich halte die ganze Geschichte mit dem Fußball und die ihm gerade auch in den Medien gewidmete Aufmerksamkeit für reichlich übertrieben und meine, man sollte sich nicht endlos mit dieser im Grunde total nebensächlichen Angelegenheit beschäftigen. Die überwiegend wohl deshalb so maßlos aufgebauscht wird, weil daraus eine ganze Reihe von Fußballakteuren und -agenten ordentlich Nektar ziehen können. Wobei ich dann andererseit schon wieder sehe, dass über andere Dinge ein solcher Austausch schwerlich zustandekäme, wie er sich etwa in dem bezeichneten Aufenthaltsraum verfolgen lässt.



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Sonntag, 23. November 2008

112 "Das Leben radikal anders denken": mit diesen Worten wird nicht bedacht, was hier versucht wird - obwohl dies die Richtung ist, in die sich in diesem Blog das Allermeiste bewegt.

In dem Sinne, dass es sich vielleicht ein wenig rumspricht, wie ein allgemeines, aber weithin nicht sonderlich valides Dafürhalten eigentlich nur entweder zur Selbstbeeinträchtigung - oder aber sogar zu Kleinkriegen im Alltag führt. Hier geht es vielmehr um den Roman "November 1918" von Alfred Döblin. Welcher hier vorgestellt sei anhand einer heute im Feuilletonteil der FAS erschienenen und von Eberhard Rathgeb verfassten Rezension. Nach Auffassung des Autors das beste Buch zu eben den bezeichneten Vorgängen - abschließend noch so charakterisiert: "Keinem Historiker ist gelungen, was diesem Roman gelungen ist". Im Weiteren die wichtigsten der von ihm zu dem Buch getroffenen Statements.

Der Autor leitet seine Ausführungen folgendermaßen ein: "Man isst, schläft, macht was. Daraus wird kein Zeitgenosse. Wer sich aber Zeitungen und ähnliche dem Tag gewidmete Quellen anschaut, wer sich informiert über das, was in der Welt geschieht, der kann sich vielleicht Zeitgenosse nennen. Man redet mit, hat Ansichten parat. Wenig später geht man mit den Ansichten wieder zur Arbeit. Die Bundestagswahl alle vier Jahre macht den Kohl auch nicht fett. Wahrscheinlich wird man kein historischer Mensch mehr sein können, einer, der mit sehr vielen anderen in eine entscheidende Lage gerät."

Eine solche Lage wird für 1918 verzeichnet: "Das Romangeschehen reicht vom Aufstand der Matrosen in Kiel Ende 1918 bis zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin Anfang 1919. Erzählt wird in einem schnellen Wechsel der Szenen. Man muss überall zugleich sein. Zahlreiche historisch verbürgte Personen treten auf, darunter Ebert, Scheidemann und Noske, der Bluthund von der SPD. Aber auch ausgedachte Figuren, in denen sich Symptomatisches, Grundlegendes sammelt und formt wie Sand in Muscheln zu Perlen."

Näher charakterisiert findet sich der Roman vor allem in den folgenden Zeilen: "Grandios komponiert er Fakten, Fiktionen, Ereignisse, Erlebnisse, Geschichte, Geschichtsphilosophie, Politik, Poesie, Diagnose und Drama, Lebenswelt und Weltanschauung. Das ist der blaue Pool, in den springen sollte, wer herausfinden möchte, wie sich das anfühlt, die Revolution, die Geschichte und man selbst mittendrin. Vor allem erfährt der Leser auf diesen über zweitausend Seiten, was es bedeutet, als historischer Mensch in die Pflicht genommen zu werden. Mit Zeitunglesen und Brötchenkauen kommt in der deutschen Revolution von 1918/19 keiner weiter." Womit der Rezensent den Bogen schlägt hin zu seinen schon recht resignativen Statements zu Anfang.

Rathgeb führt weiter aus: "Döblins monumentaler Roman 'November 1918' gehört zu der leider zahnlos gewordenen Kategorie der 'engagierten Literatur'. Die Form des welthaltigen dezisionistischen Erzählens wird durch den in den dreißiger Jahren im Pariser Exil begonnenen Roman über die gescheiterte deutsche Revolution von 1918/19 vorbildlich ausgefüllt. Doch das Lehrbuch des Handelns hat keinen Nachfolger gefunden. Es zwingt in die Parteinahme und, zugleich, in die Introspektion, es zwingt in die Ereignisse und, zugleich, in die Empathie. Jeder muss sehen, welchen Weg er geht. Der Roman ist eine letzte Totale - dank Döblins umfassendem Blick auf eine zersprungene, doch einzigartige einzige Wirklichkeit."

Etwas weiter heißt es bei Rathgeb: "Kein Dogma, keine Doktrin, nichts, was an schale Behauptungen, hölzerne Regeln, leere Pamphlete oder literarische Streitigkeiten erinnern könnte. Döblins Kunst definiert Größeres, über den Augenblick, über die Ereignisse einerseits weit hinausreichend, in den Augenblick, in das Ereignis andererseits tief hineinreichend."

Gewissermaßen hier als Resummee genommen folgende Zeilen: "Die kunstvolle Mischung verschiedener Welten, die weit über das Eigenheim Ich, Es, Über-Ich hinausreichen, hebt die Revolution aus ihren theoretischen, die Politik aus ihren pragmatischen und die Möglichkeit eines fest gefügten, auf das Vergessen des Krieges gegründeten Daseins aus ihren existentiellen Angeln. Das Leben nach dem Krieg muss radikal anders gedacht und gefühlt werden."



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111 "Der Massenbeste" - .so titelt eine neuere HAZ-Ausgabe über einem Beitrag zu dem Phänomen Mario Barth.


Der locker ganze Stadien mit seiner Zuhörerschaft zu füllen in der Lage ist - so, dass "man dieses Volk bald einteilen kann in die Gruppe, die Barth live gesehen hat, und die wenigen anderen." Zu diesen wenigen anderen zähle halt auch ich. Und im Fernsehen tue ich mir diesen Ausbund an Witzigkeit auch nicht an. Weil ich mal wieder keine Lust habe, mich auf ein derart primitives Niveau zu begeben: Sit venia verbo!

In dem Artikel heißt es zu den Hauptfiguren auf der Barth'schen Ulkbühne: "ER ist immer noch Urmensch, nur, dass er mittlerweile Sportschau guckt. SIE ist ohne die Handtasche nicht existenzfähig." Zur männlichen Spezies konstatiert der große Menschenkenner: "Männer sind primitiv, aber glücklich." Was alles mich - hörte ich mir solchen Zinnober denn mal länger an - nicht sonderlich anspricht. Denn a) habe ich vor allem meine Holde so gut wie nie mit einer Handtasche gesehen - und die Phalanx von Frauen, die ich kenne, auch nicht. Und b) kann ich mich, da überhaupt sehr wenig auf das Fernsehen gebend, bestens aus der Sportschau heraushalten. Und sonderlich primitiv empfinde ich mich auch nicht. Welch alles mich zu dem Schluss bringt, dass bei der ganzen Barthmanie etwas mit dem Reaktionshaushalt der breiten Masse nicht in Ordnung sein kann: Wie kann man bloß über solche "Scherze" in ein "Dauerkichern" - oder gar in ein "Massenlachen" verfallen? In meiner immerhin 7köpfigen Familie dürfte kaum jemand sein, der auf das geschickte "Timing" bei der Platzierung der Pointen anspricht.

Liebe Leute: Kann Euch denn wirklich so ein Zinnober vom Hocker reißen?





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110 Da wollen wir uns denn ja doch einmal etwas mit der Gesundheit befassen - und bei der Gelegenheit auch wieder gegen Manien anargumentieren.

So, wie unter den erwachsenen Männern, die als Radsportler unterwegs sind, die Manie verbreitet ist, dabei auf keinen Fall einen Fahrradweg zu benutzen - vgl. die Ausführungen in dem Post

103 Dresscode und andere mehr oder weniger verbindliche Vorgaben

-, so ist es für Jugendliche ganz selbstverständlich, dass sie sich diese blöden Stöpsel ins Ohr stecken, um Musik in einer Lautstärke zu hören, die, wie der hier gebrachte Artikel ausführlich darstellt, sich allemal extrem schädlich auf das Gehör auswirkt. Wobei - zu finden in der letzten Textspalte - eine regelrechte Kaskade von Beeinträchtigungen zu verzeichnen ist.Bei anderer Gelegenheit - ich weiß jetzt nicht mehr, bei welchem Post in dem Komplex "Gesang" - habe ich die nebenstehende Darstellung der an das Handy geknüpften Hörgewohnheiten Jugendlicher schon einmal gebracht: passenderweise sei sie auch hier ins Blickfeld gerückt. Ich meine, die in dem Text angesprochenen Sachverhalte sind so widersinnig, dass man sich am liebsten an die Füsse fassen möchte - a) weil der Kopf dadurch eh schon sehr strapaziert, b) dafür aber auch noch einfach zu schade ist.
Ob MP3 oder Handy: Hauptsache, man kann sich mit so etwas sehen lassen und sich dabei auch einem vermeintlichen Hörgenuss hingeben. Nach dem Motto: "Hörschäden gibt es morgen, nicht heute."

Legt man das Blatt um und beginnt eine neue Seite, dann kommt man dazu, festzustellen, dass solche in der Jugend geübte Konformität - die sich selbstverständlich den Anstrich der Individualität gibt und geben muss - auf allen anderen Daseinsfeldern und in allen weiteren Altersstufen auch begegnet. Deren Erscheinungsweise regelrecht Legion ist. Dazu wird es demnächst in diesem Blog noch so einigen Stoff geben.

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Da erscheint doch in eben der oben bezeichneten Zeitschriftausgabe eine Anzeige, die die recht gängige Anschauung widerspiegelt, derzufolge Psychopharmaka in der Lage seien, am Befinden des Zeitgenossen etwas wirklich einschneidend und zum Guten hin zu ändern. Was ich hiermit zumindest in Frage zu stellen wage. Weil ich ganz andere Mittel zu kennen glaube, über die sich eine positive Lebenseinstellung gewinnen lässt. Wer mag, kann ja mal in meinem Blog herumstöbern, um herauszufinden, was mir dabei so vorschwebt und wie ich dabei argumentiere.
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Auch wenn aus einer kommerziell, also in erster Linie am Umsatz für das Gewerbe interessierten Publikation stammend, sei hier etwas zum Fragenkreis 'Natürliche Schönheitsmittel' präsentiert. Für mich vor allem insofern interessant, als auch hier wieder das Moment der Konformität zum Tragen kommt: Man trägt - resp. trug - bei Bio halt Jutesäcke und Jesuslatschen; jetzt aber ist LOHA angesagt. Was einen Lebensstil der Gesundheit und Nachhaltigkeit beinhaltet - Englisch: Lifestyle of Health and Sustainability.



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Samstag, 22. November 2008

109 Singen (u.a.m.) als Remedium vieler Übel: Das Gegenbild zu einer erstarrten Gesellschaft/17

AS: Gegen Abend Anruf des jüngsten Bürgermeisters Niedersachsens, er habe von den letzten Einträgen insbesondere den zum Dresscode recht interessant gefunden:

103 Dresscode und andere mehr oder weniger verbindliche Vorgaben

Der Kaktusliebhaber von Spitzweg wendet seine Aufmerksamkeit hier ersprießlicheren Dingen als dem allgemeinen Aufstand wegen des richtigen Outfits zu.

Dem bezeichneten Gesprächspartner gegenüber noch zum Ausdruck gebracht, dass ich a) nicht um den Zählmechanismus bei Seitenaufrufen weiß, und b) auch gut darauf verzichten kann; dies c) unter dem Aspekt, dass, wer das Glück habe, in meine Tagebucheinträge hineinschauen zu können, halt anderen gegenüber im Vorteil sei. Wer nicht auf die Seite stoße resp. sie einfach übergehe - der habe halt Pech. Heute in der Ausgabe der Apotheken-Umschau vom 15. November gefunden: die fröhlichen Mitarbeiter eines in Indien arbeitenden Sicherheitsdienstes. Die mittels des "Lach-Yoga", einer Kombination von Lach-, Klatsch-, Dehn- und Atemübungen, daran "arbeiten", Kräfte für ihren Dienst und ihre Gesundheit zu sammeln. Bis auf das Lachen und Klatschen - ersteres ergibt sich einfach immer denn mal wieder -, in den jetzt wohl meisten Chören in den abendlichen Singrunden zu finden. Spannungen, die auch dort auftreten können, sollten nach Möglichkeit soweit wie möglich ausgeräumt werden: damit das gemeinschaftliche Tun umso mehr Frucht bringe.

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Am Wochenende dazu noch einen Brief auf den Weg gebracht, in dem es um möglicherweise durch mich ins Spiel gebrachte Störfaktoren geht:

".....Chorgesang/Mittun bei der H...

Liebe H....,

'Gesang – das ist dein Leben' : dieses Statement gab unlängst der Sangesbruder U... mir gegenüber ab, den ich ja in den ... Chor habe hineinlotsen können. Gesang: das ist aber auch Dein Leben. Jedenfalls, soweit ich das habe mitbekommen können. Deine schöne Stimme, aber auch Deine frische und verständnisvolle Art fehlen uns in dem Chor so, dass ich mich veranlasst sehe, dazu diese Zeilen auf den Weg zu bringen.

Mir schwant, Dein Ausstieg aus der H... – wenn ich es recht registriert habe, willst Du Dich anderweitig umtun – könnte mit mir zu tun haben. Ich weiß mittlerweile zur Genüge, dass ich in puncto Gesangskultur noch einiges dazuzulernen habe: erst noch unlängst wurde ich von der Frau S...., die den neugegründeten Chor „Gospel4You“ in L.... leitet, daraufhin angesprochen, meine Stimme doch weiter ausbilden zu lassen. Dort bin ich jetzt sanglich an einer vierten Adresse aktiv geworden – in den zugehörigen Hauptchor habe ich auch schon mal reingehorcht.
Bei soviel Einbindung in Chöre muss ich es fast zwangsläufig lernen, mich stimmlich so weit wie möglich zurückzunehmen: nicht so leicht für jemanden, dem einer seiner Gesangslehrer – ein ausgebildeter Konzertsänger in Tenorlage – attestiert hat: 'Wenn ich Deine Kraft hätte, wäre ich ein Pavarotti mal zwei.' Ich befinde mich aber auf einem guten Wege dorthin. Nicht zuletzt auch Dank Deiner Unterstützung.

Trotz soviel Einbindung in Chöre fiel es mir relativ leicht, mich am Volkstrauertag am letzten Sonntag für die H.... in L.... zu entscheiden, betrachte ich ihn doch als meinen 'Hauptchor' (im Internet bei http://www.cross-corner.blogspot.com/ übrigens auch irgendwo zwischen den Posts/Tagebucheinträgen 80 und 90 zu finden). Gestern Abend hieß es zu dem Echo im Publikum, der Liedvortrag – 'Caro mio Ben' – sei nicht nur gut, das sei ein Konzert gewesen. Und die Dirigentin, unsere liebe T..., dankte bei der Gelegenheit gerade den vier beteiligten Männern (L.., W.. als Tenor-, A.. und ich als Bassstimmen) geradezu überschwänglich für ihre Beteiligung an dem Ganzen: ihr seien regelrecht die Tränen gekommen.

Ich glaube zu wissen, welchen Anteil ich an dem Gelingen dieses Auftritts hatte, habe ich doch beispielsweise beim MGV in Bredenbeck nach einem Ständchen für die Wirtin, bei dem wir nur in Kleinstbesetzung angetreten waren, zu hören bekommen: 'So schön habt ihr ja noch nie gesungen!' Bei dem Mal habe ich mal ganz besonders registrieren können, wie schön es ist, das Gesamt klanglich anzureichern, dabei aber nicht stimmlich zu dominieren. In diesem Sinne auch ein Hörer zu einem Sangesbruder: "Je kleiner ihr werdet, desto besser werdet ihr."

Das Folgende sage ich, ohne mich dabei besonders wichtig nehmen zu wollen: In diesem Sinne gedenke ich mich weiterzuentwickeln. Wenn Dich also mein Gesangsstil gestört haben sollte: Du wärest bei einer Rückkehr in den Chor eine ständige stille Mahnung an mich, mich soweit wie möglich stimmlich einzufügen. Gesetzt den Fall, dass Du Anstoß genommen haben solltest an dem, was ich so klanglich von mir gebe – einem Sangesbruder bei der Concordia Holtensen bin ich deshalb aus dem Weg gegangen –, würde ich es sehr begrüßen, wenn Dein möglicherweise ja ähnlich gelagerter Schritt sich revidieren ließe. In der Hoffnung, Dich denn doch wieder in unseren Reihen sehen, hören und erleben zu können, zeichne ich mit einem

Grüezi wohl

gez. Klaus"

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Telefonisch wurde rückgefragt, was ergab, dass ein Brief auf dem Weg sei - mit dem Inhalt, dass die Gründe für den Ausstieg andere gewesen seien. Die später hier eintreffende Stellungnahme liest sich so, wie nebenstehend festgehalten.

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Mit einem anderen Sangesbegeisterten trat zuletzt im örtlichen Stehcafé eine Unstimmigkeit auf, anlässlich derer ich mich auch an eine breitere Öffentlichkeit gewandt habe. Mit folgendem Betreff in der Mail: "Ich habe da ein echtes Problem:......"
Kreativwerk*** Bredenbeck//Angerweg 6 a// 30974 Wennigsen
Bredenbeck, den 20.11.08

..........Da bekomme ich heute in der Früh im örtlichen Stehcafé von einem Sangesbruder, der wenigstens gelegentlich in meinen Blog reinschaut, zu hören, ich formulierte oft sehr umständlich: ich solle doch zusehen, dass ich nach Möglichkeit umgehend auf den Punkt käme und sprachliche Spielereien und dergleichen einfach unterließe. Die hätten eher etwas mit künstlerischen Ambitionen zu tun - führten in der Sache allerdings dann nicht so weit, wie es eigentlich wünschenswert wäre.

Nun bin ich als Lektor, der ich von Hause aus bin, gerne bereit, auch meinerseits Kritik anzunehmen. Gerade auch, nachdem ich in dem 3. hier erscheinenden Post solche an einem anderen Mitleser geübt habe, der sich motiviert gesehen hat, meinen Konzepten zur Daseinsgestaltung zu etwas mehr Öffentlichkeit zu verhelfen. Es würde mich interessieren, wie dazu die Meinung in einer auch nur etwas breiteren Öffentlichkeit ist: die Aussage des Journalisten, Buchautors und Bloggers Matthias Matussek sollte dabei allemal nicht als Richtschnur genommen, sondern vielmehr echte Kritik geübt werden. Weil es an allem immer etwas zu verbessern gibt.

100 "Sie haben da eine prima Seite - besonders die Bandbreite ihrer Themen imponiert mir. Machen Sie weiter so...



104 Aber hallöli: Da geistert denn ja doch - dem Geist verpflichtet - zumindest etwas von meinen Konzepten weiter in der Weltgeschichte herum!


Grüezi wohl alle miteinand



Martin Cross

***So die Adressierung meines kleinen Marketingbüros in Sachen Holzfeuerung seitens der METRO EXPO-Werbestrategen im Aktionszeitraum 25. bis 27.10.2007 - hier auch darüber hinaus verwendet. Weitere Kontaktdaten: fon/fax 05109/63551; eMail k_bickmann@web.de sowie martin_cross@web.de.

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Dazu das Echo seitens einer Radiostation:
"Hallo Martin,
helfen kann ich dir nicht wirklich - aber vl hilfts dir ja, wenn ich
meine: Dein echtes Problem ist echt "Leiden auf höchstem Niveau" :-)
--
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Büroorganisation

Zur Bettfedernfabrik 1
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radio flora - und Hannover blüht auf!
"

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Morgen geht es übrigens mit dem Silcherbund ab in die Gartenkolonie Markgraf in Hannover. Für mich mit der S5 bis fast direkt vor die Eingangspforte. Ick freu mir schon, ich freu mir schon! Auf den Vortrag von etwa 10 Weihnachtsliedern - darunter auch das Trommlerlied. Und auf das gemütliche Beisammensein beim anschließenden Spachteln. Was alles weitaus mehr für das innere Gleichgewicht tut als jede noch so raffiniert zusammengemixte chemische Droge. Und auch mehr als das - um auf den Anfang zurückzukommen - doch etwas zwanghafte Sich-Üben in einem "Hahahahahaha".


75 Posts mit Zentralcharakter
Die Kontaktadressen und zurück zur Startseite:
martin_cross@web.de
und k_bickmann@web.de
http://www.cross-corner.blogspot.com/

108 So sehr es auch als störend empfunden werden mag, wenn da jemand den Anschein erweckt, er wolle sich zum Praeceptor Germaniae aufschwingen:.....


.... die dabei angesprochenen Gesichtspunkte betreffend die Lebensführung oder Daseinsgestaltung gehören einfach auf's Tapet. Auch resp. gerade im Hinblick auf das Wohlergehen der Knirpse. Weil es einfach einen Fortschritt geben muss - hin zu einem Mehr an wirklich Erfüllendem. Weil ein Paradigmenwechsel auf allen nur denkbaren Terrains ansteht. Den die meisten Zeitgenossen wohl irgendwie ahnen und den sie - klammheimlich - befürworten, zu dem etwas entschlossener sich zu stellen sie sich allerdings nicht so recht trauen. Oder den wegen der täglich ja notwendigen Verrichtungen weiter zu beachten sie keine Zeit zu haben vorgeben. Und den sie, zusammen mit dem diesen zumindest Skizzierenden, am liebsten gleich in den Orkus kehren würden. Sie mögen es mir glauben oder nicht: Die Sorge, mich mit solchem Habitus, wie einleitend angesprochen, unbeliebt zu machen, treibt mich am allerwenigsten um. Gleiches gilt für den Verdacht, ich wolle mich ja nur - so einer meiner eMail-Adressaten - als Star aufführen.

Aber nein! Ich muss mich erst einmal gar nicht um eigene Formulierungen bemühen: Ich kann, in meinem Materialfundus soeben auf die Darstellung von Hartmut Rosa zu eben dem bezeichneten Punkt stoßend, diese heranziehen, um den eigenen Standpunkt mehr zu verdeutlichen. Was nicht heißen soll, dass ich nicht in der Lage wäre, eigenständige Überlegungen zu diesem mir wichtigen Aspekt anzustellen. Hier aber erscheinen mir die Aussagen des genannten Soziologen so erhellend und dicht, dass ich glaube, darauf verzichten zu können. Obwohl ich eigentlich ganz anders angesetzt habe.
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P.M. Magazin
http://www.pm-magazin.de/de/heftartikel/artikel_id2317.htm
10/2007

P.M.-Interview [Kurzfassung]»Wenn wir nicht aussteigen, bricht das System zusammen«
Unser Leben wird immer schneller – der Grund ist ein zerstörerisches Wettbewerbsdenken. P.M.-Autor Holger Fuss sprach mit dem Soziologen Hartmut Rosa über die Gefahren der Beschleunigung für den Einzelnen und die Gesellschaft. Unser Leben wird immer schneller – der Grund ist ein zerstörerisches Wettbewerbsdenken.

P.M.: Technik, Verkehr, Kommunikation, soziale Beziehungen – alles beschleunigt sich zunehmend. Sind wir noch die Herren über unser Leben?
Rosa: Die Beschleunigung ist zu einem stahlharten kulturellen und strukturellen Mechanismus geworden. Früher regulierten sich Gesellschaften über ethische Vorgaben: Dieses darf man, jenes darf man nicht. Unsere Gesellschaft kann man dagegen als wahnsinnig frei beschreiben. Wir dürfen irgendwie alles. Glaube, was du willst! Lebe, wie du willst! Wähle, was du willst! Wir haben ganz wenige ethische Vorgaben: Unsere Anpassungszwänge bestehen heute aus Deadlines, Fristen und Zeitfenstern. Wir müssen andauernd irgendwelche Möglichkeiten ergreifen, ausnutzen und vermehren. Einerseits können wir viel machen, ehe wir sterben – uns immer wieder neu erfinden. Doch es gibt auch das Getriebensein, das Gefühl der Überforderung, die Angst, abgehängt zu werden. Hier wird nicht mehr durch Ethik reguliert, sondern durch die Logik des Wettbewerbs. Mithin durch die Logik des Kapitals.

Diese Wettbewerbslogik ist nicht allein eine ökonomische Logik. Sie durchzieht alle Lebensbereiche. Denn in unserer Gesellschaft sind Güter, Privilegien, Positionen, Status und Anerkennung wettbewerbsförmig verteilt. Aber es geht doch überall ums Geld! Natürlich geht es darum – aber vor allem geht es um Privilegien. Wir konkurrieren beispielsweise auch in den persönlichen Beziehungen um Freunde und Ehepartner. Niemand legt sich mehr fest. Jeder guckt, dass er den bestmöglichen Lebenspartner findet – deshalb sprechen wir zu Recht von einem Beziehungsmarkt.

Mit Freunden ist es oft ähnlich. Bei Schülern können Sie beobachten, wie wichtig es ist, wer neben wem im Klassenraum sitzen darf. Oder am Wochenende: Wer ruft wen an? Das ist bei Schülern wie bei Erwachsenen. Überall stecken wir in sozialen Beziehungen, in denen wir mit anderen und um andere konkurrieren. Auch das bringt diese unglaubliche Dynamik hinein. Denn immer dann, wenn ich etwas erreicht habe, wenn ich Freunde habe oder einen Ehepartner, muss ich permanent dafür sorgen, dass diese Menschen auch bei der Stange bleiben. Wenn ich mich nicht als attraktiv, interessant oder gebildet erweise, dann hauen die wieder ab. In Sendungen wie »Deutschland sucht den Superstar« scheinen junge Menschen eine verzweifelte Form der Existenzvergewisserung zu betreiben.

Autor(in): Das Gespräch führte Holger Fuss

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Das Beschleunigungsregime - Warum wir in einer veloziferischen Aera leben.
Hartmut Rosa:Manchmal fragen mich die Leute nach Vortraegen, ob mein Interesse fuer Beschleunigung mit meinem hohen Redetempo zusammenhaengt. Ich antworte dann meistens, dass ich da eher eine Verbindung zu meinem langsamen Essenstempo sehe: Da ich sehr langsam esse, bin ich am Tisch meistens der Letzte, was dazu fuehrt, dass die anderen unruhig auf den Tisch trommeln und mich unter Beschleunigungsdruck setzen. Aber wirklich angefangen, mich fuer Beschleunigung zu interessieren, habe ich, als ich ueber ein Oedoen von Horvath zugeschriebenes Bonmot nachdachte, das da lautet: >EIGENTLICH BIN ICH GANZ ANDERS, NUR KOMM' ICH SO SELTEN DAZU<.

Das traf irgendwie genau meine Lebenserfahrung: Man hetzt von Termin zu Termin, mal privat, mal beruflich, und hat dabei das Gefuehl, nie zu den Dingen zu kommen, die einem wirklich wichtig sind. Und da wollte ich eben wissen, ob das an mir selbst liegt, ob ich also etwas falsch mache, oder ob man auf diese Weise einem Strukturproblem moderner Gesellschaften auf die Spur kommt. Und siehe da - je laenger ich darueber nachgruebelte und nachforschte, um so klarer zeigte sich: Das Problem ist sozusagen in die Wurzeln der Moderne eingelassen.

Vielleicht wird uns die Zeit in der Moderne so knapp, weil diese Moderne eine panische Reaktion auf die Gewissheit unseres Todes ist, wie manche Kulturhistoriker meinen, die sie auf die Zeit der schwarzen Pest zurueckfuehren: In einer saekularen Gesellschaft, die kaum Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod setzt, bildet Beschleunigung gewissermassen einen Ersatz fuer Vorstellungen vom ewigen Leben. Zwar muessen wir nach 70 oder 80 Jahren definitiv sterben, aber wir koennen das, was wir in einem Leben an >Welt<>Beschleunigung<>veloziferischen<>auf dem Laufenden<>auf dem Laufenden<>rasendem Stillstand<>Endzeitstimmung<>Generation <>timing<>ASAP<-floskel span="" style="font-weight: bold;" versehen:="">As soon as possible.


Wenn ich aber sowieso mit allem, was ich tue, immer schon zu spaet dran bin, hat es auch keinen Sinn mehr, mir ueber das richtige Timing Gedanken zu machen. Das groesste Problem, das sich daraus ergibt, liegt darin, dass wir gezwungen sind, stets das Dringende oder das Dringendste zu tun, weshalb wir fuer alles, was wichtig ist, aber nicht mit einer Deadline versehen ist, keine Zeit mehr uebrig haben. Dem wenden wir uns erst zu, wenn es ebenfalls dringend geworden ist, weil wir es zu lange uebersehen haben - und dann kann es zu spaet sein.

Uebrigens bin ich der Ansicht, dass die seit 1990 gravierend erhoehten Veraenderungsraten der sozialen und technologischen Welt dazu gefuehrt haben, dass unser Begriff der >Dynamischen Entwicklung<>rasenden Stillstandes<. Ich selbst bin, so glaube ich, mein bestes Anschauungsbeispiel fuer Beschleunigungszwaenge. Ich mache viel zu viele Dinge gleichzeitig, bin hochmobil und staendig unter Zeitdruck - paradoxerweise nicht zuletzt deshalb, weil das Interesse am Beschleunigungsthema und meinem Buch so hoch ist. Aber auf der anderen Seite habe ich herausgefunden, dass Beharrlichkeit - also die Gegenstrategie zur stetigen Veraenderung - im Leben absolut wichtig ist und einen entscheidenden Gegenpol zur Dynamik bildet. Menschen brauchen etwas, woran sie im Sturm der Zeit festhalten. Deshalb behalte ich stur meinen Wohnsitz im kleinen Schwarzwalddorf, fuer das ich mich vielfaeltig engagiere und ich halte an vielen kleinen >Entschleunigungspraktiken
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||< http://www.zeit.de/2007/52/Interview-Rosa
Hartmut Rosa
Wir wissen nicht mehr, was wir alles haben«
© DIE ZEIT, 19.12.2007 Nr. 52
Warum kluge Hedonisten den Verzicht üben - und warum nur Entschleunigung den Blick für das Wesentliche schärft. Ein Gespräch mit dem Soziologen Hartmut Rosa
© photocase
DIE ZEIT: Die Welt beschleunigt sich mit jedem Tag. Was ist daran schlimm?
Hartmut Rosa: Beschleunigung ist nicht an und für sich schon schädlich. Unsere Verarbeitungsfähigkeit hat Grenzen, aber diese Grenzen sind elastisch. Immer wieder in der Geschichte glaubte man, die Grenze sei erreicht. Als die Eisenbahn erfunden wurde, wurde behauptet, eine Geschwindigkeit über 30 Kilometer pro Stunde führe zu Gehirnerweichung. Doch jedes Mal hat sich der Mensch bisher als anpassungsfähiger erwiesen als erwartet. Dennoch glaube ich, dass wir jetzt in den spätmodernen Gesellschaften in verschiedenen sozialen Bereichen Geschwindigkeiten erreicht haben, die schädlich für uns sind.
ZEIT: Woran erkennen wir, dass die Grenze überschritten ist?
Rosa: Das erkennt man an den Schnittstellen von Systemen. Eine Grenze ist überschritten, wenn ich zwei Prozesse, die ineinandergreifen, so beschleunige, dass der eine nicht mehr mithalten kann. Wenn ich also zum Beispiel Rohstoffe schneller verbrauche, als sie nachwachsen können. Oder wenn ich Giftstoffe produziere, die nicht schnell genug verarbeitet und abgebaut werden können. Das kann man auch auf Menschen übertragen: Wenn ich sie so schnell mit Innovationen bombardiere, dass sie die nicht mehr verarbeiten können, dann haben wir ein Problem.
ZEIT: Aber die Lösung des Problems könnte doch heißen: Der Mensch muss schneller werden, nicht die Welt langsamer.
Rosa: Wir beschleunigen uns ja. Es entstehen im Augenblick neue Fähigkeiten des Multitasking, das heißt, wir können viel mehr auf einmal erledigen als früher. Junge Menschen sind in der Lage, zwei völlig verschiedene Dinge gleichzeitig zu tun. Zum Beispiel zu telefonieren und einen Aufsatz zu schreiben.
ZEIT: Was ist daran verwerflich?
Rosa: Zunächst heißt das nur: Wir ändern uns. Das passiert sowieso. Die Frage ist nur: Wie weit wollen wir uns ändern? Und wohin? Nichts wird uns daran hindern, uns irgendwann Chips ins Gehirn einzubauen. Aber wollen wir unsere Gehirne mit Mikrochips ausstatten? Alle weisen das heute von sich. Aber wenn das erst mal einige tun, dann werden die anderen gezwungen sein nachzuziehen, um Konkurrenznachteile auszuschließen. Gute Jobs gibt es dann nur noch mit Chip. Was da verloren geht, ist das Grundversprechen der Moderne, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Das muss man sagen: Die Beschleunigung untergräbt unsere Ideale von Selbstbestimmung.
ZEIT: Vielleicht müssen wir unsere Ideale verändern. Der zukünftige Mensch ist nicht mehr der autonome, sondern der flexible Mensch.
Rosa: Natürlich, niemand sagt, dass unser altes Weltbild Bestand haben muss. Aber ich würde nicht aufhören, seinen Untergang zu kritisieren. Ich habe bestimmte Wertvorstellungen davon, wie ein menschliches Leben aussehen könnte.
ZEIT: Und was spricht dagegen, dass sich dieses Leben dem Wettbewerb um Konkurrenzvorteile weiter anpasst? Das hat es doch immer getan.
Rosa: Ja. Aber der flexible Mensch funktioniert nicht. Aus zwei Gründen. Wenn alle flexibel werden, haben wir keine Gesellschaft mehr. Heute haben wir flexible Eliten, die auf stabile Hintergrundbedingungen treffen. Das geht. Aber wenn alle flexibel sind, wenn alle jetten, geht nichts mehr. Dann haben wir rasenden Stillstand.
ZEIT: Dennoch steuern wir genau darauf zu. Wie ist das denn möglich, dass wir unseren eigenen Bedürfnissen aus freien Stücken entgegenarbeiten? Oder gibt es das vielleicht gar nicht: die echten menschlichen Bedürfnisse?
Rosa: Das ist eine komplizierte Frage. Ich habe große Sympathie für die Idee von den falschen Bedürfnissen, die im Menschen erzeugt werden.
ZEIT: Das ist die alte linke Kritik am Konsumkapitalismus: Der Kapitalismus erzeugt unechte Bedürfnisse, um seinen Kram zu verkaufen und Profit zu machen. Was war daran falsch?
Rosa: Wir sagen heute: Die echten, die authentischen Bedürfnisse des Menschen gibt es nicht. Aber ich brauche keine Gewissheit über die echten Bedürfnisse des Menschen, um die entfesselte Beschleunigungslogik zu kritisieren. Sollten wir uns denn bis in alle Ewigkeit von der Beschleunigungslogik diktieren lassen, wie wir leben wollen?
ZEIT: Vielleicht ja, sonst säßen wir hier nicht auf diesem schönen Campus in dieser Glaspalastwelt, von der wir alle profitieren.
Rosa: Immer die Glaspalastwelt, die Fortschrittsidee. Das Versprechen des Reichtums und des technischen Fortschritts war, uns frei zu machen, so zu leben, wie wir wollen. Wenn wir uns aber ständig ändern müssen, um uns den selbst geschaffenen Zwängen anzupassen, ist dieses Versprechen pervertiert. Dann leben wir nicht mehr, wie wir wollen, sondern wie eine von uns selbst in Gang gesetzte Maschine es erzwingt.
ZEIT: Wer zwingt uns dazu?
Rosa: Niemand. Wir sind nicht nur die Opfer der Zwänge. Wir genießen das auch.
ZEIT: Die beschleunigte Welt hat doch ungeheuer viel zu bieten. Einen Luxus wie heute hat es noch nie für so viele Menschen gegeben.
Rosa: Aber der Preis dafür ist ungeheuer hoch. Ein anderes Beispiel: Der Kampf um Anerkennung ist wahrscheinlich ein menschliches Grundbedürfnis. In der ständischen Gesellschaft war Anerkennung stabil verteilt. Heute ist der Kampf um Anerkennung auf Dauer geschaltet. Eine Einschaltquote, eine Auflage, ein Wachstum, das erreicht ist, muss sofort überboten werden. Daraus entsteht Angst: nicht mehr mithalten zu können, abgehängt zu werden.
ZEIT: Der stabile Hintergrund des Menschen, das war einmal die Familie. Muss die sich auch flexibilisieren, um noch mithalten zu können?
Rosa: Darüber streitet man sich. Ich glaube, dass eine Gesellschaft, die sich radikal flexibilisiert und beschleunigt, letztlich verliert. Große Leistungen in allen Bereichen entstehen, wenn Menschen nicht flexibel sind, sondern an etwas festhalten, weil es ihnen wichtig ist. Wer flexibel ist, hat keine Ziele mehr. Er ist ein Wellenreiter.
ZEIT: Die Beschleunigung zerstört die Familie. Eltern, die in der Leistungsgesellschaft mithalten müssen oder wollen, haben für ihre Kinder abends noch 30 bis 60 Minuten Zeit.
Rosa: Die Beschleunigungsdynamik der Gesellschaft erodiert die emotionale Basis der Familie, die kollektive Familienzeit. Das stimmt. Hinzu kommt noch etwas: Jeder Tag ist anders, das zerstört gemeinsame Familienräume.
ZEIT: In der Familienzeit, die übrig bleibt, muss man maximale emotionale Profite in kürzester Zeit erwirtschaften.
Rosa: Daran sieht man, dass die Effizienzlogik nicht mehr nur eine ökonomische Logik ist. Sie ist auch eine Logik unserer Lebensführung.
ZEIT: Und erfunden haben wir das alles, um glücklich zu werden.
Rosa: Deswegen müssen wir fragen: Was sind die Bedingungen, unter denen Menschen ihr Leben als erfüllt und glücklich erfahren?
ZEIT: Das setzt aber voraus, dass Menschen in der Lage sind, zu sagen, wann sie glücklich und wann sie unglücklich sind.
Rosa: Sie können sagen, wie sie sich bei bestimmten Tätigkeiten fühlen. Viele Menschen berichten zum Beispiel, dass sie nie zu dem kommen, was ihnen wirklich wichtig ist. Wie stellt sich dieses Gefühl ein? Wir sparen doch ständig Zeit durch die Beschleunigung. Warum nutzen wir sie nicht, sondern sehen stattdessen lieber fern? Und zwar im Durchschnitt volle dreieinhalb Stunden am Tag.
ZEIT: Wo ist das Problem? Lassen Sie die Leute doch fernsehen.
Rosa: Das Problem ist, dass Menschen sich bei selbstbestimmten Aktivitäten nachweislich am wohlsten fühlen. Wenn sie denen aber nicht nachgehen, ist das ein strukturelles Unglück.
ZEIT: Wir machen uns mit Absicht unglücklich?
Rosa: Fernsehen macht niemanden glücklich. Man fühlt sich nicht gut währenddessen und auch danach nicht. Dazu gibt es Studien.
ZEIT: Jeder weiß doch, wo der Abstellknopf ist.
Rosa: Es bedarf großer psychischer Energie, diesen Knopf zu finden.
ZEIT: Wir tun etwas, was uns nicht gefällt, weil wir keine Energie haben, es nicht zu tun?
Rosa: Das ist kompliziert. Wir versuchen Energie zu sparen. Fernsehen verlangt wenig Energie, keine Vorbereitung. Ich schalte ein und werde stimuliert. Wenn ich Geige spiele, dauert das länger und ist mühsamer. Langfristige Energie-Investitionen erscheinen uns irrtümlicherweise unrentabel.
ZEIT: Fernsehen als Energiesparprogramm?
Rosa: Das scheint ein biologisches Prinzip zu sein.
ZEIT: Ist kurzfristige Bedürfnisbefriedigung generell falsch? Wenn ich mir wieder etwas kaufe auf dem Weg ins Büro? Alles nur Energiesparprogramm, um nicht zu viel Kraft ins echte Glück investieren zu müssen?
Rosa: Wir alle kaufen immer mehr. Es gibt kaum jemand, der nicht zwanghaft konsumiert. Ich auch. Ich kaufe zwanghaft CDs. Bei anderen sind es Klamotten, Schuhe, Brillen. Viele Männer, die behaupten, immun zu sein, kaufen sich ständig neue Bohrer oder Schraubenzieher. In immer kürzeren Abständen brauchen wir mehr davon, weil uns das alles nicht genug befriedigt.
ZEIT: Hält die Befriedigung immer kürzer?
Rosa: Ich glaube, ja. So eine CD befriedigt mich keinen Tag mehr. Manchmal habe ich nicht mal mehr Lust, das Ding zu Hause auszupacken. Das ist die Logik des Systems.
ZEIT: Wovon hängt die Dauer der Befriedigung ab? Ein Bohrer drei Minuten, ein Porsche drei Wochen?
Rosa: Ungefähr. Je mehr ich mir kaufen kann, umso kürzer hält die Befriedigung. Der Kapitalismus kann nur so funktionieren. Wir müssen von dem, was wir gekauft haben, enttäuscht werden. Allerdings auch nicht so tief, dass wir aus der Konsumwelt aussteigen.
ZEIT: Und ewig lockt die Hoffnung, von der nächsten CD, dem nächsten Täschchen nicht mehr enttäuscht zu werden?
Rosa: Als ich jung war, dachte ich immer: Diese eine CD brauche ich noch, dann habe ich endlich das Ultimative, dann ist meine Sammlung komplett. Dem Heimwerker fehlt immer ausgerechnet noch diese Hobelbank, dann hat er eine Vollständigkeit erreicht. Die wird aber nie erreicht. Wir wissen am Ende gar nicht mehr, was wir alles haben.
ZEIT: Die marxistische Konsumkritik hat behauptet: Wir lassen uns vom Schein der Waren verführen. Diese Kritik hat übersehen, dass wir Waren wirklich genießen können. Essen, Reisen, schöne Kleider, das ist wirkliche Lust, nicht scheinbare.
Rosa: Diese Befriedigung gibt es. Aber ihre Dauer und vor allem ihre Tiefe nimmt ständig ab. Auch kaufe ich häufig nur, um meine Optionen zu erweitern. Eine Kamera, die mehr Handlungsspielräume eröffnet als die alte. Ein superschneller Internetanschluss, der mehr ermöglicht als der alte. Aber warum ist Optionensteigerung interessant? Habe ich ein Ziel, für das ich diese technischen Handlungsspielräume benötige? Das ist selten der Fall. Die Ausstattung hat uns überholt. Die Waren bleiben uns fremd. Wir eignen sie uns nicht an.
ZEIT: Rilke hat das schon vor rund hundert Jahren betrauert. Er glaubte: »Noch für unsere Großeltern war fast jedes Ding ein Gefäß, in dem sie Menschliches vorfanden und Menschliches hinzusparten.« Die Waren in seiner Lebenszeit schienen ihm bloße »Lebens-Attrappen« zu sein, »leere, gleichgültige Dinge«.
Rosa: Er spricht von Entfremdung. Aber in einem irrt er. Es sind nicht die Dinge, die sich entfremdet haben, vielmehr macht die Art, wie wir mit ihnen umgehen, sie uns fremd. Man müsste sich die Dinge wieder aneignen. Sie müssen ein Teil von uns werden. Marx hat gesagt, dass wir durch Produktion auch die Seele bilden. Wir steigern den inneren Menschen. Das ist nicht falsch. Heute steigern wir nur noch den äußeren Stoff. Wir haben super Geräte. Aber sie bedeuten uns nichts.
ZEIT: Soll ich das meiner lieben Tante Gitti sagen, die seit Monaten für die Kinder Weihnachtsgeschenke kauft, weil sie so gerne Freude macht?
Rosa: Aber wo ist die Anverwandlung, Tante Gitti? Es gibt keine mehr.
ZEIT: Aber sie meint es doch wirklich gut. Das ist doch tragisch.
Rosa: Ja, es ist tragisch für uns Menschen, aber nötig für die Wirtschaft. Nur so funktioniert sie. Wir wollen doch Wachstum. Immer mehr vom Gleichen. Das ist individuell tragisch, kollektiv gut.
ZEIT: Was soll Tante Gitti tun?
Rosa: Zeit nicht mehr mit Gütern ersetzen. Zeit schenken. Menschliche Beziehungen schenken. Das meinte Rilke sicher auch: Wir haben viele Erlebnisse, aber keine Erfahrungen. Die Erlebnisse müssen sich in uns aufbauen, sie müssen sich mit unserem Leben verknüpfen. Wir sollten uns Erfahrungen schenken. Geschenke müssen an die Identität des Menschen rühren.
ZEIT: Und was soll die Menschheit tun?
Rosa: Unser Problem ist nicht, dass wir in der Moderne keine Antworten mehr haben. Das Problem ist, dass wir uns die Fragen gar nicht mehr stellen. Bisher können wir uns noch immer eher das Ende der Welt vorstellen als eine Alternative zum kapitalistischen System. Aber wir müssen die Alternative nicht kennen: Wir müssen das Ding erst mal anhalten.
ZEIT: Und wenn wir nicht anhalten, fahren wir gegen die Wand?
Rosa: Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt, das fährt an die Wand. Aber ich sehe neue Tendenzen. Es gibt eine Kulturelite, die den Fernseher abgeschafft hat. Es gibt eine Elite von Jugendlichen, die bewusst Technikverweigerung betreibt. Sie haben keine Lust mehr. Es gibt Aussteiger aus dem totalen Steigerungswahn.
ZEIT: Askese, nicht aus Lustfeindlichkeit, sondern aus Unlust am Überfluss?
Rosa: Der kluge Hedonist kommt gar nicht umhin, an vielen Stellen in seinem Leben Konsumverzicht zu leben. Wir sind am Rande der Erschöpfung und am Rande des Sinnvollen.
ZEIT: Früher hieß es: Übe Konsumverzicht, um die Welt zu retten! Heute übt man Konsumverzicht, um sich selbst zu retten?
Rosa: Die alte Idee des Bildungs- und Entwicklungsromans, sich mehr zu bilden und zu entfalten, erreicht man nicht durch mehr Konsum, sondern durch weniger Konsum.
ZEIT: »Die Entschleunigung«, schreiben Sie in Ihrem Buch, »könnte die mächtigste Gegenideologie des 21. Jahrhunderts werden.« Ist das ein Aufruf zum Ausstieg?
Rosa: Ich sehe nirgends eine Gegenutopie. Es gibt viele Zwangsentschleunigte. Aber ich sehe nicht den kulturellen Gegentrend, der daraus eine tragfähige neue Gesellschaftsform macht. Meine Idee ist nicht der individuelle Ausstieg, sondern ein politisches Programm, das auf Entschleunigung zielt. Die Möglichkeit, ein erfülltes Leben führen zu können, hängt von sozialen Kontexten ab. Wenn die falsch sind, dann gibt es keine billige Lösung. Es geht nicht darum, weniger vom Falschen zu machen. Sondern endlich das Richtige. Hartmut Rosa, geboren 1965, ist Professor für allgemeine und theoretische Soziologie in Jena und Gastprofessor an der New School University in New York. Im Suhrkamp Verlag erschien sein Buch »Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne«

Das Gespräch führte Iris Radisch

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Soziologie
Atemlos
Nicht Geld, nicht Macht, sondern Beschleunigung regiert die Welt. Der Soziologe Hartmut Rosa hat mit seiner Untersuchung der Zeit eine monumentale Theorie der Moderne vorgelegt
Von Thomas Assheuer

Die Zeit ist aus den Fugen. Sie rast und steht still. Je mehr Zeit wir gewinnen, desto schneller zerrinnt sie uns zwischen den Fingern. Wir stürzen nach vorn und kommen immer zu spät. Alles wird schneller, und früher war es besser.

Solche Zeitkritik gehört zum Lieferumfang des zeitgenössischen Weltbildes und kommt uns geschwind über die Lippen. Entsprechend gibt es Zeittheorien und Bremshilfen wie Sand am Meer, doch viele verlieren sich im Detail. Andere sind zwar profund, aber einseitig. Was bislang fehlte, war eine soziologische Gesamtsicht, die systematische Einbettung von Zeit und Beschleunigung in eine Theorie der Moderne.
Diese Gesamtsicht liegt nun vor.

Sie stammt von dem in Jena lehrenden Soziologen Hartmut Rosa, und ihr Anspruch ist gewaltig, monumental und erschöpfend. Rosa behauptet nämlich, er halte den Schlüssel in der Hand, um zu erklären, warum wir so leben, wie wir leben. Denn weder Geld noch Macht seien die Fürsten dieser Welt. Vielmehr sei es die »stumme normative Gewalt« der Beschleunigung, die unsere Zeit im Innersten zusammenhält und alles Leben bestimmt. Wer vor der kinetischen Macht die Augen verschließe, habe von der Moderne gar nichts begriffen.

Zugegeben, das ist erst einmal eine leere Behauptung. Doch hat der Leser das steile Vorgebirge der methodologischen Einleitung überwunden, kommt es knüppeldick, und er kann sich vor Anschauung kaum retten. Rosa bemüht unzählige Studien, die belegen, wie sehr sich Zeitwahrnehmung und Temporalstrukturen beschleunigen, wie Unruhe und Zeitnot wachsen, Vergangenheit verdämmert, Gegenwart schrumpft und Zukunft schwindet.

Konnten die Menschen der »klassischen Moderne« noch halbwegs das Gefühl haben, ihre Identität in einer gerichteten Zeit stabilisieren zu können, so geht heute die Balance zwischen Beharrung und Beschleunigung verloren. Es ist die Zeit selbst, die sich »entzeitlicht«, was für Rosa heißt: Wir entscheiden nicht mehr im Licht zeitstabiler Werte, sondern bestimmen unsere Handlungsziele im Vollzug der Handlung, also in der Zeit selbst.

Unter dem Druck der Frist »löschen wir ständig Feuer«, machen Dinge gleichzeitig, beschleunigen die Partnersuche durch »fast dating« und steigern die »Erlebnisdichte pro Zeiteinheit«. Mögen wir dabei auch an Zeitsouveränität gewinnen, so haben wir doch stets das Gefühl, auf rutschenden Abhängen zu leben, das wahre Leben zu versäumen und Dinge zu tun, die wir gar nicht wollen. Im Extremfall flüchten wir uns in die Depression, in die Pathologie der Zeit.

Längst ist ein neuer Sozialcharakter entstanden, der Spieler und Drifter. Weil er nicht wissen kann, was morgen sein wird, hält er sich alle Optionen offen. Er scheut Bindungen und Dauer, entscheidet situativ und stets in letzter Minute, wie auf dem Börsenparkett. Je gleichgültiger die Inhalte, desto schneller kann er sich anpassen. Die Steigerung von Optionen und Wettbewerbsfähigkeit (»bis in die Liebe«) ersetzt »die auf ein Lebensziel gerichtete Lebensführung«.

Sollte sich der Spieler dennoch auf einer moralischen Landkarte orientieren, dann wechselt er sie ständig. Kurzum, soziale Beschleunigung untergräbt Identitäten und macht die Rede vom Lebensentwurf anachronistisch. »Man ist nicht Bäcker, sondern man arbeitet (seit zwei Jahren) als Bäcker, man ist nicht Ehemann von Y, sondern lebt mit Y zusammen, man ist nicht Münchner und Konservativer, sondern wohnt (für die nächsten Jahre) in München und wählt konservativ.«

Dass Beschleunigungsdruck den Charakter verdirbt, ist für Soziologen eine Binsenweisheit. Überraschend dagegen ist die mit spekulativem Schwung vorgetragene These, der neue Spielertyp passe haargenau ins alte Weltbild. Das Urtrauma der Moderne sei die Panik vor dem größten aller »Optionenvernichter«, dem Tod, und indem sie unter faustischem Zwang alle Möglichkeiten maximal ausschöpfe, schaffe die Moderne sich einen säkularen Ewigkeitsersatz. Dies allerdings vergeblich. Denn dieselbe Technik, die uns dabei hilft, erzeugt zugleich neue Optionen, sodass »der Ausschöpfungsgrad beständig abnimmt«. Hinterrücks spielt das kulturelle Weltbild der technischen Beschleunigung in die Hände. Es verlangsamt nicht, sondern ist Teil der »Akzelerationsdynamik«.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Rosa sucht nicht nach einem allein schuldigen Haupttäter für soziale Beschleunigung. In einer originellen Kombinationen unterschiedlicher Theorien konstruiert er einen Zirkel, dessen Einzelteile feingliedrig ineinander greifen. Zweifellos kommt der kapitalistischen Wirtschaftsform dabei eine Schlüsselrolle zu, denn sie verwandelt Zeit in Geld. Anders gesagt: Im Kapitalismus greifen Wachstums- und Beschleunigungszwang ineinander. Was wir in der Produktion an Zeit gewinnen, müssen wir im Konsum wieder ausgegeben – das gesteigerte Produktionstempo hat »ökonomisch zwingend« eine »Erhöhung der Konsumtionsakte zur Folge«.

Weil der Bedarf weitgehend gedeckt und der Markt gesättigt ist, dreht die Produktion leer und wird zum Selbstzweck. Die ethischen Ziele des Wirtschaftens gehen verloren, eine erpresserische Sachzwanglogik tritt an ihre Stelle. Wir produzieren für die Produktion, während uns die gesparte Zeit als Arbeitslosigkeit heimgezahlt wird. Oder frei nach Max Weber: Der kapitalistische Geist ist tot, sein Gehäuse stahlhart geworden.

Wer nun glaubt, Rosa würde am Ende seiner gelehrten Studie eine Atempause einlegen und dem Leser einen Notausgang aus dem Tempodrom weisen, der wird enttäuscht. Es gibt für ihn diesen Weg nicht, denn wer sich auf eine Zeitinsel flüchte, der finde nie zurück. Auch wenn er es so nicht sagt: Die Zeit zeitigt das Sein; sie ist das Subjekt der Gegenwart und handelt hinter dem Rücken der Menschen. Provozierend spricht er von der unumkehrbaren »Spätmoderne«, während die Zeit der klassischen Moderne ablaufe und sich deren ordnungspolitische Sicherungen, die bereits eine Reaktion auf die Beschleunigung darstellten, auflösten. Lange Zeit bildete der »langsame« Nationalstaat das stabile Flussbett, um den reißenden Strom der Beschleunigung zu kanalisieren und zu bändigen – seine Statik war paradoxerweise die Bedingung für das Dynamische.

Seit 1989, seit dem Sieg des Kapitalismus, ist es damit vorbei. Seitdem erscheinen Nationalstaaten (und ihre Parlamente) als Hemmschuh der globalen Beschleunigung – hoffnungslos überfordert, die Ströme aus Geld, Waren und Informationen zu synchronisieren. Von diesem Befund scheint der Autor, der sonst vorzugsweise konservative Denker in den Zeugenstand komplimentiert, selbst verblüfft zu sein, denn nichts anderes hatte Karl Marx auch behauptet: Die Produktivkräfte sprengen die (Produktions-)Verhältnisse und lassen alles Stehende und Ständische verdampfen.

Damit geht für Rosa das Projekt der Moderne insgesamt zu Ende, denn es rechnete noch mit der gerichteten Zeit. Tatsächlich »verzeitlicht« sich die Geschichtszeit zur richtungslosen Dynamik und macht die Idee des Fortschritts zur Reminiszenz. Wir leben im Zeitalter des simultanen Nebeneinanders von Despotie und Demokratie, Staatenbildung und Staatenzerfall, Kolonisierung und Entkolonisierung. Dass ein neues »Equilibrium« gelingt oder nur ein Abbremsen kinetischer Energien, hält Rosa für unwahrscheinlich.

Viel wahrscheinlicher sei, dass die Beschleunigungsmoderne durch das Fehlen von politischer Verlangsamung zum Erliegen komme. Sie bezahlt dann ihre Unfähigkeit, Beharrung und Beschleunigung zu balancieren, mit nuklearen oder klimatischen Katastrophen, mit einem Kollaps des Ökosystems, globalen Krankheiten oder unkontrollierter Gewalt – »vor allem dort, wo die ausgeschlossenen Massen sich gegen die Beschleunigungsgesellschaft zur Wehr setzen«.

Angesichts solcher Aussichten erstaunt es durchaus, dass Rosa sein imponierendes Buch nicht als Einübung ins Unvermeidliche versteht, sondern als kritische Theorie der Gegenwart. Eine kritische Theorie gibt nicht eher Ruhe, bis sie Alternativen zu ihren Beschreibungen aufzeigen kann. Bei Rosa sind sie nicht zu finden, das ist die Arbeit von morgen. Sie duldet wie immer keinen Aufschub, denn die Zeit drängt.||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||


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Hartmut Rosa (* 15. August 1965 in Lörrach) ist ein deutscher Soziologe und Politikwissenschaftler.
Leben
Er beendete 1985 mit dem Erhalt des Abiturs an dem Hochrhein-Gymnasium in Waldshut die Schule und startete 1986 seine akademische Laufbahn. Bis 1993 studierte er Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau (Abschluss mit Auszeichnung) und an der London School of Economics and Political Science (LSE) in London. 1997 promovierte er zum Dr. rer. soc. an der Humboldt-Universität zu Berlin mit dem Prädikat summa cum laude. An der Friedrich-Schiller-Universität Jena habilitierte er 2004 zum Thema "Soziale Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne" und erhielt dort die Lehrbefähigung und den Venia legendi für Soziologie und Politikwissenschaft.

Zwischen 1988 und 2002 verbrachte Hartmut Rosa mehrere akademische Auslandsaufenthalte in den USA, unter anderem 1995 an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts, als Forschungsassistent im Department of Government/ Center for European Studies. Außerdem erhielt er ein Feodor-Lynen Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung 2001-2002 für die Arbeit als Gastprofessor an der New School University, New York. Seit 2002 nimmt Hartmut Rosa alle zwei Jahre eine Gastprofessur mit Forschungstätigkeit in Soziologie der New School University in New York wahr. Des Weiteren war Rosa als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politische Wissenschaft III der Universität Mannheim (1996-1997) und als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (1997-1999) tätig. Im Sommersemester 2004 hielt er eine Lehrstuhlvertretung für Politikwissenschaft/Politische Theorie an der Universität Duisburg-Essen und im Wintersemester 2004/2005 sowie im Sommersemester 2005 hatte er die Lehrstuhlvertretung für Politische Wissenschaft an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg inne.
Zur Zeit leitet Hartmut Rosa zusammen mit Hans-Joachim Giegel ein Teilprojekt über politische Kultur und bürgerschaftliches Engagement und lehrt als Professor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Hartmut Rosa hat nach eigener Aussage vier Forschungsschwerpunkte.
Zeitsoziologische und moderntheoretische Untersuchungen, die Basis seiner Habilitationsschrift "Soziale Beschleunigung. Die Veränderung der Temporalstrukturen". Die "technische beziehungsweise ökonomisch induzierte Beschleunigung" zeigt sich in der rasanten Entwicklung der Technik im 19. /20. Jahrhunderts und der sozialen Beschleunigung der Menschen. Die Geschichte der Moderne sei gleichzeitig die Geschichte von Beschleunigung. Aufgrund des Zeitgewinns durch technischen Fortschritt entstehe eine Zeitnot und kein Zeitgewinn. Laut Rosa führt die Vielzahl der Möglichkeiten dazu, dass ein Mensch die ihm gegebenen Möglichkeiten nicht mehr im Laufe seines Lebens ausschöpfen kann. Die "Steigerungsrate übersteigt die Beschleunigungsrate", was dazu führt, dass das gerade Erlebte bereits nicht mehr up to date ist und die Individuen keine Chancen haben "lebensgesättigt" zu sterben, wie es auch schon Goethes Faust erging. Rosa kreiert das "Slippery-Slope-Phänomen", welches ausdrücken soll, dass der Mensch sich nie ausruhen kann/darf und sich nie zufrieden geben darf, da er sonst einen Verlust oder einen Nachteil erleiden könnte. Rosa sieht keine Steuerungsmöglichkeiten des Lebens für den Menschen mehr, da sich das Tempo der Beschleunigung verselbständigt habe.
Die "Kommunitarismus-Debatte". (vgl. Kommunitarismus) Zu diesem Themenbereich gehört auch seine Dissertation über den kanadischen Philosophen Charles Taylor.

Bildung von Mobilisierungsressourcen. Die Frage, woraus sich in der allgemeinen Entwicklung moderner Gesellschaften, vor allem die der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, Mobilisierungsressourcen bürgerlichen Engagements bilden können und welche politische Gesinnung wahrscheinlicher in einem ehrenamtlichen oder zivilgesellschaftlichen Engagement resultiert, stellt den dritten Forschungsschwerpunkt. Laut Rosa erzeugt die Identifizierung mit dem Staat, "mein Land", eine moralische Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass dieser Staat richtig handelt. Um dies gewährleisten zu können, muss man sich selbst dafür einsetzen.
Die Metatheorie in der Wissenschaftstheorie der Sozialwissenschaften aus einer ideengeschichtlichen Perspektive. Dabei betont er die Verdienste der sogenannten Cambridge School, deren Angehörige in seinen Augen das "Bewusstsein für methodische Fragen und theoretische Voraussetzungen im Umgang mit der Ideengeschichte geschärft und dabei eine fruchtbare methodologische Diskussion" eröffnet haben. Rosa fordert eine Hinterfragung politischer Theorien bezüglich ihres Inhalts und ihres Wirkens. Das bedeutet die Untersuchung von Traditions- und Diskussionszusammenhängen, sowie normativer oder ideologischer Implikationen, in denen er das zentrale Anliegen einer kritischen Begriffsgeschichte sieht. Dieser Forschungsschwerpunkt fügt seine vorangegangenen Themenbereiche zusammen. Rosa sucht, neue Verbindungen zwischen der aktuellen Gesellschaftstheorie mit zeitdiagnostischen Analysen und einer normativen, kritischen Sozialphilosophie, deren Basis er in der Verknüpfung von "politik-, identitäts- und modernetheoretischen Überlegungen" sieht.






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