Sonntag, 21. Juni 2009

295 Der Farbton Orange soll ein Wärmeempfinden bewirken, das um 4 Grad Celsius höher liegt als die reale Temperatur. Oder: (Innen-)Einsichten.

Habe ich jedenfalls aus der Presse erfahren. Was mich an den Punkt bringt, einmal das Interieur unseres Domizils mit zunächst seiner Schaltstelle vorzustellen. Dies aber nicht deshalb, um das Exquisite der Wohnung an sich vorzuführen, sondern um das Wort zu widerlegen, Geschmäcker seien halt verschieden.

Vor jetzt 37 Jahren hatten wir für unsere Münsteraner Küche schon die Wandfliesen mit der orangefarbenen Rosette ausgesucht - und waren froh darüber, sie auch noch 5 Jahr später für die in Bredenbeck am Deister ordern zu können. Dass danach andere Farbtöne und Muster angesagt waren, hat meine Holde und mich nicht im Entferntesten interessiert. Mein Frau ließ mich noch unlängst wissen, dass sie jetzt wieder in seien.

Dieselbe geschmackliche Übereinstimmung bei der Auwahl der Bodenfliesen,
Ausführungsbezeichnung "Herbstlaub". Zu welchen ich Gott sei Dank passende Steine für den Kamin finden konnte, den zu bauen deshalb noch möglich war, weil das von einem Unternehmer durchgeplante und für interessierte Kunden einfach hochgezogene Haus von uns zum Zeitpunkt der Erstellung des Kellers übernommen wurde. Noch jeder Besucher hat sich positiv zu gerade diesem Einrichtungsbestandteil Fliesen geäußert.

Der Küchentisch ebenfalls noch aus Münsteraner Zeiten: als meine Holde und ich, interessiert an möglichst viel Beinfreiheit, ihn sahen, war für uns die Sache sofort klar: der oder keiner. Dto. bei den Küchenstühlen. Deretwegen wir uns insgesamt etwa 30 km auf den Weg gemacht hatten, um ein Flohmarktangebot aus der Zeitung - inserierte Gegenstände bis zum Preis von 50 Euro - wahrzunehmen. Dto. bei den Sitzgelegenheiten im Wohnzimmer, die als Kaminstühle angeboten worden waren: Wir sind beide froh darüber, dass wir dort nicht so ein Riesending von Sofa stehen haben - und fühlen uns mit ihnen in puncto Sitzkomfort bestens versorgt.

Apropos Geschmack - hier gemeint der im Munde: Die jetzt auch vor über 30 Jahren von mir erworbene Fritteuse "Fritex" hat, anders als die normalen Fritteusen, einen Temperatursensor, der unmittelbar in dem zu erhitzenden Fett liegt und die benötigte resp. geforderte Gradzahl so nachsteuert, dass das Frittiergut - hier für mich vor allem interessant natürlich die Pommes - beste Gare- und Bräunungsgrade erreicht.

Ich könnte den Faden weiter spinnen und etwa auf die von uns gefahrenen Autos zu sprechen kommen - wo auch immer hundertprozentige Übereinstimmung bestand -, glaube aber, schon hiermit hinreichend Anhaltspunkte dahingehend geliefert zu haben, dass das einleitend zitierte Dictum über den Geschmack nicht den Allgemeingültigkeitswert besitzt, der ihm immer wieder zugeschrieben wird. Wobei Geschmack an etwas für mich auch dessen Funktionalität einbezieht.

Fazit: Einmal Geschmackssicherheit zum Zuge kommen lassen - und sich nie wieder einen Kopf darüber machen müssen, was man denn noch so alles anschaffen und verändern müsse. Dass unsere Wirtschaft, so, wie sie konzipiert ist, durch Konsumenthaltungsstrategen, wie meine Holde und ich es sind, nicht funktionieren kann, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt. Die Stehlampe habe ich, um hier zu einem auch wieder stimmigen Abschluss zu kommen, von einer Dame erworben, die ihre langjährig betriebene Möbelboutique aufgegeben hat und dabei war, sie zusammen mit anderen Einrichtungsmaterialien zum Wertstoffhof zu bringen.....

.....Nein, doch noch kein Abschluss: Auch der Medienwinkel verdient es, in diesem Zusammenhang in den Blick gerückt zu werden. Zunächst die Sitzgruppe: in besagter Möbelboutique bei einem gemeinsamen Spaziergang entdeckt und blitzartig von beiden mit einer Kaufentscheidung bedacht. Der Fernseher, ein Telefunken-Gerät, vor zig Jahren, wie die anderen davor, gebraucht erworben - für 100 Euro. Was bei entsprechender Nachfrage meine Holde veranlasste, in dem Erfahrungsschatz ihrer Zeit als Gymnasiallehrerin zu graben: Es habe dort Schüler aus Familien gegeben, die in einem einzigen Jahr 5 (in Worten: fünf) Fernseher angeschafft hätten. Unser Methusalem-Exemplar mit einer Bildqualität, wie ich sie selten bei den ganz modernen Geräten gesehen habe. Der Verstärker: Marke Kenwood - passend zu den beiden großen Lautsprechern desselben Herstellers. Erworben bei Lixfeld in Hannover als Ausstellungsstücke zu einem ermäßigten Preis: 600 DM. Was Anfang der 80er den Finanzierungsplan meiner nicht nur im Unterricht souverän mit Zahlen operierenden Holden einigermaßen durcheinander brachte. Zusammen mit dem Verstärker erworben: ein Kassettendeck und ein DVD-Gerät von Sony. Ebenfalls gebraucht. Zum Preis von 150 Euro, incl. noch einer Phono-Komplettanlage von AIWA.


Das dem Wandteppich - mit wahrer Engelsgeduld geknüpft von meiner Holden - in dem ca. 40 m² großen Wohnzimmer gegenüberliegende LUNDIA-Bücherregal: Ebenfalls eine Sache ganz spontaner Entscheidung beider aussuchender Partner. In welches das 12bändige Meyers
Lexikon von 1929, eine auch
heute noch sehr ergiebige und durch ihren getragenen Sprachductus sich auszeichnende Informationsquelle, millimetergenau hineinpasst. Der Kronleuchter und der Tisch davor - in dem Raum saßen oder bewegten sich einmal immerhin 7 Personen: Besitzgegenstände meines "Meisters", sprich meines Wirtes aus Münsteraner Studientagen, der mir seine komplette Wohnungseinrichtung auf seinem Sterbebett vermacht hatte. Darunter auch ein Schrank, der seit jetzt über 35 Jahren immer unser Wohnzimmer wenn nicht geziert, so doch zumindest mit seiner Aufteilung beste Dienste erwiesen hat. Mithin auch wieder Teile, die mir resp. uns a) gut gefielen, und für die wir b) kein Geld auszugeben brauchten.

Vorgestellt abschließend also das Esszimmer. Weniger der Vollständigkeit halber, als vielmehr, um darzutun, dass sich auch hier die Geschmäcker - in einem etwas weiteren Sinne verstanden - trafen: Der L-förmige Wohn-/Essraum/Küche-Komplex war, wie auch die Räumlichkeiten im Obergeschoss, von dem planenden Bauunternehmer so funktionell angelegt, dass wir gar nicht anders konnten, als die Hausübernahme zu tätigen. Das Bild, nochmals stimmig in dem ganzen Rahmen: Statt irgendeines teuren und Eindruck schinden sollenden Gemäldes - ein Machwerk unserer jüngeren Tochter.





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