Montag, 20. Juli 2009

310 LAND DER STILLEN REIZE. Unterwegs auf dem Radfernweg Oder/Neiße und im Oder-Spree-Gebiet.


Das eingangs gestellte Foto steht hier für eine Art von Urlaubsgestaltung. Natürlich muss es jede/r/m unbenommen bleiben, sich für dergleichen zu entscheiden: hinsichtlich unserer Bedürfnisse stellt dieser Typ von Nichtstun allerdings so etwas wie einen Kontrapunkt oder ein Kontrastprogramm dar: uns schwebt beim Verlassen der heimischen Gefilde etwas ganz anderes vor.

Am Endpunkt unserer 9tägigen Fahrradtour durch das Gebiet der ehemaligen DDR sollten in der nebenstehend erscheinenden Region Eindrücke des Landschaftsbildes stehen, wie sie sich hier aus einem Gebiet nahe Beeskow festgehalten finden. Nach Fahrten entlang Saale und Unstrut und vorbei an Wismar hin nach Beckerwitz an der Ostsee haben wir uns auch in diesem Jahr aufgemacht, den Osten mit unseren Drahteseln zu erobern.


Nebenstehende Karte verzeichnet den Endpunkt der Reise: den dort eingekreisten Ort, 2 bis 3 km nördlich von Beeskow gelegen. Welches wiederum in etwa gleicher Entfernung nördlich Kummerow liegt, das ja der/dem einen oder anderen von dem Film "Die Heiden von Kummerow" her namentlich präsent sein mag:

Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche Cast & Crew ...

Die Heiden von Kummerow und ihre lustigen Streiche - Alle Infos, Trailer, Szenenbilder, die Filmkritik und das Kinoprogramm. Komödie mit Paul Dahlke.

Auf die Übernachtung in Jugendherbergen eingestellt, bedauerten wir es etwas, dass es in der Umgebung von Lübben, dem Ort, von dem aus wir am Folgetag unsere Rückreise per Bahn antreten sollten, keine entsprechende Möglichkeit gab. Die 45 € für das von uns belegte Doppelzimmer bewegten sich allerdings nicht sehr weit von den etwa 40 €, die wir in der Regel für die entsprechende Unterbringung und Verköstigung in der JH zu zahlen hatten. Beim Verzehr einer Kleinigkeit am Abend, nämlich des "Storchennests" im Storchennest - eine Kreation der Wirtin, bestehend aus einem Reibekuchen, Würzfleisch, Ananas mit Käse überbacken, zum Preise von 2,50 € -, mit einer Dame ins Gespräch gekommen, die, von Köln kommend, viermal im Jahr diese Lokalität aufsucht. Ob sie ursprünglich aus dieser Gegend stammt, blieb dabei offen. (http://www.p-g-storchennest.de/)

Apropos 2,50 Euro: Dies war auch exakt der Betrag, der uns für ein herrliches Mittagsmenü abverlangt wurde - bestehend aus einem selbstgemachten, mit Gurken angerichteten Kartoffelsalat sowie einer Brühwurst, wie ich sie schmackhafter bis dato nicht hatte kosten können. Dazu noch 2 Gläser recht frischen Kirschsaftes und ein Glas Kirschsprudel - für summa summarum 8 Euro. Dafür kann bei uns im Westen gerade mal einer recht ordentlich satt werden - ohne dabei allerdings noch Reserven für etwas Trinkbares zu haben. Welche Zurückhaltung bei der Preisgestaltung meine Holde veranlasste, noch 2 Euro dazuzulegen. Trotz diverser auf der Route auch genossener Wildgerichte: dieser Kartoffelsalat mit seiner ganz hervorragenden Beigabe toppte für uns alles andere. Hineingeraten in das Lokal waren wir durch den Tip einer jungen Dame, die, nachdem sie mit uns einen Fragebogen in Sachen Touristik durchgegangen war, riet, dort zumindest einmal das tolle Softeis zu kosten. So kam es halt dazu, dass wir schon knapp eine Stunde vor der eigentlichen Mittagszeit eine Mahlzeit orderten - die uns dann bis zur Schlafenszeit hin sättigen sollte.
09.07: Startpunkt der Reise: Zittau - mit Übernachtung in dem nahegelegenen Oderwitz, genauer, in dem Schloss dortselbst. Das gehobene Ambiente dieser Lokalität mit beispielsweise den gepflegten Holzaufgängen richtig genießen können. Die gehobene Atmosphäre in diesem Etablissement noch unterstreichend: Der riesige Wintergarten, der als Aufenthaltsraum noch über ein entsprechendes Bildschirmformat verfügte.

Auf dem Weg dorthin im Leipziger Hauptbahnhof einen Fünfeuroschein aufheben können: schon mal klein schlechtes Omen gleich bei Reisebeginn. Welches im Weiteren dann insbesondere dadurch bekräftigt werden sollte, als es uns möglich war, die ganze Zeit ohne unsere Regenjacken, nur mit dem T-Shirt gewandet, durch die Gegend zu gondeln. Das, was an Regen herunterkam, blieb, begleitet von 2 heftigen Gewittern, beschränkt auf die Nacht vor der Fahrt hin zum Bahnhof Lübben. Ganz putzig dann noch Folgendes: Obwohl auf dem Weg zu unserem Abfahrtsort die Wolken mächtig gedräut hatten, fiel kein einziger Regentropfen: die stellten sich erst ein, als wir geschützt unter dem Bahnsteigdach saßen. Der Kommentar einer Verwandten dazu, die uns nach der Reise besuchen sollte: "Wenn Engel reisen."

Bei Fahrtbeginn fiel uns in dem Regionalzug Ost, den wir auch benutzten, die Stimme der Dame auf, die die Zugdurchsage machte: Beide erkannten wir in ihr diejenige, die auch im S-Bahnverkehr rund um Hannover zu vernehmen ist. Meine Frau erklärte dazu noch, dass die Ansagerin eine einfache Hausfrau sei, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Bredenbeck wohne und wohl auch keinerlei Stimm- oder Sprachschulung mitgemacht habe. Wahrscheinlich verdankt die Sprecherin ihren Job dem Ondit, dass in der Gegend von Hannover das beste Hochdeutsch gesprochen wird. Bei der Fahrt im ICE - den wir nur deshalb benutzten, weil die Bahncard 25 meiner Holden ein ansonsten nicht zu nutzendes Sonderangebot in Höhe von knapp 50 € erlaubte -, wieder einmal feststellen müssen, dass der in puncto Fahrkultur auch nicht entfernt an die der Doppeldecker des Regioexpress heranreicht, mit denen wir ansonsten vorzugsweise immer denn mal wieder unterwegs sind.

Am Spätnachmittag in Oderwitz nach 8stündiger Fahrt angelangt - um an den östlichen Startpunkt unserer Reise zurückzukommen -, noch eine Modelleisenbahn-Anlage besichtigt. Die im Rahmen einer umfassenderen kunsthandwerklichen Ausstellung allerdings nur einen relativ bescheidenen Raum einnahm. Die Blicke nach einem Mitbringsel für die Verwandten schweifen lassen, die sich wieder einmal der beiden Wonneproppen, der Hanni und des Wolle - unsere Karnickelzwerge - , während unserer Abwesenheit angenommen hatten. Passend als Kontrastpunkt zu dem überwiegend in Weiß gehaltenen Flur des von den beiden gerade bezogenen neuen Hauses zwei Paar rote Museumslatschen entdeckt, die mir ihrem Interessen an Gastbesuchen ohne festes Schuhwerk im Haus - Laminat und empfindlichere Fliesen - entgegenzukommen schienen. Am Ende sollte sich dann herausstellen, dass die Wahl recht gut getroffen worden war.

10.07: Nach dem Start in Richtung Zittau fiel uns auf, dass sich Osterwitz sehr lang hinzog. Nachdem wir eine Fabrikesse mit dem ersten Storch passiert hatten, wurde in romantischer Umgebung ein Kirschpicknick veranstaltet, bei dem die vom heimischen Baum gepflückten Früchte dran glauben mussten. In Zittau selbst die St. Johanniskirche besichtigt, bei der uns vor allem die riesigen Orgelpfeifen für die tiefen Töne auffielen: größer haben wir sie eigentlich bislang noch nirgendwo gesehen. Was uns - wie später auch in anderen Kirchen - auffiel: Dass die Kreuzsymbolik gegenüber den mehr kommunikativen Elementen der Bibel zurücktritt - etwas, was uns sehr für ihre evangelischen Bauherren einnahm. Anschließend noch einige Blicke in die Klosterkirche der Franziskaner geworfen.
Religiösen Belangen gewidmeten Baulichkeiten sollte damit nicht das letzte Augenmerk gegolten haben: In der am Wege liegenden Zisterzienserabtei Marienthal, renoviert unter einer namentlich benannten Äbtissin in XXVIII, also 2008, sahen wir eine Zeitlang den Putzarbeiten der Nonnen in dem überwiegend in Holz gehaltenen Kirchenraum zu, nachdem wir uns in der Klosterschenke, Zuflucht vor einem Gewitter suchend, ein ordentliches Mittagsmahl gegönnt hatten. Mehr Infos zu der Abtei unter http://www.kloster-marienthal.de/. Ohne die Notiz weiter nachzuprüfen, glaube ich das Baujahr der Klosterschenke mit 1740 angegeben zu können.
Nach einer Fahrstrecke von ca. 60 km dann abgestiegen in einer Görlitzer Pension, vor deren Aufsuchen die Holde zunächst blockiert hatte: Nein, in Görlitz sei es, abgesehen von der ja belegten JH, bestimmt zu teuer und sie finde es auch in der Ufergegend - mit Blick auf den polnischen Teil der Stadt - nicht sonderlich attraktiv. Ich nutzte den Kauf einer mit Blaubeeren belegten Waffel - Preis ebenfalls 2,50 €! -, um bei der sie zubereitenden Dame nach einer Unterkunft zu fragen - ohne mich weiter um mögliche Einwände meiner Holden zu kümmern, die sich mit ihrer Waffel bereits auf einer Bank niedergelassen hatte. Abends noch einen Rundgang durch die Altstadt gemacht - nach dem Besuch wieder einer konfesssionsgebundenen Baulichkeit, der Peterskirche mit ihren zwei hellen Türmen und den ebenfalls ungewöhnlich mächtigen Bass-Orgelpfeifen. (http://www.picobello-pension.de/- http://www.picobello.com/).
11.07: Weil wir uns für eine Übernachtung ohne Frühstück entschieden hatten, konnten wir morgens schon in aller Frühe um 7.00 h loszittern und erwartungsfroh die Weiterfahrt antreten. Was sich vor allem insofern positiv darstellen sollte, als es galt, an diesem Tage die längste Wegstrecke hinter sich zu bringen - hin nach Bohrau (bei Forst) knapp 110 Kilometer. On Tour dann Brotzeit in uriger Umgebung auf einer in massigem Holz ausgeführten Sitzgruppe. Dabei dann, wie noch des Öfteren auf der Fahrt, zu der übereinstimmenden Einschätzung gefunden, dass es sich allein wegen der leckeren Hefebrötchen - wir verzehrten immer wieder gern das Doppelpack "Alte Schlesische" - lohne, den Osten aufzusuchen. Abgesehen natürlich von noch so einigem, was uns gefallen sollte.
In puncto Verpflegung sollten wir an diesem Tag wirklich nicht zu kurz kommen: Zunächst gab es in Rothenburg, wo das Hotel "Zur Krone" gerade eingeweiht wurde, zur allgemeinen Stärkung Gratiswürstchen und Gratissekt. Das Gratisbier habe ich mir, von der Holden zur Weiterfahrt gedrängt, nur sehr mühsam verkneifen können. Die recht jung und dynamisch erscheinende Bürgermeisterin, die bei der Gelegenheit auch zu Wort kam, ließ uns wissen, dass es sich bei Rothenburg um die östlichste Kleinstadt Deutschlands handele.

Dann, am Abend,
in der Pension "Die Oase" nochmals zugeschlagen und wegen des enorm günstigen Angebots noch ein frugales Abendmahl eingenommen: Hirschbraten mit Klößen und diversen Gemüsesorten. Alles für effektiv 6 €, dieweil die Halbpensionskosten bei 28 € lagen. (http://www.oase-bohrau.de/). Dies, nachdem es vorbeigegangen war an dem Erlebnispark "Kulturinsel Einsiedel" mit ihrem Baumhaus, diversen, von tipiartig zusammengestellten Stangen getragenen Autowracks und nachdem auch noch in einer nicht zu vermeidenden Almhütte noch ein ordentliches Schnitzel verzehrt worden war. Interessant dabei das Gespräch mit einem älteren Herren aus der Gegend, der angab, im Jahr so um die 8000 Kilometer abzustrampeln, dabei immer wieder darauf achten müssend, auch "abzutrainieren": ein Begriff, den ich bis dato noch nicht vernommen hatte und der die allmähliche Verminderung der pro Tag zurückgelegten Strecke meint, welche es vor allem dem Herzen erlaubt, sich allmählich auf eine andere Schlagzahl einzustellen.

Geistige Nahrung gab es - zumindest ansatzweise - an diesem Tag auch: Eine Weile begleitetete uns auf dem Deichkamm-Radweg ein älterer Herr - wer in der Region genauer hinschaut, entdeckt überwiegend sich auf ihren Pedalen mehr oder weniger abmühende Senioren -, der uns nach relativ kurzer Zeit einigermaßen unvermittelt fragte, wie wir es denn mit Gott hielten. Etwas stutzig geworden, nahm ich das davor eingehaltene Fahrtempo wieder auf, bei dem meine Holde und der Begleiter nicht mehr mithalten konnten. Wie sie mir später berichtete, war der sich über das von mir beibehaltene Tempo wundernde Begleiter ein Zeuge Jehovas. Der sich halt verpflichtet sah, wieder mal Proselyten zu machen - damit seinen arg begrenzten Horizont vermeintlich ins Unendliche hinein ausdehnend. Was ich noch vor meiner Absatzbewegung mitbekam: Seine Äußerung, dass Gott die Menschheit wegen ihrer Verfehlungen über kurz oder lang vernichten werde. Mein Einspruch dürfte bei ihm kaum verfangen haben, machte er doch einen irgendwie arg beschränkten Eindruck.

Aber zurück zur Natur: Die herrlichen Flussauen der Neisse mit ihren Weidenbauminseln, wie ich sie in dieser Schönheit noch nie gesehen hatte, genießend, radelten wir auf dem in der Nachschau wohl schönsten Teilstück unserer Tour: mal auf dem Deichrücken mit dem Blick in eben die Flussauen hinein, mal auf einer Wegstrecke, auf der sich einmal Schienen befunden hatten - abwechselnd gesäumt einerseits von Eichen, Eschen, Ginster - gelegentlich auch Birken und das eine oder andere mir nicht weiter bekannte Pflanzenwerk - sowie andererseits ganz hoch gewachsenen Gräsern.
Dann verabschiedeten wir uns - den Planungen meiner Holden folgend, die die ganze Tour minutiös anhand des Karten- und Internetmaterials ausgearbeitet hatte - von dem Flusslauf und nahmen Kurs auf das Schlaubetal zu. Zuviel Wasser sollte es denn doch nicht sein: der Wald sollte mal wieder mit ins Spiel kommen. Viel Wasser gab's aber trotzdem - vor allem das der Toteisblöcke aus der Weichseleiszeit, die vor 90 000 Jahren begann, welche der Stoff der zahlreichen Klarseen dieser Gegend sind. Auch das Schmelzwasserrinnensystem der Schlaube, Ölse und Demnitz in diesem Landschaftsbereich rührt aus dieser Zeit. In diesem Naturpark lässt sich eine ungewöhnlich große Zahl von Tieren beobachten: allein bei den Großfaltern sind es 700 verschiedene Arten. (http://www.schlaubemuehle.de/)
12.07 + 13.07: In unmittelbarer Nähe zu der Schlaubemühle gelegen, wo wir übernachteten, ist der Wirchensee, in dem, auf der Schautafel nachgezählt, von Aal bis Zander 14 verschiedene Lebewesen beheimatet sind. In der Schlaubemühle, die zu DDR-Zeiten (auch?) STASI-Posten gewesen ist, gönnten wir uns, die Gegend erwandernd, eine Pause von der Pedalentreterei.

Apropos Pedalentreterei - als kleines Intermezzo: So leicht wie bei dem jetzt von mir seit 5 Jahren gefahrenen KETTLER Alu-Rad mit seiner SRAM-Schaltung (7 Gänge) und vor allem der extrem kleinen Übersetzung vorn ist sie mir noch nie gemacht worden. Ein kleines Malheur auf dem Weg ins Schlaubetal: Wegen der zu lockeren Spannung der Kette, der in einem Schaltmoment bestehenden Unschlüssigkeit mit Hin- und Herschalterei sowie wohl auch wegen Bodenwellen saß die plötzlich auf der mächtigen Nabe des Hinterrades - so stramm, dass ich sie erst nach einigem Bemühen von dort herunterbekommen konnte. Die Weiterfahrt war dann etwas weniger erfreulich, weil sie irgendwo am Rahmen oder dem Kettenschutz vorbeischleifte.

Worauf ich hinauswill: Dem Credo, Kettenschaltungen seien das Nonplusultra, etwas entgegenzusetzen. Kettenschaltungen sind in - behaftet mit dem Flair des Sportiven und etwa auch des Individualismus. Letzterer sich festmachend an dem Gedanken, man könne ja wegen der beispielsweise 24 Gänge jedem Belastungserfordernis und jeder Fahrsituation individuell gerecht werden. Jeder, der etwas auf sich hält und beim Radfahren seine sportive Note hervorkehren möchte, legt sich eine Kettenschaltung zu - auch wenn eine entsprechende Nachfrage die Motive nicht so deutlich hervortreten lassen würde. Ich weiß, dass mein Plädoyer für die extrem zuverlässige und allemal ausreichende Übersetzungsabstufungen bietende Nabenschaltung manch eine/r/m sauer aufstoßen wird, meine aber, gute Gründe dafür zu haben, es vorzutragen.

Unterstützung in dieser Einschätzung fand ich bei dem Hausmeister der Schlaubemühle, der sich von sich aus anbot, meine Kette nachzuspannen: er habe es, selber auch eine Nabenschaltung nutzend, immer denn mal wieder bei den Gästerädern mit den besonders für Verschleiß viel anfälligeren Kettenschaltungen zu tun, bei denen immer denn mal wieder die Plastikteile ersetzt werden müssten. Für diese Schaltungen habe er sich eigens einen entsprechenden Schlüsselsatz besorgt, um an die einzelnen Ritzel heranzukommen. Gerade auch in einer sandreicheren Umgebung sei mit Kettenschaltungen wesentlich schlechter zu fahren. Er verstehe absolut nicht, wieso man einer solchen den Vorzug geben könne.

Ein vorzügliches, frugales Frühstück im Hotel Wirchensee für 8 €. Beim Umrunden des Sees einer Gruppe von Grau- bis Weißhaarigen begegnet, die sich von einem Ranger in naturkundlichen Dingen unterrichten ließ. Auf einer Schautafel entdeckte meine Holde die Ringelblume - dort ausgewiesen als Heilpflanze des Jahres 2009. Was ihr irgendwie gefallen haben wird, macht doch besagte Blume einen Gutteil der von ihr arrangierten heimischen Gartenzier aus. Besonders bei Beingeschwüren soll diese Heilpflanze einsetzbar sein sowie dazu noch als Blutfettsenker. Da uns bei unserem Marsch durch das Tal der Schlaube selbst - der Wirchensee oder ein anderer in seiner Nähe gelegener muss, wie wir vermuteten, Quellsee für sie sein - kaum jemand begegnete, brauchten wir uns nicht darüber zu wundern, dass die Blaubeersträucher am Rande des Weges vor Früchten nur so strotzten.

14.07: Wie zumeist, so auch heute wieder gegen 9 Uhr in der Frühe gestartet. Über Kieselwitz und Fünfeichen und den Radweg OSS hin zum Helene-See. Die langanhaltenden, z.T. über fast einen Kilometer sich hinziehenden Abfahrten erstaunten und führten uns zu dem Schluss, dass wir in dem davor besuchten Naturpark eine beachtliche Höhe erreicht haben mussten. Was uns bei dem See verwunderte, war der Umstand, dass er total vergattert war - eine Überbleibsel aus DDR-Zeiten oder ein Konstrukt aus der Nachwende-Zeit?

Wie immer wieder während der Tour nahe Frankfurt (Oder) an genau den richtigen Stellen genau die richtigen Leute getroffen, die uns helfen konnten, uns elegant um diese Stadt herumzumogeln - so, dass wir den wohl problemlosesten Weg hin nach Lebus finden konnten. Wo sich uns dann die Flussaue der Oder darbot, und zwar mit den Wasserinseln der Altoder. Ca. 30 km an deren Aue entlang - zumeist auf halber Höhe des Deiches: der Deichkamm war in der Regel nicht befahrbar. Da die so beschränkte Sicht und auch das gegenüber dem Neissepanorama weitaus weniger Reizvolle der Flusslandschaft uns auf die Dauer nicht zusagte - und zudem vor Augen stand, dass das Radeln im Oderbruch ohne jeglichen Schatten zur Tortur werden könnte -, nach Berühren von Küstrin-Kietz bei den Sydowwiesen von der Oder abgedreht in Richtung Märkische Schweiz. Nach ca. 90 km Tagesstrecke eine Bleibe in der Herberge Sophienthal gefunden.













Die zu unser beider Verwunderung nicht in dem Jugendherbergsverzeichnis aufgeführt wird. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass die Leiterin wohl gemeint habe, durch die Mitgliedschaft im Verband zuwenig Vorteile zu haben, die dann den Mitgliedsbeitrag eigentlich schon gar nicht mehr rechtfertigten. Die Entscheidung sei im Hause dahingehend gefallen, sich bei der PR vor allem auf das Internet zu stützen (http://www.herberge-haus-regenbogen.de/jugendherberge/de/page1.html).

A propos Entscheidung: In der großen Wohnung im Obergeschoss, die uns zugewiesen wurde - etwas, das uns diverse Male während der Tour passierte -, nahm sich meine Holde ihr Kartenmaterial vor, um den Rest unserer Tour neu festzulegen. Wonach sie konstatierte: "Ich plane - Du entscheidest." Für mich also irgendwie bequemer. Wobei ich nicht verhehlen möchte, dass sich in den insgesamt 41 Jahren unserer Beziehung schon fast zuviel auf einem solchen Level abgespielt hat, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Dabei dann etwa auch noch zugeben müssend, dass mir die Unterlagen für anfangs etwa den Lohnsteuerjahresausgleich bis heute fremd geblieben sind: da im Lehrberuf Mathematikerin (und Sportlerin) lag es auch nahe, dass meine Holde sich der Hausfinanzierung annahm.
Neuhardenberg: das war eine der Zwischenstationen auf dem Weg zu der bezeichneten Bleibe. Von 1949 bis 1989 in Marxwalde umbenannt. Dort dann hinein in ein in unmittelbarer Nähe des Schlosses gelegenes Kavalleriehaus, in welchem sich die Geschichte von Schloss und Ort mit Texten, Bildern und einer Videopräsentation vorgeführt fand. Näheres dazu möge man dem zwischen die Bilder gestellten Infostreifen entnehmen. Dort auch erwähnt der Ahnherr der Sippe. Der in seiner Rigaer Denkschrift von 1807 in Sachen Demokratie folgendes notiert hat - zitiert nach einer in ganz großen Lettern ausgeführten Unterschrift unter mehreren großformatigen Bildern: "Also eine Revolution im guten Sinn, gerade hinführend zu dem großen Zwecke der Veredelung des Menschen. Demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung: dieses scheint mir die angemessene Form für den gegenwärtigen Zeitgeist. Die reine Demokratie müssen wir noch dem Jahre 2440 überlassen, wenn sie anders für den Menschen gemacht ist."
Ein Statement, welches angesichts arg schwächelnder demokratischer Strukturen gerade auch der Gegenwart an Relevanz nicht verloren haben dürfte. Vielleicht denke ich ja mal gelegentlich auch darüber nach.

Die Parkanlagen in der Nähe des Schlosses: geplant und angelegt unter der Ägide von Herrmann Fürst von Pückler-Muskau - auf der auf dem folgenden Infoblatt als Gartenkünstler, Landschaftsarchitekt, Standesherr und Reiseschriftsteller ausgewiesen.
Vorstehende Info schreibt den Vornamen mit zwei 'r'. Was wohl seine Richtigkeit haben wird. Bei der ihm gehörenden Residenz hat er seinen gestalterischen Konzeptionen nach Lust und Laune umsetzen können: Die ungewöhlich weitläufige Parkanlage lässt ganz unverkennbar die Handschrift eines Könners deutlich werden. Im Eifer des Gefechtes hätte ich die auf dem Wege von Görlitz liegende Station unserer Reise fast übersehen.
15.07: Von Sophienthal kommend nach einer weiteren längeren Abfahrt auf dem direkt an der JH vorbeigeführten Radweg R1 - über Brügge, Antwerpen und Berlin reichend von Calais bis Petersburg,- durch wunderbares Waldesgrün hindurch und insgesamt ca. 55 Kilometern in Buckow gelandet, und zwar in einem "Bungalow". Uns gegenüber so bei der Handy-Erkundigung nach freien Übernachtungsplätzen angegeben. Der war dann ausgerechnet der mit der geringsten Unterbringungskultur während unserer sich über insgesamt knapp 600 Kilometer erstreckenden Tour: nur Betten, keine Wasch- oder Duschmöglichkeit, kein WC. Alles separat in einem ca. 30 Meter entfernt liegenden Gebäude mit sanitären Anlagen zu erreichen.

Am Abend kümmerte sich meine Holde gar nicht weiter um die, sondern nahm, da niemand außer mir sonst zugegen war, ein recht freizügiges Bad in dem dicht bei der JH gelegenen "Vorsee" des Schermützelsees - nicht zu verwechseln mit dem Scharmützelsee! Bei der Abrechnung, die wie in aller Regel üblich, vor Antritt der Übernachtung stattfand, hieß es, es sei auch eine Kurtaxe zu entrichten. Denn Buckow, die "Perle der Märkischen Schweiz", sei Kurstadt. Von ihr aber weiter nichts mitbekommen: Uns reichte der abendliche Aufenthalt am See. (http://www.kurstadt-buckow.de/ - Sehr schön die Bildmotive der virtuellen Imagebroschüre, die sich auf der rechten Seite der Homepage aufblättern lässt).

16.07: Start wieder um 9 Uhr. Bei Grünheide weg von dem R1 - auf den H1, den Spree-Radweg. Trotz unzulänglicher Beschilderung durch wiederum wunderbare Waldgebiete und an ebensolchen bunten Wiesen mit ganz hohem Gras- und Blumenbestand hingefunden zur JH Braunsdorf. Wie so viele Flecken in diesem Gebiet eine Schenkung, diesmal an einen Herren namens Braun, wenn ich meine Holde recht verstanden habe. Außer der fraglichen Lokalität, einem recht ansehnlichen und gut unterhaltenen Gebäude nichts, aber auch gar nichts in dem Dorf mit den wenn es hochkommt 30 Häusern. Die noch recht junge Leiterin des Hauses zeigte uns stolz den großen Saal des Hauses, der für eine am nächsten Tag stattfindende Hochzeitsfeier hergerichtet war.

Nicht hergerichtet, wohl aber arg zugerichtet war während der letzten Tage der Tour mein Allerwertester. Wenn ich nicht auf die Idee gekommen wäre, das trotz knappen Gepäckraums in dem mitgenommenen Rucksack - Maße etwa 39 H x 33 B x 15 T - befindliche Frotteehandtuch zusammenzufalten, in einen Stoffbeutel zu stecken und alles zusammen einigermaßen fest auf dem Sattel anzubringen: ich hätte für meinen Teil die Tour abblasen müssen. So aber hielt sich der Schmerzensgrad sehr in Grenzen. Hinzu kam, dass die Schönheit der in dem Seen-Waldgebiet befahrenen Radweg-Alleen einigen Stoff für Ablenkung von der körperlichen Misere bot.

17.07: Die letzte Station unserer Reise - ganz spontan angesteuert, weil mir wegen der drückenden Schwüle irgendwie nicht wohl war -, sollte dann das Storchennest in Radinkendorf sein. Ursprünglich hatte meine Holde das Ziel Beeskow mit einem Haus für Bootsanleger ins Auge gefasst. Die Übernachtungsstätte, welche
wir beziehen konnten: top und wie auch das Frühstück am nächsten Morgen in allen Punkten zufriedenstellend. Putzigerweise findet sich ausgerechnet dieses auf der Website im Bild festgehalten - unter Zimmer: das in dem unteren Fotomotiv. Abends wieder am Wasser - diesmal der Spree - die Seele baumeln lassen. Spätabends und in der Nacht dann heftige Gewitter und Regenfälle: so, wie es sich ein Reisender nur wünschen kann, der tagsüber von solchem Wettergeschehen nicht tangiert sein möchte.

18.07: Schlusspunkt der Rundfahrt Spree/Oder - Märkische Schweiz - Oder/Spree-Seengebiet. Auf dem letzten Abschnitt der Tour wieder durch die herrlichen, an Kirchenschiffe erinnernden Baumarrangements, die Spree mal links, mal rechts und bald darauf wieder links von uns fließend. Beim Blick auf die Karte ließ sich feststellen, dass die näher zu Lübben hin gelegene, kilometerlange Seenkette, die wir zuletzt passierten, dort gar nicht verzeichnet ist. Eine Erklärung dafür ist auf jeden Fall, dass das von uns verwendete Kartenmaterial vom Anfang der 90er Jahre stammt. Ob die riesigen Seen durch technische Stauprozeduren oder aber etwa durch die Wassermassen, die im Zusammenhang mit der Oderflut anfielen, zustandegekommen sind: diese Frage konnten wir nicht beantworten. Wohl aber zumindest zumindest für uns ansatzweise die Frage, wie sich das Savoir vivre im Osten ausnimmt.

PS1: Wer mag, kann ja mal in einen anderen Reisebericht hineinschauen:

Sonntag, 26. April 2009


241 Spiekeroog: Natur- und kulturgeographische Mosaiksteine.


PS2: Das nachstehende Bild mag erhellen, dass man auch in der unmittelbaren Umgebung Hannovers Landschaftseindrücke mitnehmen kann, die dem hier gewählten Themenschwerpunkt "Land der stillen Reize" entsprechen.

PS3: Eigenartigerweise hält mein "unkaputtbarer" Reifen während der langen Fahrt. Kaum aber bin ich zu Hause angekommen, gibt er seinen Geist auf.

PS4: Das nachstehende Kastenmotiv habe ich übrigens bis dato erst einmal verwendet, und zwar in folgendem Post:

Mittwoch, 16. Juli 2008


35 Der Aspekt der Leichtigkeit des Seins. Eine nähere Ausleuchtung des persönlichen Umfeldes. (Selbstreferentielles)

PS5: Sechs Tage nach diesem Eintrag findet sich in der örtlichen Presse unter der nebenstehend erscheinenden Überschrift ein Artikel, der, anknüpfend an die Bundesgartenschau in der kleinsten Landeshauptstadt der Republik, einige der wichtigsten Daten zur Situation des Tourismus in der Ostregion unseres Landes festhält: a) das in dem Zusammenhang dieser Darstellung zunächst relevant erscheinende Datum: seit 1995 wurde das Radwegenetz allein in Brandenburg auf 1800 km ausgebaut - und damit gegenüber diesem Jahr vervierfacht; b) haben die milliardenschweren Investitionen auch in die übrige touristische Infrastruktur dazu geführt, dass das Urlaubsgeschäft sich zu einem der Lichtblicke beim Aufbau Ost entwickeln konnte; c) haben diese Investitionen etwa zur Folge, dass in dem fraglichen Sektor mittlerweile 400 000 Ostdeutsche Beschäftigung finden; d) haben ostdeutsche Zielgebiete, anders als beliebte Reiseregionen des Südens, die Wirtschaftskrise bis dato recht gut überstanden; e) hat sich insbesondere bei der TUI, dem größten Tourismuskonzern Europas, Mecklenburg-Vorpommern zur beliebtesten Urlaubsregion entwickelt - so, dass der hergegangen ist und im Nordosten der Republik sogar seine ersten eigenen Ferienanlagen im Inland eingerichtet hat; f) konnten im Vorjahr die Hoteliers u.a.m. insgesamt 69 Millionen Übernachtungen verzeichnen; g) klafft bei den Übernachtungszahlen nichtsdestotrotz noch eine große Lücke zwischen Ost und West: Auf die neuen Länder entfällt bisher nur ein knappes Fünftel der Beherbergungsnachfragen; h) steht zu erwarten, dass die gegenüber dieser Urlaubsregion noch sehr zurückhaltenden Ausländer nicht zuletzt deshalb in Zukunft vermehrt zu ihr hinfinden, weil im Westen sehr viele Hotels und Ferienwohnungen den Standard der 70er Jahre haben, während der Osten mit ganz modernen Einrichtungen aufwarten kann.



75 Posts mit Zentralcharakter

Hinweis: Aus mir unerfindlichen Gründen unterschlägt der Browser Firefox, der bei der Posterstellung weitaus ökonomischer zu handhaben ist als der Browser Internet-Explorer, eine Fülle der von mir in den Blog eingebrachten Materialien. Daher: Bei offensichtlichen Lücken und größerem Interesse mit letzterem ins Netz gehen!
Und hier noch der Link zu meinem Energieblog:http://www.energieinfo-alternativ.blogspot.com/Die Kontaktadressen und zurück zur Startseite:martin_cross@web.de und k_bickmann@web.de
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