Lieber Hartmut,
das vorstehende Bild, gerade erst gefertigt von den Gästen der Hochzeitsfeier meiner jüngeren, in einer Reihe von 5 Geschwistern stehenden Tochter, will so recht zu der Herzlichkeit passen, der ich insbesondere im baptistischen Umfeld eigentlich permanent begegne. Es tut gut, in Eurem Gottesdienst so ermutigende Worte zu hören, wie gerade Dein Bruder sowie Deine Frau und Du selbst sie einleitend immer wieder finden. Dergleichen kenne ich aus meiner katholischen - aber auch der evangelischen - Kirche her nicht. Welche für mich beide zu sehr der Idee verhaftet sind, mit dem geistlichen Stand so etwas wie Exklusivität beanspruchen zu können - von daher dann etwas abgehoben agierend und mit dem Anspruch auftretend, die Schäfchen auf bestimmte Vorstellungen verpflichten zu können.
Auch das Abendmahl hat bei Euch ein anderes Gesicht - nicht zuletzt vielleicht deshalb, weil Ihr es seid, die das Brot aus Eurer Bäckerei bereitstellen. Ferner wollen mir (als ehemaligem Lektor) die zumeist gut aufgebauten oder durchstrukturierten Predigten Eurer Pastorin sehr zusagen.
Und, was mir außerordentlich gefällt, ist der immer nach Abschluss des Gottesdienstes veranstaltete Treff beim "Kirchenkaffee". Bei dem sich so mancherlei in die eine oder andere Richtung hinein andenken - oder gar vertiefen lässt. An dem einen oder anderen Tisch dürfte gestern dabei das demnächst anstehende Evangelisationsprojekt thematisiert worden sein. Wozu ich am 28.06.d.J. folgende Überlegungen angestellt habe:
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47 Mission - Stolperstein oder zum Eigentlichen hinführendes Aufbauelement?
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Gestern habe ich, Dir, lieber Hartmut, bei besagter Gelegenheit gegenübersitzend, das formuliert, was sich in einer demnächst in voller Länge erscheinenden Rundmail (ca. 2000 Adressaten) vom 03.05.d.J. abschließend so ausgedrückt findet: "Und - wenn man dazu käme, den Akzent nicht so sehr auf den GLAUBEN AN (den historischen) JESUS zu legen, als vielmehr darauf, zu GLAUBEN WIE JESUS?" (so zu finden in dem Beitrag eines Geistlichen in dem Presseorgan Publik-Forum, das sich als "Zeitschrift für kritische Christen" versteht).
Deine Reaktion darauf schien mir irgendwie befremdet. Du erwidertest nämlich, es käme ja schließlich darauf an, an wen man glaube. Was sich gewiss daraus ergibt, dass Ihr Euch ganz stark auf die Person des historischen Jesus konzentriert. Der aber - den Zensoren in der Amtskirche muss es irgendwie entgangen sein - etwa auch gesagt hat, nach ihm würden Menschen auftreten, die Größeres zu bewirken imstande seien als er selbst (ich habe jetzt nicht die Zeit und auch nicht die Laune, um nach dem genauen Wortlaut der Bibelstelle zu forschen, die ich auch in einer anderen Rundmail benannt habe). Dazu möchte ich Dir noch mehr sagen - dabei auch das heranziehend, was der Mystiker Meister Eckhart in dem angezeigten Sinne verlautbart hat. Alles demnächst nochmals in der dann vollständig gebrachten Mail vom Juni dieses Jahres erscheinend.Doch zuvor noch eine abschließende Textpassage aus der FAS von gestern, auf die ich soeben gestoßen bin - verfasst als ganzseitiger Beitrag von Michael Elliot unter dem Titel "Tony Blairs Reise". Der, wie Du vermutlich auch registriert haben wirst, unlängst zum Katholizismus übergetreten ist, jetzt, nach seiner Amtszeit, keinen Hehl aus seiner Religiosität mehr machend. Ich habe in dem Text die Stellen hervorgehoben, in denen es um den interreligiösen Diskurs geht und darum, dem energischen Vertreten eines bestimmten religiösen Konzeptes eine Absage zu erteilen. Denn - so jedenfalls meine Einschätzung: Solcherlei basiert vorwiegend auf dem Bedürfnis nach einer Steigerung des Selbstgefühls sowie einer - falsch betriebenen! - Selbstvergewisserung. Die dazu tendiert, bei einem Aktionismus stehenzubleiben und das Zeug hat, bei dem jeweiligen Counterpart überwiegend Animositäten zu wecken. Was ich natürlich für die von Euch konzipierte Evangelisation nicht gelten lassen möchte. Was ich allerdings bemerken möchte, ist, dass bei ihr die Gefahr besteht, im Bereich gedanklicher Konstrukte stehenzubleiben. Die immer den intellektuellen Nachvollzug erfordern - mit der Erfahrbarkeit von Transzendenz aber überhaupt nichts zu tun haben. Und die ist, das darf ich jetzt ganz besonders allmorgendlich erfahren, wirklich möglich. Doch nun zu den in einen eigenen Formulierungsrahmen gestellten Ausführungen des o.g. Mystikers***, welche das Gemeinte vielleicht mehr erhellt:
"Es steht zu hoffen, dass die Menschheit sich denn doch noch dem Potential gegenüber öffnet, welches allein in der Lage ist, all das Schöne auf unserem weiten Erdenrund zu erhalten. Hierzu möchte ich abschließend den Link weitergeben, den mir mein Freund gerade erst hereingereicht hat. Wobei ich von etwa S. 11 eine Passage zitieren möchte:
http://www.stefan-matthias.de/Frames%20und%20Komponenten/Frameset-Texte%20-%20Christentum%20und%20Buddhismus.html
'Wo die Kreatur endet, da beginnt Gott zu sein. Nun begehrt Gott nichts mehr von dir, als daß du aus dir selbst ausgehest deiner kreatürlichen Seinsweise nach und Gott Gott in dir sein läßt. Das geringste kreatürliche Bild, das sich je in dich einbildet, das ist so groß, wie Gott groß ist. Warum? Weil es dich an einem ganzen Gotte hindert. Eben da, wo dieses Bild (in dich) eingeht, da muß Gott weichen und seine ganze Gottheit. Wo aber dieses Bild ausgeht, da geht Gott ein. Gott begehrt so sehr danach, daß du deiner kreatürlichen Seinsweise nach aus dir selber ausgehest, als ob seine ganze Seligkeit daran läge. Nun denn, lieber Mensch, was schadet es dir, wenn du Gott vergönnst, daß Gott Gott in dir sei? Geh völlig aus dir selbst heraus um Gottes willen, so geht Gott völlig aus sich selbst heraus um deinetwillen. Wenn diese beiden herausgehen, so ist das, was da bleibt, ein einfaltiges Eins." [7]
Hier sagt Eckhart, dass jedes Bild im Geist es als solches verhindert, dass Gott im Menschen ist und der Mensch mit Gott eins wird. Alles Kreatürliche muss der Mensch daher hinter sich lassen, er muss aus sich selbst herausgehen. Alles, was in irgend einer Weise ein Gegenstand, ein Inhalt ist, muss vergessen werden. Alles versinkt in Stille und Schweigen.'Und - wenn es so wäre, dass Gott Vater und der Heilige Geist in etwa so nach erwachten Menschen Ausschau halten wie die vorstehend gebrachte Figur? Und - wenn man dazu käme, den Akzent nicht so sehr auf den Glauben AN (den historischen) Jesus zu legen, als vielmehr darauf, zu glauben WIE er?"
Jesus will mir - im Sinne gerade auch der Ermutigung, die in Euren Gottesdiensten eine tragende Rolle spielt - vor allem die Rückkopplung an den Vater und den Geist nahebringen, mich aber nicht gedanklich auf ihn fixieren. Selbst wenn seine Worte "Wer an mich glaubt...." dies nahezulegen scheinen. Allein schon seine Ausführungen über das Sich-nicht-sorgen-Müssen belegen für mich eher das Gegenteil, weisen sie doch über ihn hinaus und wollen den Individuen eine entsprechende Übung zum Gelingen ihres Lebens nahelegen. Und wenn es zentral auf solche Einstellung und Praxis ankommt - dann tritt doch darüber die Figur des solche Inhalte Vermittelnden in den Hintergrund. Was nicht heißen soll, dass ich nicht an ihn glaube. Während meines "Bades im Meer der Ruhe", welches ich seit jetzt zweieinhalb Jahren allmorgendlich zu nehmen pflege, gehört der Text des folgenden bei Euch immer wieder gern angestimmten Songs zu meinem Gebetsrepertoire: "Meine Hofnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus meine Zuversicht, auf Dich vertrau' ich und fürcht' mich nicht, auf Dich vertrau' ich und fürcht' mich nicht."
Wie so vieles gerade in dem zuletzt angesprochenen Zeitraum kommt es für mich nicht von ungefähr, dass mir das Buch "Mein Gott, warum" von Abbé Pierre in die Hände gelangt. In welchem dieser Heilige - denn das ist er, auch ohne entsprechende kirchliche Weihen oder nur Verlautbarungen - (systemkritisch) feststellt: "Ich bin wenig geneigt, die ganze Geschichte mit der Erbsünde zu glauben."Die Kernpunkte des Vorstehenden noch einmal herausstellend, nämlich: "Hier sagt Eckhart, dass |||||JEDES BILD IM GEIST ES ALS SOLCHES VERHINDERT, DASS GOTT IM MENSCHEN IST UND DER MENSCH MIT GOTT EINS WIRD"||||| "...WEIL ES DICH AN EINEM GANZEN GOTTE HINDERT"||||| "Wenn diese beiden herausgehen,|||||SO IST DAS, WAS DA BLEIBT, EIN EINFALTIGES EINS" |||||"ALLES VERSINKT IN STILLE UND SCHWEIGEN", und hoffend, dass vielleicht nicht nur Du einen Zugang zu ihnen finden kannst, verabschiede ich mich hier - ggf. bis auf Weiteres - mit einem
Grüezi wohl
Klaus Bickmann
***Karl Rahner, einer der Väter des Vaticanums II: "Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein - oder er wird nicht mehr sein."
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Hallo Klaus,
ich kenne diesen Satz, und denke oft daran, er ist wahr.
Gottes Segen
Hartmut
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Von: k_bickmann@web.de [mailto:k_bickmann@web.de]
Gesendet: Dienstag, 9. September 2008 10:25
An: siehndel@siehndel.com
Betreff: An das kurze Gespräch beim Kirchenkaffe anknüpfend,....... lieber Hartmut, hier ein Brief, den ich zwecks breiterer Wahrnehmung auch ins Netz gestellt habe.71 Brief an einenengagierten Baptisten
In gewisser Hinsicht knüpft er an das an, was ich zuvor an einen anderen Adressaten geschrieben habe:62 Brief an einen bekennenden Agnostiker/Atheisten
Da Ihr bei Eurer Gemeindearbeit sehr stark mit dem neuen Evangelisationsprojekt befasst sein werdet, bist Du möglicherweise bis dato noch nicht dazu gekommen, in meinen Blog hineinzuschauen. Vielleicht hast Du dort aber auch zuviele Gedankengänge entdeckt, deren Richtung Dir nicht zusagt. Es wäre schön, wenn Dir der Brief 71 einen besseren Zugang zu dem Gemeinten vermittelte.
Was das eingangs erscheinende Bild anbelangt: Die Ernte, die sich in ihm ankündigt, wird auf spirituellem Terrain im Endeffekt nur dann so reich ausfallen können, wenn man bei allem, was man tut, den Aspekt im Auge behält, den der in dem Brief abschließend als einer der Väter des Vaticanums II zitierte Karl Rahner folgendermaßen fasst: "Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein - oder er wird nicht mehr sein."
Grüezi wohl
Klaus
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