Mittwoch, 24. September 2008

74 Einige Bemerkungen zu dem Bankendebakel und zu auch ansonsten leeren Versprechungen


Das FAS-Männchen, welches sich nebenstehend niedergelassen hat, ist offensichtlich ins Grübeln geraten. Wohl über die Zahl der "atypischen Beschäftigungsverhältnisse" hierzulande. Welche ja der Ausgangsstoff für die prekären Lebenssituationen sind, in denen sich die betreffenden Betroffenen in der Folge zu befinden pflegen. Dass darüber nicht nur ein Oskar Lafontaine in Rage geraten muss, dürfte auf der Hand liegen.

In dem der HAZ vom letzten Wochenende entnommenen Kurzbericht geht es speziell um die Firma Schaeffler, in welcher, wie der Name ja schon besagt, ordentlich gescheffelt worden ist und in der, hauptsächlich durch das Schaffen - nicht das Sch(a)effeln! - der Werktätigen, mittlerweile ein Vermögen von 10 Milliarden Euro angehäuft werden konnte; ohne dass diese je mehr als ein
paar Brosamen davon abbekommen hätten. Besagte Firma profitiert bereits - oder will noch profitieren - von dem Boom, den insbesondere die Produzenten von Nobelkarossen wie Porsche gegenwärtig erleben. Die zu einem Gutteil von solchen Gestalten gefahren werden, wie sie sich bei Lehmann Brothers neben den 7,68 Millionen Bedürftigen in unserem Lande versammelt haben (s. Bild). In der Londoner Filiale der bankrotten Bank - in welcher aber noch reichlich Mittel als Gratifikationen und anderes mehr dafür zur Verfügung standen, dass man so schön mit all den Finanzierungsinstrumenten herumoperiert hatte: den Zertifikaten, den Derivaten, den Junkbonds, den Subprime-Hypotheken - oder wie die Dinger alle heißen, die den Stoff für Illusionen liefern.

"Nur Fliegen ist schöner": dies können sich die Porsche-Freaks immer wieder sagen, wenn sie mit knapp 300 km/h durch die Landschaft düsen und "spektakulär durch jede Kurve" gehen. Da ist es gut, dass die "Fliehkräfte abgeschafft" werden konnten und sich immer wieder eine "phänomenale Performance" hinlegen lässt. Da können der - neiderfüllten - Umwelt dann die Augen übergehen und Futterneid sich bei ihr einstellen (insbesondere dann, wenn man mit dem jetzt von "Wissenschaftlern" - die nicht mehr sind als willfährige Handlanger einer Clique von Systemprofiteuren! - ermittelten Hartz IV-Satz von nicht einmal 150 Euro/Monat auskommen muss): Dass die Performance bei den geschäftlichen Transaktionen alles andere als top gewesen ist - ich bin jetzt einfach zu faul, den oben auf dem Frühstückstisch liegenden Bericht über die gerichtlichen Forderungen an den Zauberer Pooth herunterzuholen und einzuscannen -, dass die also nicht top gewesen sind, beeinträchtigt den Fahrgenuss relativ wenig. Und auch nicht das Gefühl, etwas Besonderes darzustellen und den Erfolgreichen im Lande zugerechnet zu werden. Auf welches die hier Gemeinten von Kleinauf getrimmt worden sind und getrimmt werden.

Solange, bis die Spekulations- oder sonstige Blase platzt - und einem etwa auch der Weg hin ZUM WINKEL Liechtenstein versperrt ist. Das sorglose Hantieren mit immer neuen Finanzierungsinstrumenten, "denen immer weniger konkrete Deckung" entspricht, ist übrigens nur eine Facette: in dem gierigen Auge, welches uns aus Kapitalistenvisagen anblickt. Oder, anders gesagt, ein Tupfer von der Farbpalette, mit der die zugehörigen Gestalten die Umwelt in ihrem Sinne einzufärben pflegen, dabei nicht nur die eigene, sondern deren Moral gleich mituntergrabend.

Liebe Leute: Es ist doch alles der totale Schmarrn, der einem so in den Gewinn- und Größenverheißungsversprechen aller Art serviert wird. Gewinn wollen doch immer nur die Kreaturen einstreichen, die ihre Umwelt eben damit zu beglücken verheißen. Das fängt in der Werbung an - und hört beim PMW (Private Wealth Management) noch lange nicht auf.

Immer wieder fallt Ihr auf etwas herein, was gerade so angesagt erscheint - sei es nun das Herrenmenschentum der Nazis, die Losung Biosprit statt Lebensmittel - oder auch nur die Geschichte mit der Asbestverkleidung der Häuser. Welche heute ganz, ganz vielen ganz, ganz großes Kopfzerbrechen bereitet. Soeben noch im örtlichen Stehcafé über einen solchen Fall gesprochen - wobei der Betroffene noch glimpflich davongekommen ist, weil er - auf dem Terrain der ehemaligen DDR - die Platten noch vor dem Zeitpunkt entsorgen konnte, ab dem er dafür 6000 DM hätte berappen müssen.

Immer wieder wird geradezu zwanghaft irgendetwas hochgejubelt, was sich dem ersten Anschein nach als begehrens- und verfolgenswert darstellt und von dem man sich allerlei Vorteile verspricht, so, dass man dem allgemeinen Trend zu folgen geneigt ist - das sich aber im Endeffekt als Flop - etwa als "Quatschpapier" (vgl. den oben rechts erscheinenden Artikelausschnitt aus der FAS, verfasst von meinem dortigen Lieblingsjournalisten, Nils Minkmar) entpuppt. Es dürften die Wenigsten sein, bei denen, immer wieder angeschmiert durch irgendwelche Systemprofiteure, sich irgendwann einmal ein etwas kritischerer Sinn einstellt, eine Sicht, bei der man sich auch eingesteht, dass man da soeben wieder etwas zu Obsession hat werden lassen. Etwas, das sich geradezu zu einer Manie auswachsen konnte - der der Lemminge nicht unähnlich.

Liebe Leute: Das Einzige, was uns aus den verschiedenen Circuli vitiosi retten kann, ist die Besinnung auf Ruhewerte. Wie sie etwa auf kulturellem Terrain erlebbar werden; wie sie aber auch in der Wahrnehmung einer schönen Landschaft liegen - oder der Meditationspraxis, durch welche jedenfalls ich einen wunderbaren Zugang zu all dem Schönen habe finden können, das uns umgibt
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"Ich will nicht verhehlen, dass ich dabei eine Unterstützung erfahre, die einfach atemberaubend ist. Da verfalle ich beispielsweise auf die Idee, Gesangunterricht zu nehmen - der mir jetzt in meinen 4 Chören sehr zugutekommt -, dabei auf ausgerechnet die Lehrer stoßend, die einen in der Sache am weitesten bringen können (Atemschule nach Schlaffhorst/Andersen); da werde ich beispielsweise in einen hineingelotst, der, auf ganz eigenartigen Wegen, an eine wunderbare Dirigentin gerät: eine Ukrainerin, als Sopranistin stimmlich außerordentlich begabt und dazu auch noch hervorragend geschult; mit einem Feuer zu Werke gehend, welches die Runde der in der Regel um die 25 Sängerinnen und Sänger immer wieder ansteckt; dabei vom ersten Anschlag an fehlerfrei in die Tastatur des Keyboards greifend - selbst bei völliger Unkenntnis der Melodie -; und dann auch noch, da außerordentlich attraktiv und durch den Schauspielunterricht, den sie neben ihrer Dirigententätigkeit noch gibt, darauf getrimmt, Menschen in ihren Bann zu ziehen.

Kurz gesagt: Mit ihr zusammen geht richtig die Post ab. Wobei, wie auch gestern Abend wieder, im Saal beim Gildekrug, deutlich werdend, die Beziehung ein sehr schönes Hin und Her ergibt. Will sagen: der Weg der Herzlichkeit von ihr hin zu den von ihr Angeleiteten und zurück ähnelt in gewisser Weise den Alleen, die ich noch gerade erst, im Post 73, besungen habe, und zwar insbesondere im Hinblick auf das einladende Moment, welches in Beidem liegt. Ein solches Miteinander ist es doch, das den vorteilssüchtigen Herrschaften nicht nur in unserem Ländle ein Dorn im Auge ist: weil es geeignet ist, den Erfolg ihrer Machenschaften in Frage zu stellen, der sich letztlich nur auf einer allgemeinen Frustration gründen und nur durch permanente Ablenkung vom Eigentlichen der Existenz weiter ausbauen lässt."
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Eines der Hauptkriterien oder konstitutiven Elemente für die durchgehend zu verzeichnende Misere dürfte neben der immer wieder zum Tragen kommenden Gier und dem Größenverlangen das hinterlistige Untergraben jedweder kreativen Auseinandersetzung und Begegnung mit der Umwelt sein. Das etwa schon dabei ansetzt, dass man den Musikunterricht in den Schulen einfach ausfallen lässt - weil keine Lehrer bereitstehen dürfen -, und das auch das Aufkommen einer moralischen Einstellung gegenüber seiner sozialen wie auch natürlichen Umwelt einfach verhindern muss, weil alles durch die Profiteure und Apologeten des Systems total unterhöhlt wird. Unter denen und von denen wird ein Ego kultiviert, das in seiner gemeinschaftsfeindlichen Ausrichtung völlig an der eigentlichen Bestimmung der auf diesem Erdenrund sich zur Spezies 'homo sapiens' zählenden Gattung vorbeigeht.

Schlusswort: In der Presse fand sich für die KfW, die sich gerade noch dadurch besonders um die finanzielle Ausstattung der Lehmann-Leute verdient gemacht hat - es muss hier dahingestellt bleiben, wieviel von den Abermillionen bei der entsprechenden Aktion in die eigenen Taschen abgezweigt werden konnte -, dort also fand sich für das abschließende 'W' die Deutung "Wertevernichtung". Welche ziemlich genau das trifft, was hier - in einem weit umfassenderen als dem gängigerweise gehandelten Sinne - als Wert verstanden wird. Ruhe und Entschleunigung: das sind die Mittel der Wahl für den kranken Organismus der Gesellschaft - weil sie helfen, den psychischen Haushalt der vielen Individuen wieder in Ordnung zu bringen. Somit vor allem bewirkend, dass die Neigung abnimmt, aufgrund eines defekten Reaktionsmechanismus allem nur denkbarem Quatsch gleich die emotionale Zustimmung zu geben und Rattenfängern auf den Leim zu gehen. Oder so.

PS: Nach diesem Schlusswort entdecke ich in meinen Materialbeständen noch zwei Unterlagen, die so recht zu dem vorstehend Ausgeführten passen wollen: a) einen Bericht über die Milchpanscherei in China, und b) eine Darstellung des Ansatzes einer Gruppe von Jesuiten, mit dem sie der Unmenschlichkeit in unserer Gesellschaft begegnen wollen.

ad a) soll hier erstens die der kapitalistischen Welteroberung eigene Vorstellung angesprochen werden, derzufolge man alles riskieren darf, um nur ja den Profit zu erhöhen - mehr möge man dem vorstehenden Textausschnitt entnehmen. Zweitens sei hingewiesen auf die Mechanismen, die in Gang gesetzt werden - ob nun in China oder bei uns -, die verhindern sollen, dass gemeinschaftsschädliche Aktivitäten entlarvt werden.

ad b) sei hier eine Gruppe in unserer Gesellschaft vorgestellt, die dagegen mobil macht, dass die Menschen sich auf ein bestimmtes Verständnis der Umwelt festlegen lassen - dabei in Kauf nehmend, dass grundlegende Wertvorstellungen in ihr einfach aufgegeben werden. Dabei handelt es sich um die vor 14 Jahren gegründete Kommunität "Naunynstraße 60", in welcher 4 Jesuiten mit 400 Menschen aus 61 Nationen zusammenleben, ein anderes Modell des Zusammenlebens einfordernd und dies festmachend etwa an dem Protest gegen die Abschiebehaft. Mehr zu finden unter www.con-spiration.de/exerzitien
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Am liebsten wäre es all unseren Systemnutznießern und dessen resp. deren Apologeten wohl, die große Mehrheit der Bevölkerung auch bei uns hauste in solchen Hütten: dann nämlich würde sich ihr Wohlstand noch mehr von der Umgebung abheben, und sie würden ein noch mehr gesteigertes Lebensgefühl genießen können. Das Vertrackte daran nur: dass der sich nicht bilden kann, wenn die Umgebung nicht wenigstens mit einem Mindestmaß an Finanzkraft ausgestattet wird. Wieso wird denn, dies sei hier nun wirklich abschließend gefragt, die Herausbildung von regionalen Märkten auf dem afrikanischen Kontinent so massiv behindert - von eben denjenigen, die den Markt in ihren Ländern in höchsten Tönen preisen? Warum bringt man dort, und dieses dann auch noch subventioniert, die miesesten Produkte unter, anstatt den Einheimischen eine Chance zu geben, etwas für sich selbst aufzubauen? Und noch ein abschließendes Datum - soeben von meiner Frau an mich weitergegeben: Die Kinderarmutsrate von Schwerin, wo wir gerade noch gewesen sind, liegt bei 40 %!





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