Samstag, 23. November 2013

2293 Der Ausschwitz-Prozess von 1963/64 - von einem ZEIT-Reporter im Frankfurter Römer verfolgt und dokumentarisch mit einigen der dort verhandelten, unvorstellbaren Grausamkeiten aufgezeichnet.

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Die am Donnerstag dieser Woche mit der letzten Ausgabe des Probeabos bezogene Wochenzeitung DIE ZEIT bringt auf der Seite GESCHICHTE einen längeren Bericht über den im Titel dieses Posts angesprochenen Prozess. Dessen Titel lautet wie folgt: "Gerichtstag halten über uns selbst. Im Ausschwitz-Prozess, der vor 50 Jahren im Frankfurter Römer begann, stellte sich die Republik den unfassbaren Verbrechen der NS-Diktatur. Der Weg dorthin fiel schwer". Geschrieben von dem Journalisten Norbert Frei, soll er hier, da weniger aufschlussreich als die farblich von ihm abgesetzten und in einen Kasten gestellten Notizen, die sich der Reporter Dietrich Strothmann bei dem Prozess hat machen können, weiter keine Rolle spielen.

Die am Anfang dieses Eintrags erscheinenden Grimassen wird man, ohne dabei den photographisch unter die Überschrift "Schwarze Wand und Hasenjagd" gebannten NS-Verbrechern Wilhelm Boger und Viktor Capesius zu nahe treten zu können, als die ansehen dürfen, die sie, genauso wie die Folterknechte Kaduk, Bedenarek, Hoffman oder wie sie alle hießen, aufsetzten, wenn sie ihrem Triumph über ihre wehrlosen Opfer freien Lauf lassen konnten. Es im Leben zu nichts bringen, aber sich trotzdem aufspielen wie der große Zampano: So hat es der größte Führer aller Zeiten (GRÖFAZ) dem Erfinder der Boger-Schaukel vorgelebt. Und nicht nur ihm. 

Es gab aber auch die anderen, die nicht ganz so wie die Versager im bürgerlichen Leben erpicht darauf sein mussten, die Verletzungen, die sie im Beruf und anderswo erlitten hatten, durch die Herabsetzung anderer zu kompensieren. Zu denen heißt es in dem Verhandlungs-Report: "Sie alle, die Adjutanten, die Schinder unter den Gestapo-Männern, die Ärzte, die Sanitäter - die zwanzig Jahre nach Ausschwitz im Römer als Angeklagte vor Gericht stehen, lebten bis vor kurzem als normale Bürger mitten unter uns. Sie waren Apotheker, hatten eine gut gehende Arztpraxis oder arbeiteten fleißig als Angestellte, Landwirte, Kaufleute, Krankenpfleger oder Lehrer. Sie waren treusorgende Familienväter."

Da kaum einer von den Heutigen noch einen Bezug zu dem hat und haben möchte, was in den Lagern Ausschwitz, Buchenwald, Theresienstadt und wie sie alle heißen, den von den Nazis als Untermenschen eingestuften Juden, Regimegegnern und anderen Hitler verhassten Zeitgenossen an Leid zugefügt worden ist, ist es wohl nicht nur in den Augen des Schreibers dieser Zeilen als höchst verdienstvoll anzusehen, dass die Chefredaktion der ZEIT sich entschieden hat, das publik zu machen, was der Reporter Dietrich Strothmann vor langen, langen Jahren in seinem Bericht vom 31. Januar 1964 notiert hat. Möge sich jeder, der in der Schule oder an anderer Stelle im Ausbildungswesen steht, klarmachen, dass er auch eine Verantwortung dahingehend hat, dafür zu sorgen, dass dieser Bericht nicht nur einfach so im Raum stehen bleibt. 

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