Anfang dieser Woche mit einem jungen Mann in der neueröffneten Filiale des Gehrdener Backhauses zusammensitzend, zum ersten Mal etwas mehr über das Transatlantische Freihandelsabkommen erfahren. Gegenstand des Gesprächs war vor allem ein in der Zeitschrift Le Monde Diplomatique erschienener Artikel, der, nach Darstellung des Gesprächspartners verfasst von dem obersten Verbraucherschützer der USA, auf die Gefahren aufmerksam mache, die sämtlichen europäischen Staaten insbesondere wegen der in das Vertragswerk eingebauten Klagerechte wegen "investitionsfeindlicher" Standards, Regelungen und Maßnahmen drohen. Am heimischen Computer dann allerdings festgestellt, dass es nicht der besagte Verbraucherschützer gewesen ist, der sich zu diesem für Europa extrem schädlichen Projekt geäußert hat, sondern die in den USA beheimatete Rechtsanwältin Lori Wallach.
In der Einleitung des Artikels "Transatlantisches Freihandelsabkommen ....als Basis für globalen Wirtschaftsfeudalismus" wird verwiesen auf die NSA-Ausspähungsaktivitäten, zu denen jetzt ja schon mehrfach in diesem Blog Stellung bezogen worden ist. Auch oder vielmehr besonders dahingehend, dass es der US-Regierung bei der ganzen Angelegenheit in allererster Linie um wirtschaftliche Interessen geht, und dass das Gerede vom Terrorismus und dem Kampf, den man gegen ihn führen müsse und ja auch schon ganz oft erfolgreich geführt habe, eigentlich nur ein Deckmäntelchen ist, unter dem sich eben diese nackten Wirtschaftsinteressen verbergen lassen.
Der Kampf gegen den Terror ist auch Gegenstand eines längeren HAZ-Berichtes, der in dem Riesenstapel von gesammelten Zeitungsartikeln nur darauf wartet, in dieser Fakten- und Kommentarsammlung untergebracht und erörtert zu werden. In ihm geht es zuvörderst um die Rolle des amerikanischen Präsidenten, dem vor nicht allzulanger Zeit der Friedensnobelpreis verliehen worden ist, der aber bei allem was er veranlasst - insbesondere den Einsatz von Drohnen betreffend - auch nicht die geringste Spur von Friedenswilligkeit erkennbar werden lässt.
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Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA)
5 Beiträge / 0 neu
18. November 2013 - 0:43
#1
Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA)
Transatlantisches Freihandelsabkommen
....als Basis für globalen Wirtschaftsfeudalismus
Das Transatlantische Freihandelsabkommen, Trans-Atlantic Free Trade Agreement (TAFTA) oder Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) ist in der letzten Zeit öfters im Zusammenhang mit Möglichkeiten der Verwendung als Faustpfand gegen die NSA-Ausspionage aufgetaucht. Natürlich ist von den verantwortlichen Politikern der Einsatz dieses Faustpfandes niemals ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Und es ist auch typisch für unsere ach so investigativen Medien, daß die gravierende globale Bedeutung und Auswirkung dieses Abkommens, sofern es wie vorgelegt verabschiedet wird, mit keinem Wort erwähnt wurde.
Heute ist Peter A. Weber und mir ein Artikel zu Augen gekommen, der genau dieses gewichtige Thema aufgegriffen hat: Der Beitrag trägt den Titel „TAFTA - die große Unterwerfung“ – erschienen in der Le Monde Diplomatique und stammt von Lori Wallach, einer amerikanischen Rechtsanwältin mit dem Spezialgebiet Handelsrecht. Sie hat die Thematik in der ihr gebührenden und herausragenden Bedeutung erkannt und behandelt sowie einen Warnschuß abgeben, der uns dazu veranlassen soll, gegen dieses schädliche Projekt vorzugehen und unsere verantwortlichen Politiker dazu zu zwingen, die Interessen des Volkes in dieser Angelegenheit zu vertreten.
Das Team von Bewegung.taz.de schreibt zum Artikel von Lori Wallach: (siehe Foto)
„Die Verhandlungen für das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen TAFTA oder TTIP finden im Geheimen statt. Aus gutem Grund, denn es handelt sich um eine Art Staatsstreich der Konzerne, schreibt Lori Wallach in der neuen Ausgabe der Le Monde Diplomatique. Das TTIP ist eine Bedrohung völlig neuer Dimension, da es den Konzernen weitreichende Privilegien, Klagerechte und Entschädigungszahlungen gegen "investitionsfeindliche" Gesetze und Regulierungen der Teilnehmerstaaten ermöglicht. Dies betrifft die Sicherheit und Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Grenzwerte chemischer und toxischer Belastung, das Gesundheitswesen und die Arzneimittelpreise, das Recht auf Privatsphäre im Internet, Energieversorgung und kulturelle "Dienstleistungen", Patente und Urheberrechte, die Nutzung von Land und Rohstoffen, die Rechte und die Arbeitsmöglichkeiten von Immigranten, die öffentliche Auftragsvergabe und vieles andere mehr...“
Dieser „Staatsstreich“ in Zeitlupe wurde sorgfältig geplant – die entsprechenden Verhandlungen sind im Juli 2013 hinter verschlossenen Türen aufgenommen worden. Man beabsichtigt, dieses Abkommen der sog. transatlantischen Freiheitszone möglichst unangefochten bis 2016 durchzupeitschen. Überhaupt bezieht sich der Begriff „Freiheit“ in diesem Zusammenhang ausschließlich auf Freiheiten der Wirtschaft, die gegen die bürgerlichen ausgespielt werden dürfen: Der offensichtliche Vorsatz, der sich dahinter verbirgt, ist die Ausstellung eines Persilschein oder Freiheitsbriefs für globalen Wirtschaftsfeudalismus, der nicht mehr politisch oder durch Bürgervoten zu steuern ist. Man könnte den Vergleich einer „Wirtschafts-NATO“ anwenden. Die für Konzerne, Unternehmen und natürlich die Kapitaleigner daraus resultierenden riesigen profitablen Vorteile wären immens, dauerhaft bindend und praktisch nicht umzukehren, weil für jede der einzelnen vereinbarten Passagen eine Änderung nur einstimmig von sämtlichen Unterzeichnerstaaten durchgeführt werden kann.
Hier veröffentlichen wir - quasi als Appetithappen - nur den ersten Teil des Beitrags von Lori Wallach mit der Bitte an unsere Leser, den restlichen Text auf der Webseite Le Monde Diplomatique weiter zu lesen.
TAFTA - die große Unterwerfung
von Lori Wallach
Aufgeregte Politiker von Berlin bis Brüssel sehen durch den NSA-Skandal das Transatlantische Freihandelsabkommen in Gefahr. Über das, was in dem angestrebten Vertrag stehen soll, reden sie nicht so gern. Ein Blick auf die ersten Blaupausen lässt ahnen, was Europas Bürger nicht zu früh erfahren sollen.
Bereits vor fünfzehn Jahren versuchten Großunternehmen bei den Verhandlungen über das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) ihre Macht heimlich still und leise in unvorstellbarem Maße auszuweiten. Damals scheiterte das Projekt am hartnäckigen Widerstand der Öffentlichkeit und der Parlamente. Damit wurde unter anderem verhindert, dass sich einzelne Konzerne denselben Rechtsstatus wie Nationalstaaten verschaffen konnten. Das hätte etwa bedeutet, dass Unternehmen eine Regierung verklagen können, "entgangene Gewinne" aus Steuergeldern auszugleichen.
Jetzt aber kommen diese Pläne erneut auf den Tisch, und zwar in deutlich verschärfter Fassung. Der offizielle Name des neuen Projekts lautet "Transatlantic Trade and Investment Partnership", abgekürzt TTIP. Dieses transatlantische Handels- und Investitionsabkommen soll, ähnlich wie früher das MAI, die Privilegien von Konzernen und Investoren absichern und sogar noch ausweiten. So wollen die EU und die USA ihre jeweiligen Standards in "nicht handelspolitischen" Bereichen vereinheitlichen. Diese angestrebte "Harmonisierung" orientiert sich erwartungsgemäß an den Interessen der Konzerne und Investoren. Werden deren Standards nicht erfüllt, können zeitlich unbegrenzte Handelssanktionen verhängt werden. Oder es werden gigantische Entschädigungen für die Unternehmen fällig.
Die Verhandlungen über diese Art Staatsstreich in Zeitlupe haben im Juli dieses Jahres in Washington begonnen - mit der erklärten Absicht, in zwei Jahren ein Abkommen zu unterzeichnen, das eine transatlantische Freihandelszone (Transatlantic Free Trade Area, Tafta) begründen wird. Das gesamte TTIP-Tafta-Projekt gleicht dem Monster aus einem Horrorfilm, das durch nichts totzukriegen ist. Denn die Vorteile, die eine solche "Wirtschafts-Nato" den Unternehmen bieten würde, wären bindend, dauerhaft und praktisch irreversibel, weil jede einzelne Bestimmung nur mit Zustimmung sämtlicher Unterzeichnerstaaten geändert werden kann.
► Wirtschafts-Nato mit grenzenlosen Befugnissen
Weil die global operierenden US-Konzerne eine ähnliches Partnerschaftsabkommen für den pazifischen Raum (Trans-Pacific Partnership oder TPP) anstreben, würden wir auf ein System zusteuern, das die Herrschaft der mächtigsten Kapitalgruppen über den Großteil der Welt zementiert und juristisch absichert. Denn auch andere Staaten wären gezwungen, bei der TTIP oder der TPP anzudocken. Sie müssten sich also im Handel mit der USA und der EU nach deren Regeln richten.
In den USA reagieren die Wähler, die Präsident Obama sein Versprechen eines "glaubhaften Wandels" abgenommen haben, teils depressiv, teils wütend. Denn was er ihnen als Regelwerk für die Weltwirtschaft auf der Höhe des 21. Jahrhunderts verkaufen will, läuft darauf hinaus, dass die von den sozialen Bewegungen des 20. Jahrhunderts durchgesetzten Fortschritte großenteils wieder rückgängig gemacht werden.
Die Verhandlungen über das TTIP-Tafta-Projekt finden hinter verschlossenen Türen statt. Damit wird gewährleistet, dass jenseits des geschlossenen Zirkels der "Handelspolitiker" niemand beizeiten mitbekommt, was tatsächlich auf dem Spiel steht.(1) Andererseits haben 600 offizielle Berater der Großkonzerne privilegierten Zugang zu den Dokumenten und zu den Entscheidungsträgern. Textentwürfe werden nicht veröffentlicht, die Öffentlichkeit und die Presse werden außen vor gelassen, bis der endgültige Deal unter Dach und Fach ist.
Der im Juni zurückgetretene US-Handelsminister Ron Kirk hatte im Mai 2012 in einem Anfall von Aufrichtigkeit erklärt, warum eine solche Geheimhaltung erforderlich sei: In einem früheren Fall ist der Entwurf für ein umfassendes Handelsabkommen publiziert worden, und deshalb sei es am Ende gescheitert.(2 )Kirk bezog sich auf den ersten Anlauf zum Nordamerikanischen Freihandelsabkommen Nafta, dessen Text 2001 auf die Website der Regierung gestellt worden war. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren sagte dazu: Ein Papier, das die Öffentlichkeit scheuen müsse, dürfe gar nicht unterzeichnet werden.(3)
Für die Heimlichtuerei gibt es einen einfachen Grund. Ein solches Abkommen würde die nationalen Regierungen bis hinunter zu den Kommunalverwaltungen verpflichten, ihre aktuelle und künftige Innenpolitik dem umfangreichen Regelwerk anzupassen. In diesem Abkommen wären auf diplomatischer Ebene ausgehandelte Gesetzesvorgaben festgeschrieben, die nach dem Wunsch der Unternehmen auch viele nicht handelsbezogene Bereiche beträfen: etwa die Sicherheit und Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Grenzwerte chemischer und toxischer Belastung, das Gesundheitswesen und die Arzneimittelpreise, das Recht auf Privatsphäre im Internet, Energieversorgung und kulturelle "Dienstleistungen", Patente und Urheberrechte, die Nutzung von Land und Rohstoffen, die Rechte und die Arbeitsmöglichkeiten von Immigranten, die öffentliche Auftragsvergabe und vieles andere mehr.
Die Unterzeichnerstaaten müssten gewährleisten, dass "ihre Gesetze, Regelwerke und administrativen Verfahren" die im Abkommen vereinbarten Vorgaben einhalten. Im Zweifel würden sie dazu gezwungen: Bei etwaigen Verstößen gegen den Vertrag müsste sich der jeweilige Staat einem Streitschlichtungsverfahren unterwerfen, wonach das renitente Land mit Handelssanktionen belegt werden kann.
Dass das nicht übertrieben ist, zeigt ein Blick auf andere Handelsabkommen mit dem attraktiven Etikett "Freihandel": 2012 untersagte die WTO den USA eine Kennzeichnung für Konserven, die den Schutz von Delfinen garantiert oder die Herkunft von Fleischprodukten nachweist. Und die EU unterlag der WTO im Konflikt um genveränderte Lebensmittel. Und sie muss auf WTO-Beschluss zig Millionen Euro Strafe zahlen, weil sie Wachstumshormone für Schlachttiere verbietet.
Wenn das TTIP-Tafta-Projekt zustände käme, könnte jeder beliebige Investor, der in einem der beteiligten Länder engagiert ist, alle möglichen "nicht handelsbezogenen" Bestimmungen unter Beschuss nehmen - genau so, wie es in dem gescheiterten MAI-Abkommen von 1998 vorgesehen war.
Allein dies macht das TTIP-Projekt zu einer Bedrohung von völlig neuen Dimensionen. Und da jede nachträgliche Vertragsänderung der Zustimmung sämtlicher Signatarstaaten bedarf, wären die reaktionären Inhalte des Abkommens durch demokratische Kontrollmechanismen wie Wahlen, politische Kampagnen und öffentliche Protestaktionen nicht mehr angreifbar.
Politisch brisant ist auch die Rolle des Schiedsgerichts, das es einzelnen Konzern ermöglichen soll, einem Staat gewissermaßen auf Augenhöhe entgegenzutreten. Die dreiköpfigen Kammern wären unter Aufsicht der Weltbank und der UNO organisiert und könnten staatliche Entschädigungszahlungen anordnen, wenn sie befinden, dass die Politik oder bestimmte Maßnahmen einer Regierung die "erwarteten künftigen Profite" eines Unternehmens schmälern. Dieses Schlichtungsregime macht klar, dass die Rechte von Unternehmen höherwertig sein sollen als die Souveränität von Staaten. Es würde Unternehmen ermächtigen, die Regierungen der USA oder eines EU-Staats vor ein außergerichtliches Tribunal zu zerren. Und zwar mit dem schlichten Argument, dass die Gesundheits- oder Finanz- oder Umwelt- oder sonstige Politik dieser Regierung ihre Investorenrechte beeinträchtigt.
Dieses System einer extremen Begünstigung der Unternehmensinteressen, das im Fall des MAI-Abkommens noch gescheitert war, wurde seitdem bereits in mehreren "Freihandelsabkommen" der USA verankert. Dadurch flossen mehr als 400 Millionen Dollar an Steuergeldern an Unternehmen, die gegen Verbote giftiger Substanzen, Lizenzregeln, Gesetze über Wasserschutz oder Waldnutzung und andere "investitionsfeindliche" Regelungen geklagt hatten.(4) Vor diesen Tribunalen sind derzeit Klagen von Unternehmen mit einem Streitwert von 14 Milliarden Dollar anhängig, die sich etwa auf die Arzneimittelzulassung, auf die Haftung für Umweltschäden oder auf Klimaschutz- und Energiegesetze beziehen.
Das TTIP-Tafta-Projekt würde diesem Drohinstrument der Investoren gegenüber dem Staat eine ganz neue Reichweite verschaffen. Denn dann könnten Tausende von Unternehmen, die in den USA wie in der EU Geschäfte machen, alle möglichen staatlichen Gesetze zum Schutz der Gemeinschaftsinteressen aufs Korn nehmen. 3 300 EU-Unternehmen besitzen mehr als 24 000 Tochterunternehmen in den USA, von denen jedes sein Investoreninteresse gegenüber dem Staat einklagen könnte. Umgekehrt könnte auf die EU eine Welle von Investorklagen seitens der 50 800 Tochterfirmen zukommen, die 14 400 US-Unternehmen in den Ländern der Europäischen unterhalten. Insgesamt wären so 75 000 beidseitig registrierte Unternehmen in der Lage, ein politisches System zu untergraben, auf das sich die Bürger bislang verlassen haben.
Das System einer Streitschlichtung zwischen Investoren und Staat (Investor-statedisputesettlement, ISDS) wurde angeblich im Hinblick auf Entwicklungsländer ohne verlässliches Justizsystem ersonnen. Das heißt, Investoren sollten im Fall einer Enteignung ihrer Fabriken, Bergwerke oder Plantagen gegenüber dem einheimischen Staat eine Entschädigung durchsetzen können. Nun sind die USA und die EU keineswegs unterentwickelte Regionen. Und sie verfügen über Justizsysteme, die zu den stabilsten der Welt gehören; auch von mangelndem Schutz des Eigentums kann keine Rede sein. Wenn das ISDS-Regime in einem Abkommen zwischen den USA und der EU auftaucht, ist dies ein klares Indiz dafür, dass es nicht um besseren Schutz der Investoren, sondern um die Macht der Unternehmen geht. [.....}
► Quelle: Le Monde diplomatique Nr. 10255 / Aus dem Englischen von Niels Kadritzke
► Den vollständigen Artikel mit Zusatzinfos in Fußnoten bitte hier weiterlesen - es lohnt sich mit Sicherheit!
18. November 2013 - 0:47
#2
Mörderisches Abkommen
Mörderische Abkommen
Mit dem „Spiegel“-Artikel 9/2013 „Chlorhühnchen im Shitstorm“ konnte die Bevölkerung schon einmal den kleinen Luftzug wahrnehmen, der sich in der nächsten Zeit zu einem wahren Orkan entwickeln wird, nämlich das sogenannte „Transatlantisches Freihandelsabkommen" zwischen den USA und der EU, auch Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) genannt.
Ich sage deswegen „sogenanntes“ Freihandelsabkommen, weil es nur um den freien Handel für die großen Konzerne gehen wird. Gegenstand des Freihandelsabkommens mit den USA (Kanada und Asien) ist: Gewinnmaximierung. Völlig ausgeblendet werden die Interessen der Bauern, Verbraucher und an Gesundheitsfragen Interessierte sein. Auch die Bemühungen der Nichtregierungsorganisationen, mühsam finanziert von bürgerlichem Engagement, werden mit einem Schlag zunichte gemacht - Siehe Sendung Monitor vom 6. Juni 2013. In dieser Sendung gab es schon einmal einen Vorgeschmack auf das, was uns blüht, wenn jetzt nicht dagegen gehalten wird.
Mit dem bereits verabschiedeten Investitionsschutzabkommen wurde bereits Rechtssicherheit für das Handeln ausländischer Firmen durchgesetzt. Von nun an werden in geheim gehaltenen Schiedsverfahren die Interessen der Großkonzerne rücksichtslos durchgesetzt. Der schwedische Stromkonzern Vattenfall macht wegen der Energiewende bereits heute 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz geltend. Bereits beim Investitionsschutzabkommen geht es um das Aushebeln öffentlichen Rechts durch die Firmen wie Chevron, Philipp Morris, Vattenfall etc.
Um das TTIP durchzusetzen, bedarf es einer vollkommenen Entmachtung alles Regierungshandelns. Bisherige Schutz- und Umweltauflagen werden bereits heute durch Errichtung des parallelen Rechtssystems, dem Investitionsschutzabkommen, ad absurdum geführt. Wer dem TTIP zustimmt, gibt alle Verantwortung automatisch in die Hände von Großkonzernen wie Monsanto, McDonald, Pfizer etc. Und ich bin mir sicher, dass diese mit ihren ausgeklügelten Strategien alles daran setzen werden, auch noch die letzte Bastion des Widerstands niederzureißen.
Es ist zu befürchten, dass wir in die Hände eines von den US-Großkonzernen bestimmten Weltstaates geraten, der alle Macht auf sich vereint. Dann können wir uns jede Wahl sparen, weil unsere gewählten Abgeordneten überhaupt nichts mehr zu entscheiden haben.
Als Beispiel für das Aushebeln öffentlichen Rechts ist der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) zu nennen. Am 29.06.2013 hat die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten(!) in einer Nacht- und Nebelaktion das Königsrecht des Parlaments, das Haushaltsrecht, aufgegeben. Wir Bürger/innen mussten anschließend erfahren, dass Abgeordnete zugegeben haben, nicht gewusst zu haben, worüber sie abgestimmt haben. Tut sich irgendwo in Europa ein Finanzloch auf, können binnen weniger Tage Milliarden von Euro dem nationalen Haushalt entzogen werden.
Hier hat – mit Zustimmung des Parlaments! – eine Entmachtung der nationalen Finanzhoheit stattgefunden. Weil die Parlamentarier damit rechnen konnten, dass die Mehrheit der Bundesbürger sich mit diesen Vorgängen nicht beschäftigt, konnten sie gewiss sein, dass es für sie keine Konsequenzen beim Wahlergebnis geben würde. Kommt jetzt noch TTIP dazu, dann benötigen wir keinerlei Vertretungen mehr, weil Parlamentarier und Regierung absolut nichts mehr zu sagen haben. Sie können für uns nichts mehr entscheiden. Wir können komplett Bundestag, Länderparlamente etc. abschaffen. Auch die Gerichtsbarkeit auf nationaler Ebene wird nur noch wenig zu regeln haben, weil es bereits dieses parallele Rechtssystem durch das Investitionsschutzabkommen gibt.
Kanzlerin Merkel hat sich bereits positiv zum Freihandelsabkommen geäußert: Das Freihandelsabkommen sei „unser mit Abstand wichtigstes Zukunftsprojekt“. Sie denkt vordergründig an den Absatz von Autos und 100.000 neue Jobs aber nicht an Hormone, Gentechnik, Chlorhühnchen, Klonfleisch. Dass die Einfuhren der US-amerikanischen Nahrungsmittel sich nachteilig auf unsere Ernährungssouveränität auswirken, interessiert sie nicht. Was brauchen wir auch Bauern und Imker - sollen sie doch von der Bildfläche verschwinden.
"Es geht um viel bei diesem transatlantischen Freihandelsabkommen - um die mögliche Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen auf unseren Äckern, um die Aufweichung von Klimaschutzmaßnahmen und um die Gefahren giftiger Chemikalien", so der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger. Es geht aber um noch viel mehr - es geht auch um unser Rechtssystem.
"Das Völkchen spürt den Teufel nie, auch wenn er es beim Kragen hätte" spottete Mephisto im "Faust". Das weiß auch Frau Merkel.
Bildquelle Weltkarte: Proposed TAFTA, US and EU in dark blue and the other possible members in light blue (NAFTA and EFTA) Quelle: Wikipedia (engl.), Wikimedia Commons
Bitte schaut Euch diese beiden kurzen Videobeiträge an - LOHNENSWERT!
TTIP - Freihandeslabkommen USA - EU - ohne Vorbehalte
Geheimes Recht, Großkonzerne kippen politischen Willen
Marie-Luise Volk
18. November 2013 - 0:50
#3
TAFTA-TTIP: Wirtschaftsimperialismus aus einem Guß
TAFTA-TTIP: Wirtschaftsimperialismus aus einem Guß
Lori Wallach hat ihren wertvollen aufklärerischen Beitrag „TAFTA – die große Unterwerfung“ in fülnf Kapitel gegliedert. Den ersten Teil (Wirtschafts-Nato mit grenzenlosen Befugnissen) haben wir im Kritischen Netzwerk im vollen Wortlaut veröffentlicht. Aus den übrigen 4 Teilen werde ich wichtige Aussagen wörtlich zitieren, wobei ich in meinem Kommentar die Kapitelüberschriften verändert und erweitert habe. Ich finde die Thematik derartig relevant für uns alle, daß ich versuche, die Zusammenhänge zu raffen und neu zu strukturieren sowie sie mit meinen Ergänzungen auszustatten.
Wie wir bereits in der Einleitung zu Lori Wallachs Artikel bemerkt haben, wurde das Transatlantische Freihandelsabkommen in der letzten Zeit öfters im Zusammenhang mit Möglichkeiten der Verwendung als Faustpfand gegen die NSA-Ausspionage erwähnt. Wer die Natur unserer verantwortlichen Politiker kennt, dem muß klar sein, daß der Einsatz dieses Faustpfandes niemals ernsthaft in Erwägung gezogen werden wird. Unsere vorbildlichen investigativen Medien sind meines Wissens auch auf die gravierende globale Bedeutung und Auswirkung dieses Abkommens so gut wie nicht eingegangen. Falls dieses Abkommen wirklich ratifiziert würde, wären die für Konzerne, Unternehmen und natürlich die Kapitaleigner daraus resultierenden riesigen profitablen Vorteile immens, dauerhaft bindend und praktisch nicht umzukehren, weil für jede der einzelnen vereinbarten Passagen eine Änderung nur einstimmig von sämtlichen Unterzeichnerstaaten durchgeführt werden kann. Ich möchte noch als Vorbemerkung vorausschicken, daß die folgenden US-Lobbyorganisationen, die im nachfolgenden auftauchen, lt. Lobbypedia allesamt Befürworter der Einführung von TTIP sind:
- Business Coalition for Transatlantic Trade (BCTT)
- Digital Trade Coalition
- U.S. Chamber of Commerce
- U.S. Council for International Business (USCIB)
a. Wirtschafts-Nato mit grenzenlosen Befugnissen
Man muß wissen, daß nicht nur das für den transatlantischen Raum maßgebende TAFTA-TTIP-Projekt vorangetrieben wird. Parallel dazu sind die Global-Player dabei, vollendete Tatsachen zu schaffen und Nägel mit Köpfen zu machen, indem sie für den pazifischen Raum ein paralleles „Partnerschaftsprogramm“ , das „Trans-Pacific-Partnership“ oder TPP forcieren. Wenn diese beiden Zangen – die atlantische und die pazifische – in trockenen Tüchern sind, dann haben die Globalplayer die Katze im Sack. Die Herrschaft des Kapitals wäre global gefestigt und auch noch juristisch unanfechtbar. Der Rest der Wirtschaftswelt hätte dann keine andere Wahl mehr, als sich diesem Diktat anzuschließen.
Allein dies macht das TTIP-Projekt zu einer
Bedrohung von völlig neuen Dimensionen. Und da jede nachträgliche
Vertragsänderung der Zustimmung sämtlicher Signatarstaaten bedarf, wären
die reaktionären Inhalte des Abkommens durch demokratische
Kontrollmechanismen wie Wahlen, politische Kampagnen und öffentliche
Protestaktionen nicht mehr angreifbar.
Wir hätten es bei Inkrafttreten mit einer Außerkraftsetzung der noch vorhandenen demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen durch die Hintertür zu tun. Der Großteil aller seit 100 Jahren durchgesetzten sozialen Errungenschaften und Arbeitnehmerrechte in der westlichen Welt wären gefährdet bzw. würden weiter abgebaut. Mit der angeführten Hintertür meine ich die antidemokratische Vorgehensweise bei den entsprechenden Verhandlungen, die hinter verschlossenen Türen stattfinden. Es ist ein Skandal sondergleichen, daß die Berater der Großkonzerne Zugang besitzen, während die Öffentlichkeit und die Medien ausgeschlossen werden. Ich würde in diesem Kontext von lichtscheuem Gesindel sprechen, das hinter unserem Rücken die Regeln für unsere Entmündigung festlegen will.
Wenn man sich vor Augen führt, über welche weitreichenden Entscheidungen wir reden, wenn das TAFTA-TTIP zum Zuge kommt, dann erscheint das Phänomen der desinteressierten Öffentlichkeit in diesem Fall schon Besorgnis erregend. Die praktizierte Heimlichkeit hat auch einen guten Grund: Falls das Abkommen tatsächlich ratifiziert würde, dann hätte das zur Folge, daß die Regierungen und Kommunalverwaltungen der beteiligten Staaten gezwungen wären, ihre Innenpolitik daran anzupassen. Das heißt, daß nicht nur handelspolitische Ebenen betroffen wären sondern auch privatrechtliche Vorgänge und existenzielle Bürgerrechte sowie Dienstleistungen wie:
- Lebensmittelsicherheit und Kennzeichnung,
- Festlegung von Grenzwerten für chemische und toxische Umwelt- und Individualbelastungen,
- die Existenz und der Umfang des öffentlichen Gesundheitswesens einschließlich Arzneimittelversorgung und –Preise,
- Internetsicherheit und Privatsphäre,
- Energieversorgung und Art der Energiequellen, zentrale Versorgung durch Konzerne oder dezentrale Alternativen, Diktat der Energiepreise,
- Urheberrecht und Patente,
- Angebot an erschwinglicher und qualitativ hochwertiger kultureller Dienstleistungen,
- Eigentumsrechte und Nutzung von Land / Rohstoffen,
- Verstärkung des Trends zu Privatisierungsmaßnahmen (PPP),
- Festlegung der Höhe der Arbeitsentgelte,
- Arbeitsrecht und Arbeitsmöglichkeit von Einheimischen und Einwanderern,
- Praxis der Auftragsvergaben der Öffentlichen Hand usw.
Diese Liste, die man noch weiterführen könnte,
zeigt uns, wie ernst wir das angepeilte Vertragswerk nehmen sollten. Ist
das Kind einmal in den Brunnen gefallen, dann gibt es kein Zurück
mehr. Die Unterzeichnerstaaten müssen sich verpflichten, daß "ihre
Gesetze, Regelwerke und administrativen Verfahren" bis aufs Jota
eingehalten werden. Andernfalls drohen drastische Sanktionen wie
Handelssanktionen. Am Beispiel bereits vorhandener sog.
Freihandelsabkommen, die von der "Welthandelsorganisation"
WTO kontrolliert werden, lassen sich eine Vielzahl von restriktiven
Urteilen sowohl gegen die USA als auch die EU nachweisen, die dem
Verbraucherschutz und der Ökologie schadeten und außerdem noch mit
hohen Geldstrafen begleitet waren. Das läßt nichts Gutes erhoffen, falls
die noch rigideren Bestimmungen von TAFTA-TTIP zur Geltung gelangen.
Auch die Rolle und Bedeutung des mit diesem Projekt verbundenen Schiedsgerichtes darf nicht übersehen werden. Es besitzt den wohlklingenden Namen “Investor-State Dispute Settlement” (ISDS) und würde sich bei Inthronisation zu einer Riesengefahr mit hohem Erpressungspotenzial entwickeln. Die geplanten Schiedsgericht-Kammern sollen von der Weltbank und der UNO kontrolliert werden. Sie sollen ermächtigt werden, über staatliche Regreßzahlungen zu verfügen, falls bestimmte nationale Maßnahmen als den Zielen des Abkommens abträglich erklärt werden. Das heißt im Klartext, daß einzelne Unternehmen und Konzerne, Staaten zu Entschädigungen zwingen können, falls die „erwarteten künftigen Profite“ angeblich durch nationale Regelungen geschmälert werden.
Weiter bedeutet dies die Ungeheuerlichkeit, daß bisher souveräne Regierungen wie die der USA oder eines EU-Staats vor einem außergerichtlichen Tribunal an den Pranger gestellt werden können. All dies nur mit dem zweifelhaften Vorwand, daß nationale Regierungen mit ihrer Legislative und Exekutive der Profitgier von irgendwelchen dubiosen Investoren im Wege stehen. Diese Befürchtungen sind keinesfalls aus der Luft gegriffen, denn auch hier gibt es bereits Präzedenzfälle, in denen die Regierung der USA sog. „investitionsfeindlicher Regelungen“ angeklagt wurde und aus Steuergeldern mehr als 400 Millionen $ Strafe zahlen mußte. Derzeit sind weitere Verfahren anhängig, bei denen es um einen Streitwert von 14 Milliarden $ geht. Dies ist erst der Anfang einer Prozeßlawine gigantischen Ausmaßes, die bevorsteht, wenn der Vertrag gültig wird. Dann wird sich diese Klagelawine auch auf die EU ausweiten und die ohnehin nicht gerade aktive Politik zum völligen Stillstand bringen und Rückschritte erzwingen.
Wir haben es hier mit ganz neuen Dimensionen zu tun. Lori Wallach hat berichtet, daß es sich um ein Potenzial von 24.000 Tochtergesellschaften von Unternehmen aus der EU in den USA und um 50.800 US-Tochterfirmen in der EU handelt. Diesen 75.000 Firmen würde im Falle des Inkrafttretens des Vertrages die Verfügungsmacht verliehen, die vorhandenen politischen Systeme auszuspielen, zu unterminieren, zu blockieren und sie in den Ruin zu treiben.
b. Investoren- und Profitmaximierungsrecht vor nationalen Gesetzen und Gemeinwohl
Die mit dem vornehmen Namen „Schlichtungskammern“ ausgestatteten Gremien, die oben treffender als „Schlichtungsregime“ bezeichnet werden, bedeuten nichts anderes als die Einführung des Faustrechts auf einer ökonomisch-rechtlichen Ebene. FAFTA-TTIP öffnet Tür und Tor für die feudal-wirtschaftlichen Kräfte diesseits und jenseits des Atlantik, die nur auf die Gelegenheit lauern, demokratische Restgrundsätze völlig zu eliminieren. Demokratien sind ihnen nämlich ein Greuel – bisher sagen sie das nur hinter vorgehaltener Hand und wagen es noch nicht, dies öffentlich zu proklamieren.
Das Schlagwort, das die Zielrichtung der Profiteure am besten definiert, ist Stärkung der „Investorenrechte“. Diese sind schon bisher real nicht zu kurz gekommen – ganz im Gegenteil sind die „Bürgerrechte“, die ja gemäß dem Papier der traditionellen demokratischen Verfassungen ganz oben auf der Agenda stehen, immer mehr ins Hintertreffen gegenüber ökonomischen Aspekten gekommen. Hier einige Beispiele aus Lori Wallachs Beitrag zu bereits praktizierter Wirtschaftsdiktatur:
- „Die Anhebung der ägyptischen Mindestlöhne und ein peruanisches Gesetz zur Kontrolle toxischer Emissionen werden derzeit von Unternehmen der USA wie der EU unter Berufung auf ihre Investorenprivilegien bekämpft.
- Andere Firmen klagten unter Berufung auf das Nafta-Abkommen gegen Garantiepreise für die Einspeisung erneuerbarer Energie und gegen ein Fracking-Moratorium.
- Der Tabakgigant Philip Morris hat ein Schiedsverfahren gegen progressive Antirauchergesetze in Uruguay und Australien angestrengt, nachdem er es nicht geschafft hatte, diese Gesetze vor einheimischen Gerichten zu kippen.
- Ebenso hat der US-Pharmakonzern Eli Lilly unter Hinweis auf den Nafta-Vertrag dagegen geklagt, dass Kanada die Lizensierung von Arzneimitteln nach eigenen Kriterien wahrnimmt (um möglichst allen Leuten erschwingliche Medikamente zugänglich zu machen).
- Und der schwedische Energiekonzern Vattenfall will von Deutschland wegen der einschränkenden Bestimmungen für Kohlekraftwerke und der schrittweisen Stilllegung von Atomkraftwerken eine Entschädigung in Milliardenhöhe eintreiben.“
Das perfide Pendant zum entstehenden Anspruch der
Wirtschaft auf entgangene Gewinne wegen staatlicher Regelungen, die dem
TAFTA-TTIP entgegenlaufen, ist die „indirekte Enteignung“.
Sie wird aus dem Hut gezogen, wenn nationale Rechte und
Ausführungsbestimmungen den Wert von Unternehmens-Investitionen
verringern. Dies betrifft Fälle, die Neufassung von Regulierungen bzgl.
Landerwerbung, Ausbeutung von Rohstoffen und Energiequellen, Erwerb von
gewerblichen Anlagen oder anderen Investitionsprojekten betreffen. In
allen diesen Angelegenheiten könnten sich die betreffenden
Wirtschaftsunternehmen dann auf Garantien stützen, die ihnen der
TAFTA-TTIP-Knebelvertrag gewährleistet.
Die Anzahl der akuten Fälle und der Umfang des Erpressungspotenzials wird sich dann noch erheblich ausweiten. Schon in der jüngsten Vergangenheit gab es ohne TAFTA-TTIP verhängte Urteile in den USA über Entschädigungszahlungen an ausländische Konzerne, die im Einzelfall die 2-Milliarden $-Grenze überschritten. Selbst in den Verfahren, in denen die Angeklagten obsiegten, mußten sie in der Praxis Verfahrenskosten von durchschnittlich 8 Mio $ tragen, die zu Lasten der Steuerzahler gingen. Es gehört keine große Phantasie dazu, daß die aufgebauten Drohpotenziale seitens der Konzernlobby einen Beweis für eine erfolgreiche Einschüchterung der Nationalstaaten abliefert. So ist bereits Kanada in diesem Zusammenhang hinsichtlich eines Verbotes eines giftigen Zusatzstoffes für Benzin in die Knie gegangen und hat das Verbot fallenlassen. Was uns in Zukunft blühen wird, sollte sich diese Tendenz aufgrund erfolgreichen Abschlusses des TAFTA-TTIP-Teufelswerkes fortsetzen, ist wohl ziemlich offensichtlich.
Die ausdrückliche Mission dieses Versklavungsvertrages und ihrer Betreiber ist es, einen Wirtschaftsimperialismus in Reinform zu errichten. Ein untrügliches Zeichen dafür ist auch der drastische Anstieg der Zahl der den Schiedsgerichten vorgelegten Fälle in der letzten Zeit. UNCTAD führt an, daß diese Zahl heute um den Faktor 10 höher angesiedelt ist als im Jahre 2000! Alleine im Jahre 2012 wurden mehr Klangen anhängig als jemals vorher. Die Folge ist, daß eine völlig neue Schmarotzerbranche entstanden ist: Anwaltsfirmen, die sich darauf spezialisiert haben, im Auftrag der Wirtschaft die Nationalstaaten wegen angeblicher Verstöße gegen vorhandene Freihandelsabkommen zu verklagen. Das Resultat dieser schändlichen Bestrebungen ist die Plünderung der öffentlichen Kassen unter dem neoliberalen Motto der Deregulierung und des Schachmatt-Setzens des Staates. Dies und viele anderer Untaten sind unter dem Deckmantel des ersten und obersten Ziels von TAFTA-TTIP vereint:
- Erstes und oberstes erklärtes Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme:
Vorrang ökonomischer gegenüber staatlichen
und bürgerlichen Interessen, Profit vor Mensch, Einführung eines
einseitigen Investorenrechts, Deckelung der traditionellen Standards
In diesem Sinne argumentiert auch Lori Wallach, wenn sie von einer „Wirtschafts-Nato“ spricht, die das erklärte Ziel des "Tansatlantic Business Dialogue" (TABC) ist, der zweimal jährlich im Rahmen des "Trans-Atlantic Council" stattfindet.
„Gegründet wurde der
TABC 1995 auf Initiative des US-Handelsministeriums und der
EU-Kommission; an dem hochoffiziellen Dialog sind außerdem
Spitzenunternehmer und Manager aus den USA und Europa beteiligt. Das
Forum bietet also den Großkonzernen eine Basis für koordinierte Angriffe
auf politische Projekte beiderseits des Atlantiks, die dem Schutz der
Konsumenten, der Umwelt, des Weltklimas und anderer öffentlicher
Interessen dienen. Sein erklärtes Interesse ist es, "handelspolitische
Störfaktoren" (trade irritants) zu beseitigen, damit sie beiderseits des
Atlantiks nach denselben Regeln operieren können - und möglichst frei
von staatlicher Einmischung. Der euphemistische Schlüsselbegriff
"regulatorische Konvergenz" verdeckt dabei das wichtigste Ziel: Man will
die Regierungen im Namen der "Äquivalenz" und der "wechselseitigen
Anerkennung" vergattern, auch solche Produkte und Dienstleistungen
zuzulassen, die den jeweiligen einheimischen Standards nicht genügen.“
Ein geflügeltes Wort innerhalb der TAFTA-TTIP-Kreise ist die „Deckelung von Standards“. Damit ist gemeint, die demokratischen und dem Bürgerinteresse dienenden traditionellen Standards zu kappen und sie durch neue „transatlantische Standards“ – sprich Repressionen - zu ersetzen. Bei "US-Handelskammer" und "BusinessEurope" handelt es sich um zwei der weltweit größten Unternehmer- und Lobbyverbände. Von dort tönt es unisono: Die Vertreter der Konzerne sollten gemeinsam mit den (Marionetten-)Regierungen ein neues Regelwerk für die Zukunft entwickeln. Unter der Maßgabe des o. a. ersten und obersten Zieles können wir uns lebhaft vorstellen, in welche Richtung dieses vortreffliche Regelwerk ausgerichtet sein wird.
c. Datenschutz
Der Datenschutz ist ja gerade aufgrund der NSA-Affäre äußerst aktuell – und wir haben im Kritischen Netzwerk darüber ständig berichtet. Nun können wir uns natürlich lebhaft vorstellen, daß die Macher von TAFTA-TTIP am Datenschutz kein besonderes Interesse verspüren, sofern für sie keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Ansonsten fordert man die ungehemmte Freigabe aller privaten Daten zur ökonomischen Verwurstung. Daraus ergibt sich das zweite erklärte Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme wie von selbst.
- Zweites erklärtes Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme: Preisgabe privater Daten zur ökonomischen Nutzung
Bei der “Digital Trade Coalition“
handelt es sich um einen ziemlich dubiosen Klub von anonymen Internet-
und IT-Firmen. Sie haben es sich – oh Wunder – zur Aufgabe gemacht, die
Abschöpfung persönlicher Daten, vor allem in Richtung USA, zu
unterstützen. Da ist es nur allzu logisch, daß sie finden, daß die
derzeitig gegen die USA vorgebrachten Vorwürfe der Datenspionage und
Ausleuchtung der Privatsphäre völlig unangebracht und gegenstandslos
seien
.
Einen besonderen Faktor mit riesigem Einfluß stellt auch der „U.S. Council for International Business" (USCIB) dar. Hier haben wir es mit einem Zusammenschluß von einflußreichen Konzernen aller Art, Versicherungen und Anwaltsfirmen zu tun. Es wundert uns in diesem Kontext dann nicht, wenn aus dieser Richtung die Forderung zu hören ist, die Ausnahmen für den Datenschutz nicht zu eng zu fassen, damit dieser „nicht als verkapptes Handelshindernis benutzt werden kann“.
Einen besonderen Faktor mit riesigem Einfluß stellt auch der „U.S. Council for International Business" (USCIB) dar. Hier haben wir es mit einem Zusammenschluß von einflußreichen Konzernen aller Art, Versicherungen und Anwaltsfirmen zu tun. Es wundert uns in diesem Kontext dann nicht, wenn aus dieser Richtung die Forderung zu hören ist, die Ausnahmen für den Datenschutz nicht zu eng zu fassen, damit dieser „nicht als verkapptes Handelshindernis benutzt werden kann“.
d. Gentechnik und Kennzeichnung
Nachdem Monsanto & Co. in der letzten Zeit einige Rückschläge bezüglich ihrer Intentionen auf Freigabe von Gentechnik hinnehmen mußten, war es einige Zeit verdächtig still. Wir wissen jetzt auch weshalb: Diese Spießgesellen sitzen alle in den Gremien von TAFTA-TTIP und reiben sich bereits die Hände ob der lukrativen Aussichten nach dem Inkrafttreten. Der in Aussicht stehende Coup übertrifft alle Erwartungen und wird die Taschen der Anteilseigner für alle Zeiten prall füllen. Die entsprechenden Lobbyisten und Unternehmensrepräsentanten halten dann auch kein Blatt vor den Mund in ihrer Meinung zum Streit über die „Kennzeichnung genetisch veränderter Organismen“ (GMO). Selbst in den USA neigt sich bei den einzelnen Bundesstaaten die Tendenz hin zu einer Kennzeichnung von genmanipulierten Produkten. Bei den Verbrauchern ist die Mehrheit ganz eindeutig. Die diesbezüglichen Verhältnisse in der EU sind noch viel offener gegenüber GMO eingestellt. Keine Frage, daß TAFTA-TTIP die Kennzeichnung rigoros ablehnt. Aber zwischen Kennzeichnung und Zulassung von Gentechnik und Genprodukten besteht ein riesiger Unterschied, denn das erste ist die Folge des zweiten. Lori Wallach äußert sich wie folgt dazu:
„Am heftigsten beklagt sich der Verband der Biotechnik-Unternehmen (BIO), zu dem auch der Branchengigant Monsanto gehört, über »die signifikante und weiter wachsende Lücke"« zwischen »der Freigabe neuer Biotechnologie-Produkte in den Vereinigten Staaten und der Zulassung dieser Produkte in der EU«. Monsanto und die anderen BIO-Unternehmen hoffen, diesen »Rückstau bei der Zulassung/Verwendung von genveränderten Produkten« im Rahmen einer Transatlantischen Freihandelszone auflösen zu können.“
Die o. a. und die folgenden Ausführungen führen uns zu einem weiteren hehren Ziel der Weltreformer:
- Drittes erklärtes Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme: Unterminierung der Lebensmittelsicherheit und grenzenlose Freigabe von Gentechnik
Auch die Lebensmittelsicherheit befindet sich im
Fokus von TAFTA-TTIP. Lebensmittelsicherheit im Sinne der Konsumenten
herzustellen und für deren Gesundheit Verantwortung zu übernehmen, das
ist jedoch nicht das Anliegen. Das genaue Gegenteil ist der Fall,
nämlich die rücksichtslose und massenhafte Produktion von Lebensmitteln
alleine nach profitablen Kriterien. An der Herstellung von gesunden und
ökologisch unbedenklichen Nahrungsmitteln (lebendige Nahrung) besteht in diesen Kreisen keinerlei Bedarf. Lori Wallach formuliert die einschlägigen Forderungen folgendermaßen:
„Hier will die US-Fleischindustrie die Verhandlungen nutzen, um das EU-Verbot für mit Chlor und anderen Desinfektionsmitteln behandeltes Hähnchenfleisch zu kippen. Während die strengeren EU-Standards die Gefahr einer Kontaminierung der Produkte während des Schlacht- und Verarbeitungsprozesses reduzieren, begegnen die US-Regeln dem Kontaminierungsrisiko durch ein Desinfektionsbad, das Koli- und andere Bakterien auf den Hähnchenteilen abtöten soll. Also fordert der Mutterkonzern der Restaurantkette Kentucky Fried-Chicken, das Abkommen müsse die EU-Standards für Lebensmittelsicherheit so verändern, dass die Europäer ihre Chlorhähnchen kaufen können.
Noch ein Beispiel:
Das amerikanische Fleischinstitut (AMI) empört sich, die Europäische
Union bestehe auf ihrem »ungerechtfertigten« Verbot von Fleisch, das
unter Einsatz von Wachstumshormonen erzeugt wurde. Diese Mittel, wie
etwa Ractopamin, sind wegen der Gesundheitsrisiken für Mensch und Tier
in 160 Staaten - darunter allen EU-Ländern, aber auch Russland und China
- verboten oder eingeschränkt. Auch der Verband der US-amerikanischen
Schweinefleischproduzenten (NPPC) hat seine Wünsche: »Die
US-Schweinefleischproduzenten werden ein Ergebnis nur akzeptieren, wenn
es das EU-Verbot für den Einsatz von Ractopoamin im Produktionsprozess
beseitigt.«“
Auf der anderen Seite des Atlantiks bekämpft "BusinessEurope", der größte Unternehmerverband der EU als Ritter gegen den bösen Drachen des US-Gesetzes der „Modernisierung der Lebensmittelsicherheit“. Die Parole der europäischen Drachenjäger lautet: Nieder mit diesem „zentralen nicht handelsbezogenen Hindernis für EU-Exporte in die USA“. Anscheinend ist ja nicht alles schlecht, was in den USA erfunden wurde, denn das o. a. Gesetz von 2011 ermächtigt die „Food and Drug Administration“, schädliche und mit Schadstoffen kontaminierte Lebensmittel vom Markt zu nehmen. Auch in diesem Falle dient TAFTA-TTIP als geeignetes Mittel zum Zweck, derartige verderblichen staatlichen Einflüsse zukünftig auszuschalten.
e. Klimapolitik
In der Konzeption von TAFTA-TTIP würde ein grober Unterlassungsfehler existieren, wenn dort nicht auch das Ziel der Vernichtung jeglicher ökologischer Klimapolitik verankert wäre:
- Viertes erklärtes Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme: Liquidierung der ökologischen Klimapolitik
Man sollte vollstes Verständnis aufbringen für die
berechtigten Forderungen der Konzerne und Profitgeier, wenn sie die
ökologische Klimapolitik verdammen. Was ist denn schon ein bißchen
Naturzerstörung (die erholt sich doch von selbst!) und
Gesundheitsgefährdung gegen das höchste Wert- und Kulturgut der
neoliberalen Religion, den Mammon? Zum besseren Verständnis der auf dem
Papier ausgeheckten Teufeleien ist ein anschauliches Beispiel immer gut.
Ich zitiere wiederum Lori Wallach:
„Airlines for America, der größte Verband der US-Flugbranche, publiziert eine Liste »unnötiger Vorschriften, die unsere Branche erheblich behindern«- und die man über die transatlantischen Verhandlungen abschaffen will. An der Spitze dieser Liste steht das wichtigste Instrument der Europäer in Sachen Klimawandel, das EU-Emissionshandelssystem. Mittels des Emissionshandels sollen Fluggesellschaften gezwungen werden, für die von ihnen verursachten CO(2)-Emissionen zu zahlen. Airlines for America sieht in diesem System ein »Fortschrittshindernis« und will erreichen, dass die Einbeziehung der Fluggesellschaften von Nicht-EU-Ländern in dieses System, die von der EU derzeit ausgesetzt ist, endgültig vom Tisch kommt.“
f. Finanzsektor
Schreiten wir weiter zur nächsten geplanten Missetat der vereinigten TAFTA-TTIP-Mafia:
- Fünftes erklärtes Ziel der wirtschaftlichen Machtübernahme: Rücknahme von Kontrollen und einschränkenden Regeln für den Finanzsektor
Der Finanzsektor hat Europa, die EU, die
US-Volkswirtschaft sowie viele globale Bereiche an den Rand des Ruins
gebracht. Die Krisen sind noch lange nicht gebannt, denn es wird
systematisch Insolvenzverschleppung begangen. Nachdem der endgültige
Beweis erbracht wurde, daß der Kapitalismus und erst recht seine
Ausgeburt, die unregulierte Finanzdienstleistungsbranche, der Faustpfand
dafür ist, die Volkswirtschaften der Welt zugrunde zu richten, sind
zumindest hier und dort vernünftige Vorschläge für eine international
oder nationale Strategie der Regulierung vorgebracht worden. Aber
mittlerweile hat man den Eindruck, daß alle diese Absichten wieder
vergessen sind. TAFTA-TTIP stellt das ideale Torpedo dar, um die
Vernunft zu beschießen:
„Angesichts der globalen Finanzmarktkrise haben sich die Delegationen der USA und der EU auf einen Rahmen für das Kapitel Finanzdienstleistungen geeinigt, der nach wie vor auf Liberalisierung und Deregulierung setzt. Das ausgehandelte Konzept würde nicht nur das Verbot von riskanten Finanzprodukten und -dienstleistungen ausschließen. Es würde sogar die Möglichkeit schaffen, einschränkende Gesetze einzelner Staaten anzufechten, die bestimmte riskante Produkte und Leistungen der Finanzinstitute oder windige rechtliche Konstruktionen untersagen.“
Wohin der Hase laufen soll, nämlich zu einer Zementierung des bestehenden Persilscheins der Finanzjongleure, die Welt weiter ungestört zugrunde zu richten, das zeigen die Auswirkungen. Lori Wallach führt weiter aus:
„Diese Rahmenvereinbarungen würden viele Rezepte ausschließen, mit denen die Politik die Probleme im Finanzsektor in den Griff bekommen könnte. Zu diesen Rezepten gehören Kontrollen und Beschränkungen für Institute, die als »too big to fail« gelten - also als zu groß, um pleitegehen zu können; oder die Konstruktion einer risikomindernden Firewall innerhalb der Großbanken, die das Privatkundengeschäft vor den Risiken des Investmentbanking abschotten soll; oder obligatorische Clearingstellen für den Derivatehandel. Die Vereinbarungen würden also darauf hinauslaufen, dass bestimmte Arten von gesetzlichen Regelungen absolut verboten sind; das heißt, die beteiligten Staaten dürften dann solche Regelungen weder neu einführen noch beibehalten.“
Wer sind denn nun die Dunkelmänner, die sich hinter diesen verwerflichen Plänen verbergen? Da hätten wir zunächst einmal den "Bundesverband deutscher Banken" (BdB), der sich in verräterischer Weise zu Wort meldet. Man meldet Bedenken an wegen der regulatorischen Ideen der US-Finanzaufsichtsbehörde und macht sich stark für eine Abstimmung der im Gang befindlichen US-Finanzmarktreform mit den Praktiken in der EU und Deutschland. Da heißt, daß darauf gedrungen wird, daß die heimatlichen (weniger regulativen) Regeln der am US-Markt tätigen europäischen und deutschen Banken auch dort anerkannt werden müssen.
Nun muß man zum Verständnis der Gesamtzusammenhänge wissen, daß im BdB die Deutsche Bank der Primus inter Pares ist. Die Deutsche Bank ist Weltmeister im Nehmen und hat alleine während der Finanzkrise von der US-Notenbank 8 Milliarden $ abgemolken. Aus allzu verständlichen Gründen kann sich die Deutsche Bank auch nicht mit der Stoßrichtung der US-Finanzmarktreform von 2012 anfreunden. Das Kernstück dieser Regulierung ist die sog. „Volcker Rule“, die nach dem amerikanischen Banker und Ökonomen Paul Volcker benannt ist. Die Details dieser Regeln können unter dem o. a. Link abgerufen werden. So viel sei jedoch verraten: Sie enthalten Restriktionen für hochriskante Finanzprodukte, die den Banken nicht in den Kram passen, weil sie die profitablen Spekulationen einschränkt.
Ehre, wem Ehre gebührt! Deshalb darf auch das „European Services Forum“ (ESF) nicht unerwähnt bleiben. Es wird sicherlich niemand aus den Wolken fallen, wenn er erfährt, daß die Deutsche Bank an dieser feinen und noblen Organisation ebenfalls beteiligt ist. Die Selbsteinschätzung des ESF drückt sich aus als „Stimme der europäischen Dienstleistungswirtschaft in internationalen Handelsgesprächen“. Großbanken und Finanzmarktjongleure sowie andere Glücksspieler werden selbstredend als nützliche „Dienstleister“ gelistet. TAFTA-TTIP ist Wasser auf den Mühlen der ESF, weshalb man sich von diesem Pakt erhofft, daß die „too big to fail“- Regelungen in dem Sinne überdacht werden, sie möglichst fallen zu lassen. Ein anderer Begriff dafür ist die vielbesungene "Systemrelevanz". Dabei fühlt sich die Deutsche Bank falsch behandelt, weil sie im Gegensatz zu den deutschen Gepflogenheiten dort als systemisch eingestuft und somit strengeren Überwachungsregeln ausgesetzt ist.
Auf der amerikanischen Seite sitzen wiederum verstärkt Lobbyisten, die mit allen Mitteln die Einführung einer Finanztransaktionssteuer verhindern wollen. Bekanntlich wird diese in Deutschland und der EU diskutiert, wobei es allerdings in der letzten Zeit um dieses Thema ebenfalls ruhig geworden ist. Wahrscheinlich ist der Druck der US-Finanzinstitutionen gegen diese Pläne so stark geworden, daß die Europäer – an erster Stelle Merkel – den Schwanz eingezogen haben. Aber auch in dieser Hinsicht bringt der Allesreiniger TAFTA-TTIP alles ins Lot. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ebenfalls ein willfähriges Instrument der Vereinigten Wirtschaftsmacht der Welt (VWW) und der Finanzwirtschaft, hat folgerichtig inzwischen die EU animiert, auf die Transaktionssteuer zu verzichten oder sie so zu verunstalten, daß sie keine Wirkung mehr zeigt.
Der Dienstleistungssektor besteht jedoch nicht nur aus der Finanzbranche. Er umfaßt weitere relevante Bereiche für die Nationalstaaten und das Gemeinwohl ihrer Bürger. Lori Wallach meint dazu:
„Der Dienstleistungssektor umfasst jedoch keineswegs nur die Finanzdienstleister. Unter dem betreffenden Kapitel der transatlantischen Verhandlungen geht es auch um ärztliche Leistungen oder Bildungsangebote bis hin zur Energieversorgung. Dabei besteht das Ziel der Unternehmerseite darin, die regulativen Absichten der Regierungen durch möglichst grob formulierte "Parameter" zurückzustutzen. Die würden sich sowohl auf grenzüberschreitende Dienstleistungen beziehen als auch auf die Behandlung ausländischer Dienstleister, die auf dem Gebiet des betreffenden Staats operieren. Und zwar mit dem Ziel, jeden innenpolitischen Spielraum für die "Regulierung" von Bereichen wie Transportwesen, Gesundheit, Energie- und Wasserversorgung bis hin zu den regionalen oder lokalen Flächennutzungs- und Raumplanungsgesetzen abzuschaffen.“
g. Rechtfertigungen von TAFTA-TTIP und Widersprüchliches
Hier die gängigsten Argumente zugunsten von TAFTA-TTIP:
- Es wird behauptet, daß die europäischen Politiker in der Zwangslage stecken, Fortschritte beim Wirtschaftswachstum vorzuweisen, weil ihnen die Phantasie fehlt. Aus diesem Grund seien sie zu gewissen Schandtaten bereit, die sie euphemistisch Flexibilität nennen. Damit verbunden ist jedoch die Todsünde, die relevanten Instrumente der Staatssouveränität und die Aufgabenbereiche des Schutzes des öffentlichen Interesses aus der Hand zu geben.
- Die ganz Naiven wollen uns erklären, daß ein Freihandelsabkommen die Zollschranken absenkt, so daß dadurch wiederum der Handel und die Konjunktur angeregt und belebt wird. Die großen Lenker, die auf der sicheren Seite des Lebens stehen glauben, daß dieser Vorteil den Nachteil von Arbeitsplatzverlusten aufwiege.
Wenn man ganz ehrlich ist, dann sollte
man eingestehen, daß die primäre Motivation zur Forcierung von
TAFTA-TTIP nicht die angeblichen Zollsenkungen sind, sondern "die Beseitigung, Reduzierung oder Verhinderung unnötiger, nicht tarifärer Handelshemmnisse" und im Grunde genommen die Ausradierung sämtlicher über die Zölle hinausgehenden Handelsbeschränkungen.
- Das meiner Ansicht wichtigste Argument pro TAFTA-TTIP ist unzweifelhaft die angestrebte globale Machtübernahme des Kapitalismus und der Konzerne mit der Befugnis, nach Gutdünken über das Wohlergehen der Menschen zu befinden, nur um des schnöden Mammons willen. Um dieses Endziel zu verwirklichen, muß zuerst der Staat entmachtet werden. Aber dieses schöne Argument wird von den Intriganten nicht gerne ausgesprochen.
So langsam streben wir jetzt dem Ende meines
Kommentar entgegen. Zuvor noch ein resümierendes Schlußwort Lori
Wallachs zu den Absichten von TAFTA-TTIP:
„Diverse andere Studien, mit denen Politiker und Unternehmensverbände hausieren gehen, beschränken sich deshalb auf das zentrale Ziel des transatlantischen Projekts: die Beseitigung der nicht tarifären Handelshemmnisse, wie sie das Zurückstutzen aller möglichen Gesetze und Regelungen zum Schutz des öffentlichen Interesses euphemistisch nennen. Diese Studien basieren samt und sonders auf dem unbewiesenen Mantra, dass die Abschaffung sozialstaatlicher Errungenschaften irgendwie ökonomischen Nutzen für alle bringe. Doch selbst mit derart schrägen Kalkulationen für das Tafta-Projekt kommen sie nur auf eine sehr dürftige ökonomische Bilanz. Wobei sie noch die quantifizierbaren Kosten unterschlagen, die für die Konsumenten wie für die Volkswirtschaft insgesamt anfallen, wenn alle Errungenschaften im öffentlichen Interesse, vom Gesundheitswesen über den Umweltschutz bis zum Sozialstaat im weitesten Sinne, wieder rückgängig gemacht werden.“
Auf keinen Fall sollte die wahre Natur von TAFTA-TTIP übersehen werden, die darin ihre Existenzberechtigung sucht, daß sie ein Instrument oder – man könnte auch sagen – eine Waffe in den Händen des Kapitalismus und seiner radikalen Marktwirtschaft darstellt. Die dem zugrunde liegenden Prinzipien und Glaubensbekenntnisse äußern sich in den zu erwartenden Reaktionen der Protagonisten:
- TAFTA-TTIP als gemeinsame Waffe des vereinigten Kapitals gegen staatliche und demokratische Regulierungen weltweit; im Einzelfall:
- europäische Wirtschaft gegen US-Regierung oder EU
- amerikanische Wirtschaft gegen EU und/oder US-Regierung
- einzelne Konzerne, wenn ihre Profitinteressen gefährdet sind, auch gerne gegeneinander
Der Neodarwinismus zeigt in diesem neoliberalen
System seine liebenswertesten Züge: Kampf bis aufs Messer – alle gegen
alle! Die Aussichten, irgendwo unbeschadet diesem Massaker zu entkommen,
sind gering. Das für meinen Geschmack viel zu versöhnliche Fazit Lori
Wallachs hat folgenden Wortlaut:
„Aber die gute Nachricht kommt zum Schluss: Alle bisherigen Versuche, internationale Handelsabkommen als trojanisches Pferd zum Abbau des Sozialstaats und die Rückkehr zu einem neoliberalen Nachtwächterstaat zu benutzen, sind jämmerlich gescheitert. Das wird auch dieses Mal so kommen, wenn die Bürger, die Medien und auch einige Politiker endlich aufwachen.“
h. Schlußbemerkung
Wir geben uns im Kritischen Netzwerk alle Mühe, die Allgemeinheit bedrohende Phänomene aufzugreifen und kritisch zu hinterfragen. Das haben wir z. B. auch bereits mit ACTA/Fiskalvertrag/ESM getan: siehe Beitrag „ACTA und Fiskalvertrag / ESM - eine kritische Analyse“. Doch TAFTA-TTIP besitzt eine andere Dimension, eine globale Reichweite, die bisher noch von keinem anderen Abkommen erreicht wurde. Gegen ACTA ist TAFTA-TTIP geradezu ein Sozial-ACT. Marie-Luise Volk bezeichnet es im Thread des Wallach-Artikels als ein „Mörderisches Abkommen“.
Deshalb kann ich Lori Wallach auch nicht zustimmen, wenn sie uns gutgemeint mit froher Hoffnung auf ein Mißlingen des Vertragszustandekommens erfüllen will. Die Waffe TAFTA-TTIP wird sich das uns beherrschende Kapital nicht entreißen lassen. Allenfalls werden sie ein paar nebensächliche Retuschen vornehmen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen. Verhindern könnte das Desaster allenfalls ein flächendeckender gewaltsamer Aufstand. Aber das sind nur Hirngespinste, für die jegliche Basis fehlt.
Wenn schon die von uns allseits sehr geschätzte Überkanzlerin Angela Merkel zu TAFTA-TTIP positiv und überschwenglich reagiert, sind Lori Wallach und das Kritische Netzwerk so ziemlich alleine auf weiter Flur. Was will man gegen einen Satz von Merkel wie
„Das Freihandelsabkommen ist mit Abstand unser wichtigste Zukunftsprojekt“
erwidern? Höchstens: Schöne Zukunft! Bei diesen Perspektiven lohnt sich noch ein langes Leben.
MfG Peter A. Weber
18. November 2013 - 13:01
#4
MdB wg. TAFTA unter Druck setzen
MdB wg. TAFTA unter Druck setzen
Wir müssen dagegen so viel wie möglich unternehmen, und zwar sofort. Ich stellte soeben den drei Bundestagsabgeordneten aus meinem Wahlkreis bei abgeordnetenwatch folgende Fragen:
An MdB Heribert Hirte (CDU)
Sehr geehrter Herr Prof. Hirte,
die CDU verhandelt derzeit über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Wie z.B. im Artikel "TAFTA - Die große Unterwerfung" erläutert, würde dieses Abkommen alle Menschen, Parlamente und Regierungen den Profitinteressen der Großkonzerne unterordnen. So könnte z.B. Genmanipulationskonzern Monsanto die Bundesrepublik verklagen, wenn der Bundestag Genfood nicht zulässt. Gleiches gilt für jeglichen Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz etc.
Was werden Sie unternehmen, um uns Bürger vor dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zu schützen?
Bitte lesen Sie erst das Informationsmaterial und antworten Sie nicht in vorgefertigten Textbausteinen Ihrer Parteiführung. Herzlichen Dank.
An MdB Volker Beck (Grüne)
Sehr geehrter Herr Beck,
die Bundesregierung verhandelt derzeit über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Wie z.B. im Artikel "TAFTA - Die große Unterwerfung" erläutert, würde dieses Abkommen alle Menschen, Parlamente und Regierungen den Profitinteressen der Großkonzerne unterordnen. So könnte z.B. Genmanipulationskonzern Monsanto die Bundesrepublik verklagen, wenn der Bundestag Genfood nicht zulässt. Gleiches gilt für jeglichen Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz etc.
Was werden Sie unternehmen, um uns Bürger vor dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zu schützen?
die CDU verhandelt derzeit über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Wie z.B. im Artikel "TAFTA - Die große Unterwerfung" erläutert, würde dieses Abkommen alle Menschen, Parlamente und Regierungen den Profitinteressen der Großkonzerne unterordnen. So könnte z.B. Genmanipulationskonzern Monsanto die Bundesrepublik verklagen, wenn der Bundestag Genfood nicht zulässt. Gleiches gilt für jeglichen Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz etc.
Was werden Sie unternehmen, um uns Bürger vor dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zu schützen?
Bitte lesen Sie erst das Informationsmaterial und antworten Sie nicht in vorgefertigten Textbausteinen Ihrer Parteiführung. Herzlichen Dank.
An MdB Volker Beck (Grüne)
Sehr geehrter Herr Beck,
die Bundesregierung verhandelt derzeit über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Wie z.B. im Artikel "TAFTA - Die große Unterwerfung" erläutert, würde dieses Abkommen alle Menschen, Parlamente und Regierungen den Profitinteressen der Großkonzerne unterordnen. So könnte z.B. Genmanipulationskonzern Monsanto die Bundesrepublik verklagen, wenn der Bundestag Genfood nicht zulässt. Gleiches gilt für jeglichen Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz etc.
Was werden Sie unternehmen, um uns Bürger vor dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zu schützen?
An MdB Matthias Birkwald (Linke)
Sehr geehrter Herr Birkwald,
die Bundesregierung verhandelt derzeit über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Wie z.B. im Artikel "TAFTA - Die große Unterwerfung" erläutert, würde dieses Abkommen alle Menschen, Parlamente und Regierungen den Profitinteressen der Großkonzerne unterordnen. So könnte z.B. Genmanipulationskonzern Monsanto die Bundesrepublik verklagen, wenn der Bundestag Genfood nicht zulässt. Gleiches gilt für jeglichen Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz etc.
Was werden Sie unternehmen, um uns Bürger vor dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zu schützen?
Wenn sie nicht im Interesse der Bürger reagieren
(was bei fast allen MdB aus dem Unions- und SPD-Hofstaat zu erwarten
ist), sind sie zumindest blamiert.
Ich weiß, die Chancen sind gering, aber sollten
wir Bürger nicht zumindest den Versuch unternehmen, diejenigen unter
Druck zu setzen, die derzeit alle Entscheidungen treffen? Wie wäre ein
Shitstorm bzw. eine Fragen-Flut, zu der wir über das kritische Netzwerk
aufrufen? Was meint Ihr?
18. November 2013 - 15:56
#5
Aufruf
Genau das ist der Weg! Ich unterstütze die Initiative von Jörg Gastmann und werde ebenfalls Fragen an meine Abgeordneten senden.
Es wäre wirklich ein guter Beitrag, wenn das Kritische Netzwerk sein Potential nutzen würde, um daraus einen Aufruf auf allen verbundenen Plattformen zu formulieren.
Es wäre wirklich ein guter Beitrag, wenn das Kritische Netzwerk sein Potential nutzen würde, um daraus einen Aufruf auf allen verbundenen Plattformen zu formulieren.
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