Ein feigenbaum
Noch trägt unser baum keine früchte
noch schieben wir heimatlose
ab
arbeiterinnen lassen wir nicht arbeiten
Noch liefern wir den
folterern
was immer sie brauchen können
und schnüren den ärmsten die kehle
zu
daß auch ihr schrei uns nicht stört
noch wartet gott
vergeblich
Noch liegt unsere zeit in den händen der mächtigen
sie
leiten gift in die flüsse
amüsantes in unsern bildschirm
schwermetalle in
unser essen
und angst in unser herz
Noch schreien wir nicht laut
genug
wie lange noch gott
wie lange willst du dir das noch ansehn
ohne
ihn umzuhaun deinen feigenbaum
Noch haben wir nicht gelernt
umzukehren
noch weinen wir selten
noch
Dorothee Sölle
Aus: Loben ohne lügen, Gedichte
© Wolfgang Fietkau
Verlag, Kleinmachnow
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