Das Wesen des Glaubens ist, sich der Größe der Unendlichkeit bewusst zu werden. Welche Vorstellung der Geist auch davon hat, sie ist völlig unzureichend im Vergleich zu dem, was man sich vorstellen sollte. Und was man sich vorstellen sollte, ist nicht weniger unzureichend, verglichen mit dem, was wirklich ist.
Man mag vom Guten sprechen, von Liebe, von Gerechtigkeit, von Macht, von Schönheit, vom Leben in seiner ganzen Pracht, vom Glauben, vom Göttlichen – all dies vermittelt nur die Sehnsucht des ursprünglichen Wesens der Seele nach dem, was jenseits von allem liegt.
Alle göttlichen Namen, gleichgültig ob auf Hebräisch oder in einer anderen Sprache, sind nur ein kleiner, schwacher Abglanz des verborgenen Lichts, nach dem die Seele sich sehnt, wenn sie »Gott« sagt.
Jede Definition Gottes führt zu Gotteslästerung. Jede Definition ist spirituelle Götzenverehrung. Auch wenn man Gott Geist und Willen zuschreibt, ja wenn man ihm die Göttlichkeit selbst zuschreibt und den Namen »Gott« – all dies sind nur menschlich begrenzte Definitionen.
Wüssten wir nicht, dass all dies leuchtende Blitze des einen göttlichen, allumfassenden Wesens sind, das jede Definition transzendiert, auch sie würden zu Gotteslästerung führen.
© Yuval Lapide
Aus: Yuval Lapide, »Das Herz der Kabbala«,
mit freundlicher Genehmigung von O. W. Barth Verlag und Autor
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